15 Jahre The Elder Scrolls IV: Oblivion – Eine Retrospektive

Der Vorläufer von TES V: Skyrim erschien erstmals im März 2006. Somit feiert The Elder Scrolls IV: Oblivion 2021 seinen 15. Geburtstag. Das verlangt nach einem nostalgischen Rückblick auf ein Prunkstück der Gaming-Geschichte!

Das finstere Verlies der Kaiserstadt verschlingt den Verstand seiner Insassen. Es ist kalt. Es ist feucht. Es ist dreckig. Im beengenden Gemäuer fühlt sich jeder Tag an wie eine Ewigkeit. So vertreibt sich der inhaftierte Dunmer Valen Dreth gerade einmal wieder die Zeit damit, euch von der gegenüberliegenden Zelle aus zu provozieren. Als sich plötzlich eine Gruppe von Wachen nähert, findet die Auseinandersetzung ein abruptes Ende. Die kaiserlichen Soldaten eskortieren nämlich Kaiser Uriel Septim – in der englischen Lokalisation von niemand Geringerem als Sir Patrick Stewart eingesprochen – höchstpersönlich. Ein geheimer Kult namens „Die mythische Morgenröte“ hat seine beiden Söhne ermordet und man fürchtet nun um das Leben des Kaisers. So will man ihn durch die unterirdischen Katakomben in Sicherheit bringen. Ein Weg der mitten durch eure Zelle führt. Der Kaiser betritt samt Leibwächter das Verlies. Doch plötzlich bleibt er stehen und blickt fassungslos in euer Antlitz. „Ich kenne euch aus meinen Träumen …“. Und so beginnt The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Ohne Umschweife ins Abenteuer

The Elder Scrolls IV: Oblivion vergeudete keine Zeit damit, den Spieler mit filmlangen Intros zu entnerven. Nein. Es warf den angehenden Helden sofort ins kalte Nass. Ins Abenteuer. In die Geschichte. Und vor allem das Wie hatte es in sich. Nachdem man die unterirdischen Geheimgänge der Kaiserstadt wieder verließ, hatte man bereits eine facettenreiche Charaktererstellung durchlaufen. Man hatte eine nervenaufreibende Spannung inklusive einleitender Story erlebt. Und ebenso sämtliche Tutorials, in denen man sich wichtige Skills anhand des learning-by-doing-Prinzips aneignete. Man betrat danach erstmals die idyllische Provinz namens Cyrodiil. Malerische Landstriche, spiegelndes Wasser, geheimnisvolle Wälder und ein Gefühl, das man bloß mit einem Wort beschreiben mochte – nämlich Freiheit. Eine Art von Freiheit die sowohl der Charakter als auch der Spieler erlangte. An der Zeit, sich fünfzehn Jahre nach dem Release nochmal der Frage anzunehmen, womit die Entwickler dies zustande brachten. Und vor allem aber die entscheidende Frage aus Sicht des Gamers zu stellen: Was machte TES Oblivion so besonders?

Story, Gilden und Quests

The Elder Scrolls stand seit seiner Geburtsstunde für riesige Spielwelten und eine ausgeklügelte Lore. So machten die Entwickler von Bethesda auch bei Teil vier keine Ausnahme. Denn die Welt war gigantisch und die Hintergrundgeschichte formte sich von Spielbeginn an zur pulsierenden Hauptschlagader des Games. Wie einleitend erzählt, muss der Kaiser vom Daedrakult der mythischen Morgenröte in Sicherheit gebracht werden. Seine Söhne bereits ermordet, fürchtet man nun auch um sein Leben. Nachdem er euch mitteilt, dass ihr in seinen Träumen erschienen seid, dürft ihr euch still und leise der Gefolgschaft anschließen. Die Freude währt aber nicht lange, denn in einem Hinterhalt wird der Kaiser vor euren Augen kaltblütig erschlagen. Seine letzten Atemzüge röchelnd übergibt er euch das Amulett der Könige und bittet euch darum seinen verschollenen und unehelichen Sohn zu finden, Martin Septim. Während ihr damit zugange seid den einzig lebenden Thronfolger zu finden, lechzt die mythische Morgenröte immer mehr nach Chaos und stürzt das Land in die Oblivion-Krise. Unter der Führung von Mankar Camoran verehren sie den Daedraprinzen der Zerstörung, der Naturkatastrophen und der blutigen Geißel – Mehrunes Dagon. Es gelingt dem Kult schließlich in ganz Tamriel Oblivion-Tore zu öffnen. Portale zur Welt der Totenländer aus denen wahre Ausgeburten der Hölle entsteigen. Ihr müsst also zusehen wie sich der Himmel verdunkelt und das ganze Land förmlich auseinanderfällt. In beinahe aussichtsloser Situation beschließt Ihr aber schließlich mit Verbündeten den Feind von innen heraus zu zerstören: Ihr lasst euch selbst in die mythische Morgenröte aufnehmen und wandelt von nun an auf Messers Schneide.

Abseits des Hauptpfades

Wem selbst die große Hauptstory noch immer nicht genug war, dessen Hunger sollte in den Questreihen der Gilden Cyrodiils gestillt worden sein. Als Spieler hatte man die Wahl der Krieger-, Magier- oder Diebesgilde beizutreten. Es sei denn man wollte es noch blutrünstiger. Dann trat man der dunklen Bruderschaft bei. Einer Assassinengilde von der man im Schlaf heimgesucht wurde, sofern man unschuldiges Leben am Gewissen hatte. Sie gilt unter vielen Fans als eine der besten Gildenquests der gesamten The Elder Scrolls – Spielereihe. Unvergessen ist unter anderem die Kultquest „Wer war’s?“. Hier wird dem spielenden Meuchelmörder aufgetragen ein Herrenhaus namens Gipfelnebel-Hof aufzusuchen. Im Haus sind fünf Gäste eingesperrt die einen vermeintlichen Schatz im Haus zu suchen glauben. Was sie allerdings nicht ahnen ist, dass ihr Gastgeber sie nur aus einem Grunde eingeladen hat. Er will sie allesamt tot sehen. Als Ihr dann als sechster und schließlich letzter Gast den Hof betretet, wird hinter euch die Türe verschlossen und es verbreitet sich langsam Panik unter den Gästen.

Oblivions Gilden fesselten allesamt mit unvorhersehbaren inhaltlichen Wendungen. Ein dramaturgisches Auf und Ab welches die Spannung durchgehend hochhielt. Aber auch die vorgeblich kleineren Nebenquests waren sehr oft inhaltlich und atmosphärisch ein Gaming-Hochgenuss. So erfährt man bei einer argonischen Händlerin in Chorrol, dass ihre Tochter Daar-Ma nicht aus Dreckhack zurückgekehrt ist, wo sie angeblich nach einem verlorengegangen Hufeisen ihres Pferdes suchte. Es zieht einem förmlich den Magen zusammen, wenn man das heruntergekommene Dorf zum ersten Mal betritt. Die Stimmung dort ist beklemmend. Die seltsamen Bewohner bestreiten jemals ein junges Argoniermädchen in Dreckhack gesehen zu haben. Nach einer Weile der Recherche stellt man allerdings fest, dass ihr Pferd hinter zerfallenen Mauern versteckt gehalten wird. Als einem schließlich der scheinbar letzte geistig gesunde Einwohner weiterhilft, erfährt man von einem unterirdischen Höhlensystem in dem die Dreckhack-Brüder eine Art Kannibalenkult betreiben. Daar-Ma sitzt also in einen Käfig gezwängt unter der Erde und jede Sekunde zählt.

Orte und Städte

Die urbanen Schauplätze Cyrodiils waren ebenso ein maßgeblicher Bestandteil der einzigartigen Atmosphäre Oblivions. Alle neun Städte unterschieden sich optisch im Architekturstil, dem Anteil ihrer ethnischen Bevölkerungsgruppen und damit ihrem jeweiligen Ambiente. Dies resultierte besonders aus der geographischen Lage. Da sich viele der Städte in Grenzregionen befanden, führte dies unweigerlich zu einem großen Einfluss von Kultur und Lebensweise benachbarter Länder. Was am Ende bedeutete, dass man mit jeder Stadt auch eine neue Welt betrat. Und zwar eine Große. Denn die Städte in Oblivion waren nicht unbedingt klein. Die Hauptstadt Cyrodiils, die Kaiserstadt, war in zehn äußerst große Bezirke aufgeteilt, die in Summe von etwa hundert NPCs bevölkert wurden. In Skyrims Hauptstadt Weißlauf, zum Vergleich, lebten circa siebzig NPCs in nur drei Bezirken. Die Städte Cyrodiils waren aber nicht bloß wegen ihrer Größe, sondern auch ob ihrer Stimmung so aufregend. Betrat man das nördliche Bruma, fühlte man die eisige Kälte auf seiner Haut brennen. Durchschritt man das trostlose Bravil, roch man den Gestank der sumpfigen Abflüsse. Und wenn man durch das wohlhabende Skingrad lief, wusste man ob der gotisch anmutenden Bauten gar nicht wohin man seine Augen zuerst lenken sollte. Lebendig und belebt wurden die Orte durch die KI der Einwohner, die bereits damals einen individuellen Tages- und Nachtrhythmus aufwiesen. So bekam die Aufgabe jemanden beschatten oder ausspionieren zu müssen einen besonderen Nervenkitzel. Aber nicht nur die großen Städte und kleineren Siedlungen machten die Spielewelt von Oblivion derart fesselnd. In den verträumten Wiesen und geheimnisvollen Wäldern, hielt man regelmäßig inne um die Welt in Verschmelzung mit hypnotisierenden Klängen auf sich wirken zu lassen.

Musik und Soundtrack

Jeremy Soule gewann 2006 den MTV Music Video Award in der Kategorie „Best video game score“. Und das zurecht. Denn der Soundtrack von The Elder Scrolls IV: Oblivion bestach nicht nur durch kompositorisches Handwerk, sondern durch Authentizität. Oblivion klang zu keiner Stelle so, als hätte man es schon einmal gehört. Die Musik von Soule hatte Alleinstellungsmerkmal, Wiedererkennungswert und besaß die Gabe magische Momente zu erzeugen ohne sich dabei zu sehr ins Rampenlicht zu spielen. Auch jenen Kritikern wirkte er damit entgegen, die bei Morrowind noch der Auffassung waren, dass die Musik in ihrer Spiellänge zu kurz wäre. Mit einer Länge von exakt 58 Minuten und 40 Sekunden war der Soundtrack nämlich auch wesentlich länger ausgefallen.

Erweiterungen

Wer sich trotz unzähliger Stunden Spielvergnügens sogar nicht mehr von The Elder Scrolls IV loseisen konnte, vergoss mit bei Shivering Isles vermutlich so manche Freudenträne. Die Erweiterung erschien 2007 und war schlichtweg gigantisch. Durch ein magisches Tor in der Bucht von Niben kann der Spieler in eine andere Dimension reisen. Das Randland. Dort bezwingt er einen überaus grimmigen Torwächter und landet schlussendlich auf den zitternden Inseln. Der Oblivion-Ebene des Daedra-Prinzen Sheogorath. Einer riesigen Welt in der sich Wahnsinn und Ordnung den Rang ablaufen. Voller Gegensätze, verträumter Orte und furchteinflößender Kreaturen. Die Erweiterung enthielt eine äußerst umfangreiche und unterhaltsame Hauptquest sowie zahlreiche Nebenquests und überzeugte mit einem ähnlich großen Spielumfang wie das eigentliche Hauptspiel.

Beim Add-On The Knights Of The Nine blieben die Füße des Helden auf cyrodiilischem Boden. Vor der Kapelle in Anvil taucht ein Prophet auf, der verkündet, dass ein Daedra namens Umaril zurückgekehrt ist, um sich an den Göttern zu rächen. Mit Hilfe jener versucht sich der Spieler schließlich dem Feind zu stellen. Knights Of The Nine unterteilte sich in elf Quests und war vom Umfang mit der einer Gildenquestreihe zu vergleichen.

Übersetzung und Bugs

Bethesda soll sich mit der Übersetzung ins Deutsche leider nicht ausreichend Zeit gelassen haben beziehungsweise sollen die Entwickler eigene Mitarbeiter damit beauftragt haben. Das Resultat entlockte dem Spieler zwar manches Mal ein Schmunzeln, war am Ende aber doch ein Mega-Fauxpas. So wurden nämlich einige Missionstexte nur teilweise oder gar nicht übersetzt. Ein allseits bekanntes Beispiel ist auch die fehlerhafte Benennung des Items „Schwacher Trank der Lebensenergie-Wiederherstellung“. Hier entschied man sich peinlicherweise für die Bezeichnung „Schw.Tr.d.Le.En.W.“. Des Weiteren fehlten ab und an sowohl Teile der gesprochenen Synchronisation als auch Untertitel.

Und so mancher Bug machte es dann zwischendrin auch mühsam bis unmöglich durch die ein oder andere Quest zu kommen. Ein Fehltritt, der in dieser Größenordnung zweifelsfrei nicht passieren hätte dürfen. Aber einer jener Sorte, der erstens entschuldbar ist und zweitens in keiner Relation dazu steht, was Bethesda mit The Elder Scrolls IV: Oblivion exzellent umgesetzt hatte. Zudem wurden im Laufe der Zeit auch sämtlich verbliebene Fehler mit Communiy-Patches korrigiert. Deshalb kann man auch nach fünfzehn Jahren getrost behaupten, dass The Elder Scrolls IV ein geniales Prunkstück der Gaming-Geschichte war, ist und immer bleiben wird – auf Steam und GOG ist der vierte Serienteil auch heute noch in der 2007 erschienen GOTY-Version erhältlich. In diesem Sinne: Happy Birthday Oblivion!

Ein Gastartikel von Markus Keimel.

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1 Comment

Christoph 26. Mai 2021 - 12:15

Eine schöne Zusammenfassung, bekomme ich fast Lust, die alten Titel mal wieder auszugraben. Oder besser noch: The Elder Scrolls VI soll mal veröffentlicht werden 🙂

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