Schwärme von Ratten, die ihre menschlichen Opfer zerfleischen waren bereits das Markenzeichen von A Plague Tale: Innocence. Nun hat das inzwischen gar nicht mehr so kleine französische Entwicklerteam Asobo Studio den Nachfolger A Plague Tale: Requiem veröffentlicht. Und die Rattenschwärme sind immer noch da, diesmal aber noch viel größer als im Vorgänger. Was hat sich sonst noch geändert?
Drei Jahre nach dem Überraschungserfolg A Plague Tale: Innocence ist nun die Fortsetzung des preisgekrönten Abenteuers erschienen. Im Nachfolger A Plague Tale: Requiem spielen wir wieder Amicia und ihren kleinen Bruder Hugo im Frankreich des 14. Jahrhunderts. Im direkten Anschluss an die Geschichte des ersten Teiles (rund sechs Monate später) versuchen die beiden, zusammen mit ihrer Mutter und Lucas, einem Freund, möglichst weit weg von den schrecklichen Ereignissen zu gelangen. Gemeinsam reisen sie Richtung Süden, aber natürlich wird das Ganze kein vergnüglicher Roadtrip und bereits kurz nach Beginn des Spieles begegnen die beiden wieder dem Grauen, dem sie gerade erst entkommen waren. Hugo leidet immer noch an seiner Krankheit (oder ist es ein Fluch?) mit dem Namen Macula. Ein Orden von Alchimisten will den Fluch untersuchen und für ihre Zwecke nutzen, und Hugo (und seine Familie) wollen nur eines – und zwar das Hugo wieder gesund wird und ein normales Leben führen kann. Hugo hat immer wieder Träume von seiner Erlösung, er träumt von einer Insel, die Heilung bringt. Was er auf dieser Insel findet, ist aber erstmals natürlich nicht einfach nur eine Heilung, sondern nur weiteres Grauen…
Nichts für Kinder
Hugo und Amicia sind permanente Außenseiter in einer Welt, die sie ablehnt. Das ist eine große Last, die ständig auf ihnen lastet. Das Spiel spielt in einer verrohten Welt, in der das Töten von anderen Menschen fast alltäglich erscheint. Alicia und Hugo kämpfen darum, ihren Platz in dieser Welt zu finden, und einem Ort in dem sie in Frieden leben können. Das Spiel zeigt intensive Gewalt und viel Blut, daher hat es auch eine USK Empfehlung von 16 Jahren bzw. ein PEGI Rating von 18 Jahren erhalten.
Ein Meisterwerk, zusammengesetzt aus kleinen Spiel-Abschnitten
A Plague Tale: Requiem ist in unzählige kürzere Abschnitte unterteilt, in denen wir die verschiedensten Herausforderungen überwinden müssen. In toller 3D Grafik sehen wir Amicia (und/oder Hugo und andere Spielfiguren, die wir gerade steuern) und müssen lebend durch den Abschnitt gelangen. Die einzelnen Abschnitte sind sehr unterschiedlich aufgebaut und die jeweiligen Herausforderungen variieren auch immer ein wenig, sodass nicht so schnell Langeweile aufgrund andauernder Wiederholung aufkommt. Dabei gilt es im Regelfall, Feinden auszuweichen oder sie im Kampf zu besiegen. Hugo ist ein kleiner Bub und kann sich in der brutalen mittelalterlichen Welt nicht mit körperlichen Mitteln verteidigen, dafür kann er aber in kleine Verstecke oder durch enge Spalten kriechen. Außerdem beherrscht er Schwärme von Ratten, allerdings hat das auch schreckliche Nebenwirkungen und kann daher nur im Extremfall eingesetzt werden.
Seine Schwester Amicia ist jedoch nicht ganz so wehrlos. Auch sie kann im direkten Kampf gegen die brutalen Bewohner der Welt kaum bestehen, aber die beherrscht ihre Steinschleuder, mit der sie Angreifer durch einen Volltreffer auf den Kopf permanent niederstrecken kann, oder mit der sie mittelalterliche Molotov Cocktails verschießt. Genauso effektiv ist sie mit der Armbrust. Dennoch ist es im Regelfall besser, wenn sie sich an Gegnern vorbeischleicht. Dazu kann sie wie in Assassin’s Creed (oder vielen anderen Stealth Spielen) ungesehen durch das hohe Gras schleichen, oder sie wirft Steine oder Tongefäße um Gegner abzulenken. Sie kann sich auch wie Solid Snake (aus Metal Gear) von hinten an Gegner anschleichen und diese lautlos töten. Ziemlich brutal und ein wenig unpassend für ein junges Mädchen, aber die ganze Geschichte ist überaus brutal und Amicia kämpft regelmäßig um das nackte Überleben von ihr bzw. von ihrer Familie.
When we started Requiem, the idea was to take everything we failed with or did wrong in the first one and try to tackle them. We’ve read all the feedback from the players and critics and tried to do something about it.
A Plague Tale: Requiem spielt sich über weite Strecken wie ein Stealth Spiel. Allerdings ist man im Gegensatz zum Vorgänger nun nicht mehr so eingeschränkt. In A Plague Tale: Innocence gab es in den meisten Sequenzen nur eine Möglichkeit, durch den Abschnitt zu gelangen, und daran musste man sich halten. Beim Nachfolger wurde nun darauf geachtet, dass ihr mehrere Möglichkeiten habt, ein Level abzuschließen und die Geschichte voranzutreiben. Sich an den Gegnern vorbei zu schleichen mag eine sinnvolle Vorgehensweise sein, aber wer ein wenig mehr Gewalt bevorzugt kann es nun auch auf diese Art versuchen.
Shops und DLC
A Plague Tale: Innocence ist nicht nur auf Steam und den Konsolen (X-Box, PlayStation und als Cloud Version auf der Switch), sondern für den PC auch zeitgleich auf Epic, im Microsoft Game Pass bzw. auf GOG erschienen. Für Fans gibt es den DLC A Plague Tale: Requiem – Protector Pack um € 3,- zu kaufen… der Inhalt (ein Skin für die Armbrust, Blumen für das Haar von Alicia, zusätzliche Ressourcen zum Craften…) ist allerdings nicht wirklich notwendig, um das Spiel zu genießen. Das ist mehr ein „Kaffee für die Entwickler“ DLC.
Zusammenfassung
Grafik
Die Grafik ist, verglichen mit dem bereits gut aussehenden ersten Teil, nun noch detaillierter. Die Entwickler haben nicht nur die Leistung aktueller PCs nutzen können, sondern waren auch nicht mehr durch die letzte Konsolengeneration eingeschränkt. Dafür benötigt ihr allerdings eine Xbox Series X oder PlayStation 5. Die Nintendo Switch kann das Spiel nicht auf der Konsole berechnen und ist nur in einer Cloud Fassung erhältlich, bei der der Spielinhalt auf die Konsole gestreamt wird. Die Systemanforderungen für den PC sind relativ hoch, es wird eine Nvidia GTX 3070 (Radeon RX 6800 XT) empfohlen. Allerdings habe ich das Spiel auch auf FullHD mit einer GTX 1070 getestet und mir sind keine Ruckler oder sonstigen Probleme aufgefallen.
In Bezug auf die Grafik war ich von den teilweise sehr großen Spielabschnitten beeindruckt, die voller kleiner Details (und hunderter Animationen) stecken. Der Besuch auf der Messe in der ersten Stand die unsere Figuren erreichen, voller Händler, Besucher und Gaukler, war wirklich beeindruckend. Die Entwickler sind besonders stolz auf die riesige Menge an Ratten, die von der Spielengine nun dargestellt werden können. Ich finde es eher egal, ob ein Gegner nun von 5.000 Ratten (Vorgänger, PS 4) oder eine ganze Stadt von 300.000 Ratten (PS 5) gefressen wird.
Sound
Der Soundtrack wurde von Olivier Deriviere komponiert, der bereits für andere Produktionen wie Dying Light 2, Alone in the Dark, Greedfall, Remember Me und Streets of Rage 4 verantwortlich war. Vollständige Sprachausgabe gibt es auf Deutsch, Englisch und im Französischen Original, die Texte sind auch in weitere Sprachen übersetzt worden.
Handling
Die Steuerung erfolgt wahlweise mit Gamepad oder mit Maus und Tastatur. Beide Steuerungsmöglichkeiten funktionieren gut. Amicia kann laufen, kann schleichen, kann diverse Dinge werfen oder mit Armbrust bzw. Schleuder schießen.
Spieldesign
Im Fokus steht das Lösen von Rätseln, die meist darin bestehen, sich (ungesehen) einen Weg durch unterschiedliche Feinde zu bahnen. Stealth-Gameplay überwiegt, Kämpfe nehmen allerdings dieses Mal eine größere Rolle als beim Vorgänger ein. Während manche der Zwischenabschnitte in etwas größeren, friedlicheren Bereichen spielen, sind die Action-Abschnitte grundsätzlich schlauchartig angelegt, wenngleich ihr im Gegensatz zum Vorgänger nun des Öfteren auch Abzweigungen oder alternative Routen finden könnt. A Plague Tale: Requiem ist ein reines Einzelspieler-Game, es hat keinerlei Multiplayer Funktionalität.
Motivation
Die Spannung bleibt in jedem Abschnitt hoch. Fast immer werdet ihr von tödlichen Gefahren (im Regelfall menschlichen Feinden oder Schwärmen von Ratten) bedroht, sobald ihr entdeckt werdet ist die Chance zu sterben sehr hoch. Amicia kann kämpfen, ist aber im direkten Kampf fast immer unterlegen. Eine kontinuierliche Gefahrensituation erlaubt es euch kaum, euch auszuruhen oder unwichtige Dinge zu erledigen – es geht die meiste Zeit um das pure Überleben. In den friedlicheren Abschnitten könnt ihr Munition oder Heilmittel erstellen. Der Gameplay-Loop erinnert an das Meisterwerk The Last of Us (2013) auf der PlayStation, in dem Joel Miller zusammen mit der minderjährigen Ellie auf der Suche nach einer Heilung durch eine post-apokalyptische Welt schleicht.
FAZIT
Eine fantastische, durchgehend spannende Geschichte zusammen mit umwerfender Grafik sorgen dafür, das euch in diesem Stealth Action-Adventure nicht fad wird, bis ihr den emotionalen Abspann gesehen habt. Die Mischung aus brutaler mittelalterlicher Welt zusammen mit übernatürlichen Ereignissen (und vielen Ratten) lässt euch nur wenig Zeit für Verschnaufpausen. Ein absolutes Einzelspieler-Meisterwerk, das zu den besten Neuerscheinungen des Jahres 2022 gehört. Für mich ganz klar GOTY-Anwärter!
1 Kommentar
Wäre ein schönes Spiel als open World, aber mit diesen schlauchartigen Leveln kann ich nichts anfangen.
Auch wenn die Abschnitte größer sind als beim Ersten Teil, ist mir das zu steif und Hugo sein Gequengel geht mit auf den Sack.
Das Waffensystem ist mit der auffälligen Zielhilfe und Fadenkreuz zu unrealistisch.
Depressive Soundkulisse, es wäre besser jein Sound, als dieser.
Bewegung zu eingeschränkt, schön wäre auch, sich jederzeit am Boden kriechend bewegen zu können und so funktioniert es nur an vordefinierten Stellen, wie unter den Tisch …