Age of Empires: Definitive Edition im Test

Stellt euch vor, ihr nehmt an einer Quiz-Show Teil und die Frage in der Schnellrate-Runde lautet: Nennen sie mir drei Echtzeitstrategie-Spielreihen! Wenn dann unter den Antworten Age of Empires fehlt, dann kann man entweder so rein gar nichts mit dem historischen Setting anfangen oder man ist ganz einfach zu jung dafür, denn immerhin hat sogar der dritte und bislang letzte Teil bereits mehr als zwölf Jahre auf dem Buckel. Sollte letzteres auf euch zutreffen, dann ist vermutlich die Age of Empires: Definitive Edition genau das Richtige für euch, um diese Bildungslücke endlich zu schließen, denn mit diesem Remake kehrt einer der größten RTS-Klassiker auf unsere Bildschirme zurück.

Über Age of Empires muss man vermutlich nicht viele Worte verlieren. Es war jenes Echtzeitstrategiespiel, welches als erstes ein historisches sowie authentisches Setting verwendete und bei der man als Spieler eine von insgesamt zwölf verschiedenen Zivilisation von der Altsteinzeit bis in das Eisenzeitalter führen musste. Ressourcen an- und abbauen, Kampfeinheiten rekrutieren, das Erforschen von Technologien sowie das Errichten der dazu notwendigen Infrastruktur inklusive Verteidigungsanlagen waren schon damals der Schlüssel zum Erfolg. Mit der Erweiterung Rise of Rome wurde das Spielprinzip um weitere Völker und neue Kampagnen erweitert.

Mehr als zwanzig Jahre später spendiert Microsoft nun dem Klassiker mit der Age of Empires: Definitive Edition ein komplett runderneuertes Remake. Umgesetzt wurde dieses aber nicht vom Original-Entwickler Ensemble Studios, sondern von Forgotten Empires, die sich mit ihren Modifikationen und zuletzt mit den Addons zur HD Editon von Age of Empires II bereits einen Namen machen konnten. Inhaltlich bietet die Neuauflage das komplette Spielerlebnis, also sämtliche Völker und Kampagnenmissionen des Hauptspiels, sowie der Erweiterung. Sogar die Editoren sind wieder mit dabei und auch auf den heutzutage nicht mehr so selbstverständlichen LAN-Modus für lokale Mehrspielerpartien wurde nicht vergessen. Einzig die Render-Sequenzen zu Beginn einer Kampagne-Mission sind dem Rot-Stift zum Opfer gefallen. Dafür gibt es jetzt vertonte Einleitungstexte – zwar kein echter Ersatz, aber da die Inszenierung von Age of Empires nie wirklich spannend war, ist dieser Einschnitt durchaus verschmerzbar.

Wunderschönes 2D

Anders als die vor rund fünf Jahren erschienene HD-Edition von Age of Empires II, wurde nicht nur die Auflösung hochgeschraubt, sondern die Grafik vollständig überarbeitet. Das technische Grundgerüst bleibt zwar dasselbe, aber alle Objekte wurden komplett neu als 3D-Modelle entworfen und erst danach in 2D gerendert. Das Ergebnis ist eine Optik, der man es nicht anmerkt, dass im Hintergrund eine rund 20 Jahre alte Engine werkelt. Age of Empires: Definitive Edition ist mit diesen Verbesserungen das vermutlich nun schönste isometrische Echtzeitstrategiespiel überhaupt. Natürlich gibt es auch eine höhere Auflösung in bis zu 4K und zusätzliche Zoomstufen, welche es einerseits erlauben die Einheiten in beeindruckender Nah-Sicht zu beobachten oder den Bildausschnitt zusätzlich zu vergrößern. Beides bietet aber spielerisch nur wenig Mehrwert und die altbewährte mittlere Stufe liefert weiterhin die beste Übersicht. Auch musikalisch gibt es was Neues auf die Ohren. Der Soundtrack wurde mit einem Orchester komplett neu aufgenommen und bietet wie schon im Original  je nach Volk unterschiedliche Musikstücke. Dazu muss man sich nun nicht mehr mit den Limitierungen einer CD-ROM abfinden, weshalb diese mit einer deutlich klareren Qualität aus den Lautsprechern dröhnen und nun beinahe doppelt so lange dauern.

Abseits von all den technischen Überarbeitungen bietet Age of Empires: Definitive Edition natürlich auch einige neue Features. So werden beispielsweise nun untätige Bewohner angezeigt, man kann Rally-Points setzen sowie Produktion-Queues aktivieren, abgeerntete Farmen lassen sich wieder bewirtschaften und Einheiten können nun automatisch angreifen. Alles Dinge die heutzutage zum Standard gehören, aber vor 20 Jahren noch in keinem Spiel zu finden waren. Auch super: Das Interface wurde entschlackt und lässt sich nun von der Größe her anpassen und es gibt endlich Hotkeys! Trotz all dieser neuen Features versucht man das Gameplay möglichst unverändert zu belassen. Das hat aber auch den Nachteil, dass man in Sachen Komfort nicht weit genug geht und veraltete Mechaniken sowie fehlender strategischer Tiefgang das Spielerlebnis etwas trüben. Vor allem vergisst man dabei einen der größten Kritikpunkte des Originals auszumerzen: Wegfindung und KI. Einheiten bleiben an Objekten oder anderen Einheiten hängen, sie stehen untätig herum obwohl sie angegriffen werden oder nehmen einen Weg, der sie direkt in den virtuellen Tod führt. Dadurch wird das Kommandieren von größeren Truppenverbänden zu Qual und die Anhebung des Bevölkerungslimits von 50 Einwohner auf 250 eher zu einem Kritikpunkt als zu einer Verbesserung.

Microsoft wir haben kein Problem – andere aber scheinbar schon!

Ich habe Age of Empires: Definitive Edition nicht nur auf Herz und Nieren angespielt, sondern das sowohl auf einem modernen PC-System, als auch auf einem etwas betagteren Laptop, der jedoch die von Microsoft vorgegebenen Minimalanforderungen eines Dual-Core Prozessors mit 1,8 GHz und 4GB Arbeitsspeicher mehr als erfüllt. Während der gesamten Testdauer konnte ich auf beiden Rechnern keine gravierenden Fehler feststellen, lediglich geringfügige Performance-Einbrüche wenn ich die Zoomstufen änderte waren zu bemerken und auch in den Online-Mehrspielepartien trübten teilweise lästige Ruckler den Spielfluss etwas. Das waren dann aber rein vom technischen Standpunkt aus betrachtet die größten Kritikpunkte.

Das es aber auch anders geht, zeigt die aktuelle Wertung im Microsoft Store. Hier kommt Age of Empires: Definitive Edition mit einer Durchschnittswertung von gerade mal 2,4 von 5 Punkten bei den Spieler ziemlich schlecht weg. Das liegt aber nicht (nur) an der spielerischen Qualität des HD-Remakes, sondern vor allem an diversen technischen Problemen. Bei vielen Anwendern startet das Spiel erst gar nicht oder sie haben mit Programm-Abstürzen zu kämpfen. Microsoft hat bereits reagiert und eine eigene Support-Seite eingerichtet, die Erste Hilfe für Betroffene anbietet. Auch an einem Patch wird bereits gearbeitet, ein Datum dafür gibt es aber bislang noch nicht.

UPDATE: Nun musste auch ich mit der 0x803F8001-Fehlermeldung Bekanntschaft machen, die den Spielstart verhindert. Es scheint sich dabei aber eher um ein Problem des Microsoft-Stores, als um einen Fehler in Age of Empires: Definitive Edition zu handeln, denn  durch die Installation einer beliebigen, kostenlosen App funktionierte wieder alles einwandfrei.

FAZIT

Nun sitze ich etwas ratlos zwischen zwei Stühlen, denn einerseits ist Age of Empires: Definitive Edition wirklich ein vorbildliches Remake, welches den Flair des Originals perfekt einzufangen vermag, anderseits kann es rein vom spielerischen Standpunkt aus betrachtet mit der fast fünf Jahre alten Age of Empires II HD Edition nicht mithalten. Und wenn ich mich zwischen dem aktuell schönsten 2D-RTS oder dem Spiel mit dem höheren strategischen Tiefgang wählen muss, dann nehme ich letzters und entscheide mich damit gegen Age of Empires: Definitive Edition. Das ist aber jetzt nur die sehr subjektive Meinung eines alten AoE II-Fanboys, denn trotz aller Kritik am etwas angestaubten Gameplay und der teils miserablen KI ist auch das Remake von Teil eins nicht nur etwas für Nostalgiker, sondern sollte man sich als Fan von Echtzeitstrategiespielen auf keinen Fall entgehen lassen. Nur die technischen Probleme sollte man schleunigst in den Griff bekommen oder zumindest Age of Empires: Definitive Edition auch auf alternativen Vertriebsplattformen anbieten und nicht so wie jetzt exklusiv im Microsoft Store.

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Was ist Age of Empires: Definitive Edition? Technisch komplett runderneuertes Remake des Echtzeitstrategie-Klassikers mit einigen neuen Features.
Plattformen: PC (Windows 10)
Getestet: auf PC Intel Core i5-4440, 8GB RAM, GeForce GTX 645
Entwickler / Publisher: Forgotten Empires / Microsoft
Release: 20. Feburar 2018
LinkOffizielle Webseite

 

Gesamtwertung: 8.0

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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