Zu zweit ist man deutlich weniger allein. Eine zugegeben ziemlich platte Weisheit, aber doch das Hauptargument für das neuste Werk der schwedischen Hazelight Studios, die schon 2011 mit Brothers: A Tale of two Sons bewiesen haben, gute Geschichten erzählen und feine Coop-Games machen zu können. Nun erwartet uns ihr nächster Streich.
Erneut reicht es Studiochef Josef Fares nicht, seine Geschichte nur mit einem Helden zu erzählen. Wie schon in Brothers: A Tale of two Sons gibt es derer auch hier wieder zwei davon: Vincent und Leo. Die beiden sind sehr unterschiedlich, haben aber doch etwas entscheidendes gemeinsam: Sie sitzen im Knast und wollen aus bestimmten Gründen nicht, dass das so bleibt. Der Grund, warum ich das an dieser Stelle so kryptisch ausdrücke ist einfach: A Way Out lebt sehr stark von der Geschichte rund um die beiden interessanten Charaktere, die sehr vielschichtig und mit der nötigen Muße vorgestellt und aufgebaut werden. Da will ich nicht zu viel vorweg nehmen.
Zwei wie Pech und Schwefel
Also direkt weiter zum Gameplay: A Way Out ist einzig und allein auf das Spielen zu zweit ausgelegt. Entweder übers Netz oder natürlich direkt nebeneinander vor einem Screen. Nur Solo-Player schauen jedenfalls durch die Finger. Allerdings zeigt sich der Entwickler großzügig. Für das Zocken übers Internet muss nur einer der beiden Spieler A Way Out selbst besitzen. Der andere kann via „Friends Pass“ auf die Partie eingeladen werden.
Fluch und Segen gleichermaßen ist dabei die Spieldauer: Erfahrene, findige und/oder eilige Zocker sind in vier Stunden mit der Story durch. Geht man es gemütlicher an, braucht man rund sechs Stunden für einen Durchlauf. Nicht unbedingt viel … dafür zu zweit nebeneinander bei 1, 2 12 Bier gut in einem Stück durchspielbar. Außerdem darf auf der Pro-Seite vermerkt werden, dass sich in diesen Stunden so gut wie keine Minute findet, die sich in irgendeiner Weise ziehen würde. Im Gegenteil. Die Entwickler schaffen es auf ausgezeichnete Art und Weise einen schönen Mix an Action-, Rätsel- und Ruhe-Passagen zu bieten, wobei es vor allem die vielen Details in den ruhigen Etappen des Spieles sind, die viel zur dichten Atmosphäre des Titels beitragen. Da warten dann so nette Einlagen wie die Möglichkeit eine Runde Vier Gewinnt miteinander zu spielen, sich im Armdrücken zu messen oder ein paar Bälle zu werfen (Baseball-Bälle in dem Fall). Den einzigen echten Patzer bei der Story leisten sich die Entwickle ausgerechnet beim großen Finale, das besonders actionreich daherkommt, inhaltlich aber zum Schluss abstruse und unlogische Wendungen nimmt … aber wie gesagt: Ich will nicht zu viel verraten. Also – ebenso wie schon zuvor – schnell wieder zurück zum Gameplay:
Die sehr unterschiedlichen Naturelle der beiden Helden – Leo ist sehr aufbrausend und löst Probleme gerne mit Gewalt, Vincent hingegen ist der deutlich ruhigere, analytischere und umsichtigere Typ – spiegelt sich auch im Gameplay wieder. An einigen Stellen habt ihr die Wahl, welcher der beiden Charaktere entscheiden darf, wie ein Problem gelöst werden soll: Soll eine Wache niedergeschlagen oder doch abgelenkt werden; diese Art von Entscheidungen. Der Haken: Diese Entscheidungen haben keinerlei Einfluss auf den Verlauf der Story oder die Entwicklung der Charaktere selbst. Das macht die Momente der Entscheidung leider am Ende recht bedeutungslos. Macht aber nichts.
Flucht aus Alcatraz
Egal ob man entscheiden darf oder nicht: Das gemeinsame agieren ist in der Regel sehr unterhaltsam, auch oder gerade weil es oft aus einfachen Dingen wie Quick-Time Events oder Button-Mashing besteht. Doch ab und an wird auch mehr geboten. Im Verlauf der viele aus Filmen bekannte Klischees eines Gefängnisausbruchs in den 70ern bedienenden Story (verstecken im Wäschewagen, fliehen durch die Kanalisation, und so weiter) erfordert das gemeinsame Ausbrechen gute Koordination der beiden Protagonisten. Während einer beispielsweise ein Gitter aufschraubt, steht der andere Schmiere. Oder aber der eine klopft an ein Fenster, damit der andere unbemerkt durch einen Flur huschen kann.
In Sachen Technik gibt es wenig zu meckern. Auf Basis der altbewährten Unreal Engine liefern die Entwickler hier ein optisch durchaus passables Spiel ab, das auf der PS4 Pro jederzeit flüssig lief. Fun Fact: Für die Motion Capturing Aufnahmen von Vincent und Leo ließ sich der Studio-Chef Josef Fares höchstselbst in den lustigen Anzug mit den weißen Bällchen stecken. Das Ergebnis ist überzeugend – die Bewegungen wirken recht natürlich und authentisch. Auch der Ton kann sich hören lassen. Einziger Wehrmutstropfen für Fans deutscher Sprecher: Solche sucht man vergebens. Es ist nur eine englische Tonspur vorhanden – Deutsch findet sich nur bei den Texten, den Untertiteln zum Beispiel.
FAZIT
A Way Out ist ein kurzes, aber auch kurzweiliges Vergnügen für alle Fans von guten Stories und dem Spiel zu zweit. Dass Solisten dabei durch die Finger schauen oder über ihren Schatten springen müssen geht angesichts der guten Umsetzung der Koop-Elemente schon in Ordnung. Schade nur, dass die tolle Story mitsamt ihrer dichten Atmosphäre und der toll aufgebauten Hauptcharaktere ausgerechnet mit einem schlechten Ende etwas unwürdig abgeschlossen wird. Auch der trotz gelegentlicher Wahlmöglichkeiten streng lineare Aufbau sorgt für nen kleinen Punkteabzug. Sonst gehört A Way Out aber definitiv zu den besseren Spielen des Jahres 2018 …
Was ist A Way Out? Action/Adventure mit lokalem Coop-Modus.
Plattformen: Origin, PS4, Xbox One
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Hazelight / EA
Release: 23.3.2018
Link: Offizielle Webseite
Gesamtwertung: 8.0
Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 6