Assassin’s Creed Origins im Test

Mit Assassin’s Creed brachte Ubisoft im Jahr 2007 ein sehr interessantes Franchise auf den Markt. Obwohl lediglich als Trilogie geplant, sind wir mit Assassin’s Creed Origins mittlerweile bei Teil neun der Hauptreihe angelangt, kleine Mobile-Ableger und einen Film dabei nicht mitgezählt. Mit Assassin’s Creed IV Black Flag verlor man jedoch so langsam den Weg und die Hintergrundgeschichte aus den Augen. Um wieder den richtigen Pfad zu finden, ließ man sich also mit der Entwicklung viel Zeit, vier Jahre um genau zu sein. Ubisoft kündigte den neuen Teil als eine Art Wiedergeburt der Reihe an und nun ist es endlich so weit: Assassin’s Creed Origins soll den Fans das geben, was sie schon lange vermissen!

Auch ich als Fan der Serie habe sehr hohe Erwartungen an das Spiel gehabt. Diese wurden zum größten Teil übertroffen. Dennoch lehne ich mich so weit aus dem Fenster zu sagen, eine Revolution ist das Spiel nicht, aber eine sehr feine Evolution mit einigen neuen Features. Aber genau diese machen dieses Assassin’s Creed meiner Überzeugung nach zu dem besten Titel der Serie bislang. An vielen Ecken und Kanten wurde gefeilt und das Endergebnis kann sich ohne Zweifel sehen lassen. Vorsicht, Suchtgefahr!

Bayek, der letzte Madjia

Als letzter der Medjai begibt sich Bayek auf ein Abenteuer, das ihn zur Gründung der Bruderschaft der Assassinen bewegt, deren Regeln, Rituale und Vorgehensweisen Generationen von Assassinen in einen Jahrtausende währenden Konflikt führen wird. Als ägyptischer Berber ist Bayek in Siwa geboren und aufgewachsen, einer entlegenen Oase an der Grenze zwischen Ägypten und Libyen. Er ist der letzte der Medjai, einer uralten Linie von Beschützern der Gesellschaft und alter ägyptischer Traditionen. Die Medjai sind bekannt für ihre Grausamkeit und Rechtschaffenheit und wurden zwischen der 18. und 20. Dynastie als Elitetruppe zum Schutz des Pharaos gegründet. Bayek ist somit ein Protektor, mit der Erlaubnis zu töten und zu schützen, was durch das Abzeichen mit dem Auge des Horus auf seiner Schulter symbolisiert wird. Die Medjai sind berufen, jenen in Not zu helfen und Verbrecher an ihren Untaten zu hindern. Dabei müssen sie sich an einen Ehrenkodex halten, der es ihnen verbietet, Unschuldige zu töten, ihre Mitstreiter zu gefährden oder die Götter sowie die Guten und die Freien zu verraten.

Ein Land voller Möglichkeiten

Nach einem persönlichen Schicksalsschlag beginnt Bayek in tiefer Trauer die Jagd auf seine Feinde, die er einen nach dem anderen zur Strecke bringt, um seinen Rachedurst zu stillen. Als geschickter Kämpfer und außergewöhnlicher Reiter begibt er sich auf eine ungewisse Reise, in der Hoffnung Vergeltung üben zu können. Mithilfe seiner Frau Aya muss Bayek einer Geheimgesellschaft gegenübertreten, die nicht nur für sein eigenes Leid verantwortlich ist, sondern auch für die Unterdrückung der Menschen in ganz Ägypten. Seine Reise bringt ihn in Kontakt mit mächtigen Persönlichkeiten der Geschichte, die sowohl seine Verbündeten, als auch seine Feinde sein können, darunter die legendäre Königin Kleopatra, der junge Monarch Ptolemaios XIII und der siegreiche römische Feldherr Julius Caesar.

Assassin’s Creed Origins entführt uns ins alte Ägypten zum Zeitpunkt des Zerfalls dieses wunderbaren Landes. Die riesige Weltkarte wird erst während der Reise des Spielers freigelegt. Es gibt keine Minikarte und alles kann erkundet werden. Auf der Erde, unter der Erde, auf dem Wasser oder in der Luft agiert der Spieler als Gladiator, als großartiger Jäger, Fahrer eines Streitwagens, Abenteurer in einem Grabmal, Kapitän auf einem Schiff oder als Taucher auf der Jagd nach im Nil versunkenen Schätzen. Er kann zur Spitze des Leuchtturms von Alexandria hinaufklettern oder in ein Labyrinth aus dunklen Tunneln in den großen Pyramiden hinabsteigen, wo viele Gefahren auf ihn lauern.

Rollenspielartiger Fortschritt

Die absolute Freiheit, die der Spieler dabei genießt, ist der Schlüssel zu diesem Erlebnis. Quests können verfolgt und jederzeit ohne Desynchronisation oder Verlust des Fortschritts unterbrochen werden. Den Wünschen des Spielers kann jederzeit nachgegeben und seine Neugier stets befriedigt werden. Er kann seine Ziele selbst festlegen und dabei eigene Prioritäten setzen oder sich von den Ereignissen in der Welt treiben lassen, ohne je in eine Richtung gedrängt zu werden. Es stehen über 100 Haupt- und Neben-Quests im Spiel bereit. Hin und wieder lenken diese jedoch ein wenig von der Hauptstory ab. Das ist dann auch, neben der Tatsache, dass es auch bestimmt viele Spieler gibt die nicht so viel Zeit in all diese Dinge investieren können,  mein größter Kritikpunkt. Die Lösung – Pay2Win – und was ich davon halte, dazu später noch mehr!

Das größte und neueste Feature sind die Rollenspiel-Elemente. Konnte man zwar schon immer in Assassin’s Creed so an Missionen heran treten wie man wollte, sei es jetzt schleichend oder einfach mit der Tür ins Haus fallen, werden euch hier nun viele neue Dinge präsentiert, die euren Stil unterstützen. Dazu bietet der Skilltree unterteilt in drei Kategorien über 50 Fähigkeiten. Ob Jäger, Kämpfer oder Prophet, für jeden Stil ist etwas dabei. Der Pfad des Jägers wird jenen gerecht, die Distanzwaffen und die Infiltration bevorzugen, der Krieger wird jenen gefallen, die im Nahkampf bestehen möchten und der Prophet nutzt die Fertigkeiten der Manipulation und verbessert die Ausrüstung des Assassinen, kann Tiere ausbilden und Andere beeinflussen. Freischalten könnt ihr diese, indem ihr Missionen abschließt oder Dinge in der Welt erledigt. Damit erhaltet ihr XP und steigt im Level. Bei jedem Level-Up gibt es einen Fertigkeitspunkt. Damit ist es aber noch nicht getan! Ebenfalls neu ist das Sammeln von Ressourcen. Diese benötigt ihr, um eure Rüstung und Waffen aufzuwerten. Diese gilt es in der Landschaft zu finden oder zu erbeuten. Kämpfe gegen monströse Tiere eingeschlossen.

Damit ist es aber immer noch nicht getan. Die Waffen wurden in Assassin’s Creed Origins ebenfalls einer Erfrischung unterzogen. Ähnlich wie zum Beispiel in Destiny gibt es nun verschiedene Seltenheitswerte. Erkennbar ist dies durch die Farbe der Items, von „Häufig“ bis „Legendär“ in vier Stufen. Außerdem haben die Waffen nun Perks. Das sind besondere Fähigkeiten. Manche machen hier mehr Schaden bei kritischen Treffern, manche haben einen Vergiftungs-Effekt und manche können euer Leben regenerieren wenn ihr kurz davor seid das Zeitliche zu segnen. Solltet ihr besonderen Gefallen an einer Waffe gefunden haben, macht euch keine Sorgen, beim Blacksmith könnt ihr eure Waffen auch stets gegen eine ordentliche Summe auf euer aktuelles Level anpassen lassen.

Ich finde diese Neuerung herausragend! Nicht nur weil ich dieses System schon von Destiny liebe, sondern weil es in Assassin’s Creed absolut Sinn ergibt. Das System fügt sich wunderbar ins Gameplay und sorgt für so viel Vielfältigkeit. Jeder AC Spieler kennt das. In den letzten Teilen war man meist auf ein recht kleines Arsenal beschränkt, was man bei Händlern kaufen konnte und diese Waffen haben sich auch nur in minimalen Details unterschieden. Hier hat man nun ein wirklich großes Spektrum an Möglichkeiten, die auch viel Platz zum experimentieren bieten.

Die Kunst des Kampfes

Die ganzen Waffen wollen aber natürlich auch zur Anwendung gebracht werden. Ubisoft hat das Kampfsystem erneuert. Vielen wird es gefallen, viele werden es nicht mögen. Ich bin noch unentschlossen. Die Kämpfe fühlen sich etwas langsamer an und die Animationen erscheinen mir nicht mehr so flüssig bzw. fehlt auch die Vielfalt an Schlägen. Meist ist es eine 3er-Kombi und ein Finisher-Move, je nach Waffentyp und Position variieren diese ein wenig. Ich habe aber noch lange nicht alle Waffen getestet, daher kann sich dies im Verlauf des Spiels auch mit der Erweiterung des Talentbaumes ja noch ändern.

Allgemein gilt jedoch, das neue Kampfsystem ist dynamischer und die KI koordinierter sowie intelligenter als je zuvor. Sie greifen in Gruppen an und versuchen sich stets so zu positionieren, um einem das Leben schwer zu machen. Im Kampf könnt ihr euch freier Bewegen als in den Vorgängern. Dies erlaubt es Strategien für den Kampf besser umsetzen zu können. Hin und wieder reagiert Bayek nicht so wie man das möchte, ich denke das ist aber eher ein Bug, der noch ausgebessert wird und tritt auch eher selten ein. Ihr sollten auf jeden Fall mit allen Waffen experimentieren, um für jede Bedrohung gerüstet zu sein. Als „neu“ würde ich das Kampfsystem trotzdem nicht bezeichnen, eher als Erweiterung der Grenzen des bisher Möglichen. Und das hat definitiv einen brutalen und blutverströmenden Charme. Es sieht tatsächlich wahnsinnig spitze aus wenn Bayek von oben bis unten im Blut der Gegner gedrängt ist, so brutal war noch keines der Spiele zuvor!

Noch kein Ende in Sicht

Was mich jedoch stört, ist der neue, optionale Ingame-Shop und das damit verbundene Pay2Win. Das bedeutet, Spieler die nicht so viel Zeit investieren können oder möchten, werden dazu verleitet in einem Spiel für das sie bereits den Vollpreis gezahlt haben, weiteres Geld für Lootcrates oder Timesaver auszugeben. Ich denke diese Entwicklung ist allgemein sehr fragwürdig, wurde Pay2Win bislang nur in Free2Play Spielen verwendet. In einem Vollpreis-Titel hat dieses System meiner Meinung nach nichts verloren!

Auch schon fast zum Standard in der Industrie geworden: Assassin’s Creed Origins wird uns mit einem Season Pass einige DLCs und Bonus Content liefern. Was euch erwartet könnt ihr hier mal genauer unter die Lupe nehmen!

FAZIT

Assassin’s Creed Origins ist auf jeden Fall ein absoluter Top-Titel. Anders als von Ubisoft plakatiert sehe ich es jedoch nicht als Neubeginn oder Wiedergeburt, sondern mehr als Evolution statt Revolution. Dinge die jeder Assassin’s Creed Fan zu schätzen weiß sind nach wie vor im Spiel. Es wurde nur so ziemlich an allen Ecken und Kanten geschliffen und vieles perfektioniert. Dennoch habe ich weiterhin ein Problem mit der Reihe. In den letzten Teilen fanden es viele Spieler, so auch ich, einfach sehr unangenehm oft von der Main-Story abzudriften. Dieser Kritik hat man sich leider nicht wirklich angenommen. Zwar kann man das Spiel jetzt deutlich linearer zocken, sofern man das möchte, damit man aber nicht nur seine 10 bis 20 Stunden in der Kampagne verbringt, wurde nun mit den Rollenspiel-Elementen der „Grind“ eingeführt. Damit kommt man fast nicht drum herum auch Sidequest zu erledigen, fast noch schlimmer sogar, heißt es jetzt auch nach Ressourcen zu farmen und im Level zu steigen. Gerade in Zeiten von Destiny 2, aber sicherlich für viele trotzdem kein großer Kritikpunkt. So auch für mich nicht wirklich. Ich habe mich mit dem „Grind“ schon angefreundet und heiße ihn auch gerne in Assassin’s Creed willkommen.

Assassin’s Creed Origins kann auch sonst in allen Punkten überzeugen. Das „neue“ Kampfsystem macht Spaß, die Rollenspiel-Elemente sind großartig und das alte, sehr lebendige und große Ägypten besticht durch eine großartige Flora und Fauna. Die Story ist spannend und ähnlich wie bei der Ezio Trilogie – die meiner Meinung nach die besten Teile der Reihe – kann man sich sehr gut in Bayek versetzen und seine Beweggründe nachvollziehen und mitfühlen. Und das habe ich mir am Meisten gewünscht. Endlich wieder mit dem Hauptcharakter eine tiefe emotionale Bindung eingehen zu können. Das ist hier absolut gelungen!

Für alle Fans von Assassin’s Creed ist Origins ein absolutes Muss, jeder der bislang noch keinen Kontakt zu der Serie hatte, sollte definitiv einen Blick riskieren. Den großen Ansturm an neuen Spielern erwarte ich dennoch nicht, dafür sind die Veränderungen zu wenig, sprich wer bislang nichts mit Assassin’s Creed anfangen konnte wird auch hier nicht glücklich. Nur unbeschriebene Blätter werden den Neueinstieg in dieses Universum genießen und die alten Hasen unter uns, welche die alten Spiele gespielt haben, die sitzen mittlerweile bestimmt schon vor dem Monitor und feiern einen weiteren tollen Teil der Reihe und das Ende einer langen Wartezeit!

Ein Gastartikel von A. Wittek

Gesamtwertung: 8.4

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test