Assassin’s Creed Valhalla im Test

Nachdem ich letzten Monat bereits für ein paar Stunden in die Haut von Eivor schlüpfen durfte, konnte ich es nicht mehr abwarten, mehr über die Geschichte eines Wikinger-Clans in England zu erfahren. Nun war es endlich soweit, und ich habe meinen Helm aufgesetzt, schnell die nötigsten Dinge gepackt und bin mit dem Langschiff gen Westen aufgebrochen.

Like a Viking

Eivor lebt mit seinem Clan in Norwegen, doch die politischen Verhältnisse bewegen die Wikinger dazu Richtung England aufzubrechen, und ein neues Kapitel ihrer Saga aufzuschlagen. Dort angekommen geht es nicht nur darum seine Siedlung aufzubauen und zu stärken, sondern auch Allianzen mit den dortigen Machtinhabern zu schmieden. Zusätzlich – wie könnte es auch anders sein – gibt es eine dunkle Ordensverbindung, deren Mitglieder nichts Gutes im Sinn haben und, ganz im Sinne der Bruderschaft, ausgeschaltet werden müssen. Zudem wird Eivor auch noch von Visionen geplagt, deren Deutung ihn Unheilvolles erahnen lassen.

Eivor könnt ihr wahlweise männlich oder weiblich spielen und das Geschlecht lässt sich zudem jederzeit im Menü ändern. Zusätzlich könnt ihr euer Aussehen auch beim Tätowierer in der Siedlung noch mehr nach euren persönlichen Vorlieben anpassen. Ihr könnt eurem Wikinger einen schicken Bart, diverse Tattoos an verschiedenen Körperstellen, oder einen neuen Haarschnitt verleihen. Ich habe mich in meinem Test für die männliche Version Eivors entschieden, da mir seine englische Synchronstimme bei Weitem besser gefällt als der weibliche Counterpart. Das neue Feature, sein Geschlecht jederzeit ändern zu können ist eine willkommene Innovation für alle fotobegeisterten Spieler, die gerne Bilder mit beiden Charakteren anfertigen möchten.

Assassin’s Creed: Die Siedler

In England startet ihr ein neues Kapitel im Leben eures Clans und müsst euch euren Aufstieg hart erarbeiten. In England warten reiche Klöster und Abteien nur darauf von euch ausgeraubt zu werden – und das am besten gemeinsam mit eurer Langschiff-Besatzung! Raids sind eines der vielen neuen Features, die dem Spiel einen angenehmen Hauch Frische verleihen. Bisher ging es meist darum allein ein großes Lager der Feinde auszuräumen, doch nun begebt ihr euch auf einen Raid. Das gemeinschaftliche Scharmützel gestaltet sich amüsant und dynamisch. Man fühlt sich tatsächlich wie ein Wikinger, der gerade für das Wohlergehen und die Zukunft seines Clans sorgt. Türen oder große Truhen können nur gemeinsam mit Begleitern geöffnet werden, das dadurch erzeugte Gefühl der Verbundenheit und das Werken in Team macht auf jeden Fall großen Spaß.

Mithilfe der erbeuteten Schätze könnt ihr eure Siedlung aufbauen und das Ansehen somit steigern. Schilder symbolisieren euch welche Gebäude ihr gemäß eurem Siedlungs-Level bereits errichten könnt. Durch das Errichten der Hütten gesellen sich neue Funktionen, wie Schmiede oder Tätowierer, aber auch neue Aufgaben, wie Jagd-Sammelquests sowie Fischerei dazu. In eurem Stall lassen sich verschiedene Skins für euer Pferd oder euren treuen Rabenbegleiter auswählen. Euer Reittier lässt sich gegen Silber hier auch trainieren und kann beispielsweise seine Ausdauer verbessern oder das Schwimmen erlernen. Auch euer Langschiff lässt sich customizen, ob Schilder, Anstrich, andere Schilde oder Galleons-Figuren. Das Aufbauen eurer Siedlung ist ein wichtiger Teil des Spiels und durch das Durchführen von Raids wird das Sammeln von Ressourcen auch nicht eintönig. Auf eurer Karte könnt ihr jederzeit nachsehen, wo in eurer Umgebung ein passender Ort für einen Raubzug ist. Das empfohlene Stärke-Level steht auch immer dabei, um euch vor einem schmerzlichen Verlust zu bewahren. Ein erfolgreicher Sieg gehört auch anständig gefeiert, dafür könnt ihr beispielsweise in der großen Halle ein Festmahl schmeißen, von denen eure Ahnen noch erzählen werden. Zudem warten auch Mini-Games in eurer Siedlung, wie das Würfelspiel Orlog oder Wett-Trinken, wo es darum geht eure Ehre zu bewahren. Und vielleicht läuft euch ja eine Katze über den Weg, diese könnt ihr auf euren Arm nehmen und eine Runde kuscheln – ein absolutes Highlight (Hinweis für panische Hunde-Liebhaber an dieser Stelle: ja, auch diese Fellnasen lassen sich von euch streicheln)!

Eivor, der Starke

Zur Belohnung für das Bestehen von Quests erhaltet ihr Fähigkeitspunkte, die ihr in euren Skill-Tree investiert. Von der Mitte aus spalten sich verschiedene Wege, optisch schön als Sternbilder dargestellt, auf. Leider sind die Pfade vernebelt und so ist im Vorhinein nicht ersichtlich, welche Fähigkeiten und Vorteile sich verbergen. Doch solltet ihr euch „verskillt“ haben, habt ihr jederzeit die Möglichkeit eure Skill-Punkte zurückzusetzen und neu zu verteilen. Ich muss sagen, dass dieses Feature eine willkommene Neuerung ist, und man so auch die Möglichkeit hat, verschiedene Spielweisen auszuprobieren. Für die absolute Wikinger-Experience habe ich mich für den Weg des Bären entschieden, der Nahkampf-Fähigkeiten boostet. Es fühlt sich einfach authentischer an, ohne Rücksicht auf Verluste und getrieben vom Kampfgeschrei seiner Clan-Mitglieder frontal in den Kampf zu stürzen, als sich versteckt seinen Feinden zu nähern und diese im Assassinen-Stil zu beseitigen.

Wie bereits aus den Vorgängern bekannt, stehen euch auch verschiedene Spezial-Angriffe zur Verfügung, von Pfeilen, die durch Wände schlagen, verifteten Spitzen bis hin zum Axtwurf sind euch einige Möglichkeiten für kreative Gefechte geboten. Um diese Attacken zu erlernen, müsst ihr in der Open-World versteckte Bücher finden. Diese beinhalten entweder eine neue Fähigkeit, oder verstärken eine bereits erlernte. Die Kämpfe werden so im Laufe des Spiels spannender und auch optisch schöner anzusehen. Die Kämpfe wirken brutal, jedoch weitaus harmloser und realitätsfremder als beispielsweise in The Last of Us Part 2. Für richtiges Assassinengefühl sorgt euer Kaputzenumhang, den ihr in Misstrauens-Gebieten einfach überzieht und so vor wachsamen Augen – wenn auch nur zeitlich begrenzt – verschwindet. Ihr schreitet langsam durch die Gassen und könnt jederzeit an einer Bank halt machen und euch hinsetzen, um kein Aufsehen zu erregen oder aber auch Betrunkene auf den Straßen dafür zu nutzen ein Ablenkungsmanöver zu inszenieren. Der Assassinen-Aspekt gerät manchmal ein wenig in den Hintergrund, doch diese subtilen Erneuerungen zeigen wo die Reihe ihre Wurzeln hat.

Anders als noch in Odyssey gibt es deutlich weniger Ausrüstungsgegenstände zu finden, es geht nun eher darum qualitative Waffen oder Rüstungen zu haben und diese dann mithilfe von in der Open-World verteilten Ressourcen zu verbessern. Das Level des Gegenstandes lässt sich so steigern und mithilfe von Runesteinen könnt ihr zudem noch weitere Buffs verteilen. Es gibt einige Waffentypen, von ein – sowie zweihändig schwingbaren Äxten, Hämmer oder Schilde und auch Jagd-, Kurz- sowie Langbögen lassen sich ausrüsten und bieten abwechslungsreiche Auseinandersetzungen mit Feinden. Ein weiteres neues Feature sind die sogenannten Assaults, bei denen es sich um größere Angriffe handelt. Hierbei müsst ihr euch durch die feindliche Menge kämpfen und könnt die Kontrolle über einen Rammbock übernehmen. Immer wieder müsst ihr Anlauf nehmen und dann mit voller Wucht gegen das Tor stoßen, um es zu durchbrechen. Währenddessen prasseln auch Pfeile auf euch ein, hier müsst ihr im richtigen Moment euren Schild heben, um euch vor der Gefahr zu schützen.

Der Wilde Westen

Das Spiel nimmt seinen Start in den verschneiten Bergen und der rauen See Norwegens. Die Umgebungen sind atmosphärisch gestaltet und laden zum Erkunden ein. Doch es zieht euch schnell in den Westen und Englands Welt ist farbenfroh und detailreich gestaltet. Es wirkt als würde die Sonne des goldenen Oktobers die Landschaften verzieren und die diversen Areale lauern mit Geheimnissen und Reichtümern. Ihr könnt in den Einstellungen des Spiels wählen, ob ihr lieber frei erkundet oder schon gewisse Marker auf der Map euch den Weg weisen sollen. In den unterschiedlichen Gegenden könnt ihr Nebenquests, Mysteriöse Vorkomnisse oder Schätze finden, eine Statistik lässt euch hier den Überblick behalten. Einfach euren gefiederten Freund herbeirufen, und schon erscheint die kleine Box am rechten unteren Bildschirmrand.

Im Westen sind die englischen Könige angeschlagen und die Machtverhältnisse verteilen sich durch die vielen neuen Einwanderer und Invasoren neu. Es ist nun wichtig euch gutes Ansehen sowie Alliierte für die Zukunft zu sichern und Freundschaften zu knüpfen. Zudem müsst ihr euch auch um das Problem mit dem Orden und seiner gefährlichen Mitglieder annehmen und so der geheimnisvollen Bruderschaft helfen. Die Geschichte hat sich während meiner Testzeit als sehr deutlich komplexer und vielschichtiger als auf den ersten Blick in meiner Anspiel-Session herausgestellt und mich doch immer wieder überrascht. Für mich handelt es sich um einen Slow-Burner, der mit jeder Stunde Spielzeit Fahrt aufgenommenen hat und fesselnder geworden ist.

In der Spielwelt finden sich kleinere Nebenquests, die meist sehr kurzweilig, dafür abwechslungsreich, gestaltet sind. Ihr könnt beispielsweise einer schlangenbesessenen Frau Vipern-Eier sammeln, zwei Tölpeln bei einem gestellten Raid helfen, mit Kindern verstecken spielen oder dafür sorgen, dass die Crazy Cat Lady ihre geliebten Tiger dafür einsetzt, dass die Getreidefelder vor gefräßigen Nagern geschützt wird. Leider erscheinen für diese Nebenquests keine Infos im Questlog, daher kann man hier leicht den Überblick verlieren. Diese Aufgaben und andere interessante Orte sind mittels kleiner Lichtkugeln auf eurer Mini-Map markiert und lassen sich so schnell finden.

Doch England ist nicht nur mitten in einen politischen Machtkampf verwickelt, sondern in der Wildnis warten auch mysteriöse Geschehnisse auf euch. Hier werden beispielsweise bekannte Mythen zum Vorbild genommen und schaffen Quests, die ein wenig an eine Monsterjagden aus The Witcher 3 erinnern. Doch auch verfluchte Gebiete, die meist durch einen Gegenstand ins Verderben gestürzt worden, warten darauf von euch befreit zu werden. Meist kündigen euch ein seltsamer Nebel und geisterhaft aussehende Tiere bereits an, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Verfluchte Areale sehen besonders eindrucksvoll aus und es macht Spaß, den verfluchten Gegenstand zu finden und zerstören.

PS4 Pro vs. Xbox Series X

Wir konnten Assassin’s Creed Valhalla sowohl auf einer PlayStation 4 Pro als auch auf einer Xbox Series X testen und so die beiden Versionen vergleichen. Auf der PS4 Pro müssen natürlich optisch einige Abstriche gemacht werden, da die Leistung der Konsole an ihre Grenzen stößt. Die Folge davon sind schwammigere Texturen, weniger Details und ein generell verwaschen wirkender Weitblick. Grafisch sieht die Sache auf der Xbox Series X natürlich um ein ganzes Stück besser aus. Die einzelnen Grashalme lassen sich haarscharf erkennen und Sonnenlicht wird von diesen reflektiert. Die Spielwelt birgt mehr Feinheiten und auch die Weitsicht sieht hier detaillierter aus. Der größte Unterschied zeigte sich in den Ladezeiten, auf der PlayStation sind diese mit anderen Current-Gen Titeln vergleichbar die in den letzten Monaten erschienen sind. Auf der PS4 Pro kommt es nach einiger Zeit zur Darstellung eines Ladebalkens, auf der Xbox Series X habe ich diesen kein einziges Mal erblickt. Zudem hatte die PS4 Pro deutlich mit der Belüftung zu kämpfen während die Series X gewohnt still und leise gearbeitet hat.

FAZIT

Ich habe zwar ein wenig gebraucht, um wirklich in die Welt und Geschichte von Eivor einzutauchen, doch mittlerweile ist das meine Siedlung, es sind meine Brüder und Schwestern, die mit mir in den Kampf ziehen und mit denen ich am Ende eines langen Tages mein Met-Horn erhebe und laut Skål rufe. Die Open World wirkt lebendig, ist schön anzusehen und wartet mit unterschiedlichen Habetaten darauf von euch erkundet zu werden. Auch die Quests und Aufgaben sind spannend gestaltet und bieten interessante Charaktere, über die man mehr erfahren möchte. Am Ende muss ich sagen, dass Assassin’s Creed Valhalla tatsächlich ein wenig frischen Wind in die Reihe bringt, auch wenn sie sich immer mehr von ihren Ursprüngen entfernt und weiter Wege Richtung RPG einschlägt. Generell hatte ich mit wenigen Bugs zu kämpfen und am Tag des Release wartet auch noch der Day 1 Patch darauf von euch heruntergeladen zu werden, um die Performance noch weiter zu optimieren. Ich persönlich hatte sehr viel Spaß beim Testen des Titels und kann es kaum erwarten wieder in die Welt Eivors einzutauchen, um die sehr umfangreiche Story-Kampagne zu beenden und alle Geheimnisse zu lüften…und die ein oder andere Katze in die Arme zu nehmen.

Was ist Assassin’s Creed Valhalla? Episches Wikinger Abenteuer-RPG der Assassinen-Reihe
Plattformen: PC, PS4, Xbox One, PS 5, Xbox Series X/S, Google Stadia
Getestet: Xbox Series X, PS4 Pro
Entwickler / Publisher: Ubisoft Montreal / Ubisoft
Release: 10. November 2020
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 10 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

Passende Beiträge

Planet Coaster 2 im Test

Little Big Adventure – Twinsen’s Quest im Test

LEGO Horizon Adventures im Test