In 1428: Shadows Over Silesia werden Spieler:innen in die turbulente Zeit der Hussitenkriege geworfen. Ob man dies unbeschadet übersteht, oder an den Widrigkeiten doch eher scheitert, berichten wir im Test.
Der tschechische Ein-Mann-Entwickler Kubi Games in Person von Petr Kubicek, hat mit 1428: Shadows Over Silesia aka „1428: Schatten über Schlesien“ ein ambitioniertes Projekt in interessantem Setting veröffentlicht. Mein erster Gedanke, an welche mich die Retro-Grafik mitsamt Setting erinnerte war das alte Retro-Rollenspiel von Micropose Darklands, welches mich damals viele Stunden allein mit dem Erstellen des Charakters beschäftigt hatte. Abseits vom Setting, haben die slesischen Schatten, jedoch nichts damit zu tun. Neben der actionbetonten Spielweise, ist man hier auch auf zwei bestehende Charaktere festgelegt. Da Petr aber mit dem Game eine Geschichte erzählen möchte, macht dies natürlich auch irgendwo Sinn.
Plündern will gelernt sein
Warum man sich bei der Action-Steuerung jedoch gerade am ersten Teil der Witcher-Serie orientiert hat, ist dann schon eine interessante Frage. War genau diese, doch eher einer der wenig berühmten Punkte, in der sonst so erfolgreichen Trilogie um den Hexer. Jedenfalls darf sich die Spielerin oder der Spieler beim Start gleich einmal damit abmühen seinen Hussiten Charakter „Hynek“ bei der Plünderung eines Dorfes zu steuern. Hierbei sieht man dann auch schnell, wieso CD-Project, diese Art der Steuerung (eine Mischung aus Blickrichtung des Charakters (Maus) und Bewegung (Keyboard)) schnell ad acta legte.
Hat man sich denn auf seinem störrischen Pferd (ja, man kann reiten – ist auch aufgrund des nächsten „Features“, nämlich Ausdauer, welche rasant bergab geht, wenn man die eher gemächliche Geschwindigkeit des Charakters, durch Laufen auszugleichen versucht, stets anzuraten) zurechtgefunden, bekommt man die Dorfplünderung als kleines Tutorial. Unbewaffnete Bürger und Hunde kann man gerade noch halbwegs niedermachen, bei ernsten Gegnern wird es eher frustrierend. Auch das rudimentäre Inventory (eine kleine Leiste am unteren Bildschirmrand) wird einem durch das Tutorial näher gebracht.
Nur die Harten kommen in den Garten
Damit man die Casual Spieler:innen auch gleich wirksam eliminiert, zeigt das Tutorial „Plündern“, denn auch noch, wie man die vertrackte Steuerung ideal einsetzen kann. Zuerst wird eine Verfolgungsszene unter Zeitdruck organisiert (die Grafik hilft hierbei nur sehr bedingt, ebenso wie die Quest Marker), danach ein Irrlauf durch ein dunkles Höhlenlabyrinth (wofür braucht es schon eine hilfreiche Minimap?) – wer diesen unter 50 Erschöpfungsanfällen schafft, ist ein Pro – und zum Abschluss, ein Kampf gegen zwei Gegner. Welcher bei diesem Kampfsystem und zu Beginn noch ohne sonderliche Ausrüstung, das Frustpotential auf beachtliche Höhen treibt.
Höllisches Spiel oder höllische Verschwörung?
Im weiteren Spielverlauf kommen denn auch diverse simple Rätsel, wie Druckplatten Spielchen, Entzifferung von Texten und ähnliches hinzu.
Die Geduld wird aber sowohl durch das rudimentäre Inventory, als auch die generelle Steuerung auf eine dauerhafte, harte Probe gestellt. Wer sich zudem eine halbwegs realistische Darstellung beziehungsweise Geschichte erhoffte, wird auch schon bald, durch Dämonen beschwörende Priester eher enttäuscht.
Nichtsdestotrotz gibt es in den insgesamt 13 Kapiteln des Spiels, auch durch die Abwechslung der beiden zu steuernden Charakteren – den schon erwähnten Hussiten, wie auch einen Ritter des Johanniter Ordens – eine leidlich spannende Geschichte, mit historischem Touch. Wer sich also nicht von den erwähnten Widrigkeiten abschrecken lässt, kann hier durchaus Unterhaltung finden. Die eher kantige Grafik, sowie die Musikuntermalung, passen zu der soliden Sprachausgabe und ergeben ein in sich stimmiges Bild.
Zusammenfassung
Grafik
Die Grafik schreit „Retro“, jedoch nicht „Detail“, trotzdem gibt es einige nett animierte Szenen. Hier stimmt noch einigermaßen alles bei der Präsentation.
Sound
Die Soundkulisse ist unauffällig aber zweckmäßig. Die fast durchgehende Sprachausgabe ist jedoch positiv anzumerken. Als besonderes Feature, vor allem im Bereich Sound, hat der Entwickler sich vor allem die Unterstützung „blinder Spieler“ auf die Fahnen geheftet, das Game ist durchgängig barrierefrei gestaltet. So wird zum einen der gesamte Text im Spiel vorgelesen, die Umgebung wird genauer beschrieben und es gibt zahlreiche Features um die Navigation durch die Spielewelt zu erleichtern.
Handling
Für mich persönlich eher eine Ansammlung von „Wie es im Jahre 2022 nicht mehr zu machen ist“. Immerhin kann man das Tastatur-Layout an eigene Bedürfnisse anpassen.
Spieldesign
Ähnlich wie der Punkt „Handling“ wirkt auch das Spieldesign zwar bemüht, aber unausgegoren und auf Dauer nicht befriedigend.
Motivation
Einzig Hardcore-Spieler, die sich wirklich für die Story interessieren, dürften hier wohl längerfristig die Motivation finden, weiter zu spielen.
FAZIT
Für die einen ist 1428: Shadows Over Silesia wohl eher eine Auflistung an designtechnischen Ärgernissen, für andere (die Fans des Herstellers begegnen Kritik am Spiel in den Foren recht vehement) dürfte es trotzdem ein interessantes „Old School“ Spiel-Erlebnis sein. Als Ein-Mann Projekt in 3-jähriger Entwicklungszeit umgesetzt ist das Game durchaus als ambitioniert zu bezeichnen und bietet zudem eine durchgängige Unterstützung für blinde Spieler:innen, die absolut nicht selbstverständlich ist.