Mit A Fisherman’s Tale veröffentlichen die Indie-Entwickler von Innerspace gemeinsam mit den Arizona Sunshine-Macher Vertigo Games und dem deutsch-französischen Kultursender ARTE ein besonderes VR-Abenteuer sowohl für PSVR, HTC VIVE, Oculus Rift und Windows Mixed Reality, bei dem die Gesetze der Physik irreparabel durcheinandergeraten sind und jede Handlung unendlich oft ineinander geschachtelt wird. Ich persönlich bin ja großer Fan von Virtual Reality Spielen, da sie mich immer an die aus Star Trek bekannten Holo-Decks erinnern. Doch dieses Mal ist die Freude schnell verflogen und A Fisherman’s Tale hat sich als mein nervenaufreibendster Test bis dato erwiesen.
Ein Leuchtturm, im Leuchtturm, im Leuchtturm…
Ihr spielt den Holzmarionetten-Fischermann Bob, der seinen Tag stets mit dem gleichen Ritual beginnt. Zähne putzen, den Kamin einheizen, an seinem Modell-Leuchtturm weiterbauen und anschließend einen Blick auf die See werfen. Doch eines Morgens ist alles anders, denn das Fenster ist mit Brettern verhangen und er hat keine Erinnerung dies getan zu haben. Als dann endlich alle Bretter entfernt sind, stellt er zu seinem Entsetzen fest, dass er selbst in einem Modell-Leuchtturm, in einem Modell-Leuchtturm ist. Wäre das nicht schon fatal genug, ertönt auch noch eine Sturmwarnung aus dem Radio. Und so beginnt eure große Aufgabe, das Licht im obersten Stock zu entzünden, damit keine Schiffe im drohenden Gewitter versinken.
In anderen Dimensionen denken
Um die Spitze des Leuchtturms zu erklimmen, müsst ihr in einem Prolog, vier Kapiteln und einem abschließenden Epilog, verschiedene Rätsel und Puzzle lösen. Diese gestalten sich eigentlich als recht simpel, wenn da nicht die Ausführung wäre. So müsst ihr gleich zu Beginn einen Hut für den Krebs finden, der in eurer Lieblingsmuschel haust. Die eigene Kapitänsmütze ist dem Krustentier natürlich viel zu groß und andere Dinge will er partout nicht aufsetzen. Die Lösung: Ihr müsst ganz einfach in verschiedenen Dimensionen denken. Ein Blick in unseren eigenen Modell-Leuchtturm zeigt, dass die Miniaturversionen bestimmter Objekte viel mehr geeignet wären – und siehe da, der Krebs ist zufrieden und überlässt uns bereitwillig seine Muschel in der man ein winzig kleines Etwas entdecken kann. Jetzt wäre es natürlich gut, wenn man diese irgendwie etwas größer machen könnte, um so das Innenleben genauer zu inspizieren. Nichts einfacher als das… So müsst ihr im kompletten Spielverlauf kreuz und quer durch die Modelle denken und euch alle Ebenen und vor allem die verschiedenen Größendimensionen zu Nutze machen. Dieser kreative Ansatz sieht für ein VR-Spiel ausgesprochen gut und detailliert aus und läuft auch, bis auf ein paar kleine Ausnahmen, ohne Ruckeln. In den Einstellungen könnt ihr zusätzlich wählen, ob ihr Tipps bekommen wollt, diese sind jedoch oft kaum hörbar, da die Umgebungsgeräusche meist die Sprachausgabe übertönen.
Move it
Ihr steuert das Spiel mit eurem Move-Controller und solltet wirklich darauf achten, dass in unmittelbarer Umgebung keine Gegenstände stehen, die ihr im Eifer des Gefechts – oder eher Verzweiflung – umwerft. Mit den einzelnen Tasten steuert ihr eure Sicht, Handbewegungen und auch Fortbewegung. Ihr habt sogar die Möglichkeit, eure Hand teleskopartig zu verlängern, um weiter entfernte Gegenstände zu greifen. Eigentlich eine gute Sache, wenn sie gut funktionieren würde. Die Steuerung wirkt insgesamt sehr schwammig und simple Dinge gestalten sich als große Herausforderung. Genretypisch müsst ihr viele Dinge finden und Objekte von A nach B bringen. Doch wehe, es gleitet aus eurer Holzhand, denn etwas vom Boden aufzuheben, das funktioniert nicht. So müsst ihr etwa eine halbe Minute warten, bis ein Gegenstand wieder an seinem ursprünglichen Platz erscheint. Und das passiert, immer und immer wieder. Eines der Rätsel erforderte das Einsetzen von Rohrteilen in ein an der Wand befindliches System, doch jedes Mal, wenn das einzusetzende Teil etwas zu weit weg bewegt wurde, also hinter die Wand, war es komplett verschwunden. Und so heißt es dann wieder, alles von vorn.
Geister der Vergangenheit
Mittels Rückblenden wird euch die Geschichte der Holzmarionette erzählt, die tiefgründiger ist, als sie auf den ersten Blick scheinen mag. So manche Geister der Vergangenheit plagen den Fischer, unter anderem sein Vater, dessen Erwartungen er nie erfüllt hat – Kafka lässt grüßen. Leider hat mich die Geschichte, vielleicht auch wegen seiner sehr kindlichen Darstellungsweise und Dialogen, einfach nicht berührt. Ein weiterer Faktor könnte aber auch die wirklich kurze Spieldauer von etwa 1 ½ bis 2 Stunden sein. Auch das Ende hinterließ einen eher fahlen Geschmack und mich sehr unzufriedenen auf der Couch zurück – da hätte einfach mehr drin sein können.
FAZIT
A Fisherman’s Tale ist nichts Ganzes und nichts Halbes und muss definitiv noch einige Dinge nachpatchen, um ein erfüllendes Spielerlebnis zu bieten. Aufgrund der sehr kindlichen Präsentation und einfachen Rätsel wirkt es auf jeden Fall, als wäre es für eine jüngere Zielgruppe gestaltet worden, die aber aufgrund gesundheitstechnischer Bedenken die Finger von der VR-Brille lassen sollten. Trotz der tiefgründigen Geschichte und dem eigentlich sehr hübschen Setting sind es die Probleme mit der Steuerung und vor allem die sehr kurze Dauer, welche das Spielvergnügen zu sehr mindern, sodass es vom mir keine Empfehlung geben kann.
Was ist A Fisherman’s Tale? VR-Titel in dem ihr ein surreales Abenteuer erlebt
Plattformen: PSVR, HTC VIVE, Oculus Rift und Windows Mixed Reality
Getestet: PS4 Pro VR
Entwickler / Publisher: Inner Space VR / Vertigo Games / ARTE
Release: 22.Jänner 2019
Link: Offizielle Webseite
Gesamtwertung: 3.6
Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 4 | Handling: 2 | Spieldesign: 4 | Motivation: 2