Ubisoft haut noch einen raus vor Weihnachten und schickt Spieler:innen im Action-Adventure Avatar – Frontiers of Pandora in einer farbenfrohen offenen Welt als Na’vi in den Kampf gegen die fiese RDA.
Der im Jahr 2009 erschienene Film Avatar von Regisseur James Cameron ist einer der erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten. Für mich war er auch der erste 3D Film im Kino – ein absolut umwerfendes Erlebnis. Das darauf basierende Computerspiel Avatar: The Game aus dem selben Jahr ist eines der seltensten Spiele auf Steam, da es nie direkt erschienen ist sondern der Steam Code nur zusammen mit einer recht teuren und nicht weit verbreiteten Hardweare verkauft wurde. Sammler zahlen für den Code heute tausende Euros… normale Menschen besorgen sich eine gebrauchte (nicht-Steam) Version in der DVD-Box oder eine Konsolenfassung (Xbox 360, PlayStation 3) um ein paar Euro. Seit damals gab es zwar einen neuen Avatar Film (Avatar: The Way of Water, 2022), aber kein neues Computerspiel. Das hat sich nun mit dem Erscheinen von Avatar: Frontiers of Pandora geändert. Wird das wieder ein Sammlerstück, für das in 15 Jahren Mondpreise gezahlt werden müssen?
Die Botschafter
Schon die Einleitung des Spieles ist bombastisch und führt uns langsam in die wesentlichen Spielmechaniken ein. Die Menschen (oder besser: die bitterböse militärisch organisierte RDA unter der Führung von John Mercer) sind auf Pandora. Um die Einheimischen Na’vi zu infiltrieren wurden mehrere Kinder der Na’vi entführt. Denen wurde erzählt, dass sie von ihren Eltern verstossen wurden und die RDA sie gerettet hat. Sie werden ausgebildet und zu absoluter Loyalität gegenüber der RDA erzogen, damit sie später als „Botschafter“ zu ihren Völkern zurückkehren können – und als Spione dienen um die wirtschaftliche Ausbeutung des Planeten zu erleichtern. Manche der entführten Kinder glauben diese Geschichte jedoch nicht, und wollen aus der Ausbildungsbasis der RDA entfliehen. Dazu kommt es jedoch nicht, es bricht ein Krieg zwischen RDA und den Einheimischen aus, und die RDA zeigt ihr wahres Gesicht – die Botschafter sollen entsorgt werden. Wir werden jedoch gerettet und für eine lange Zeit in den Cryoschlaf versetzt. Als wir aufwachen, ist die Ausbildungsbasis weitgehend zerfallen, und Truppen der RDA machen Jagd auf uns. Mit Hilfe von anderen Na’vi können wir aus der Basis in den Dschungel fliehen. Nun sind wir erstmals in der freien Wildnis von Pandora unterwegs – ein wunderschöner Planet, mit riesigen Bäumen, wunderschönen Seen und hohen Felsen. Unterschiedliche – nicht immer friedliche – Tiere laufen durch den Dschungel, faszinierende Pflanzen wachsen an allen Ecken und Enden.
Unsere Aufgabe ist es nun, die unterschiedlichen Bewohner des Planeten zu finden und zu vereinen, um gemeinsam gegen die RDA zu kämpfen und Pandora wieder zu einer Heimat der Na’vi zu machen, ohne von den Menschen ausgebeutet zu werden. Drei große Clans leben in der westlichen Grenzregion, in der sich das Spiel abspielt. Können wir mit den vereinten Kräften der drei Clans das Land von den Zerstörungen und der Verschmutzung durch die RDA befreien? Wir werden in die Basen der Menschen eindringen müssen, um diese von Innen zu zerstören. Dabei ist weniger der direkte Kampf, als Vielmehr das Herumschleichen und Umgehen von Gegnern notwendig, um die Missionsziele zu erreichen. Avatar: Frontiers of Pandora spielt sich zeitweise wesentlich mehr wie ein Schleichspiel a la Thief als ein direkter Shooter wie beispielsweise Doom.
Action-Adventure
Als Na’Vi sind wir den Menschen körperlich weit überlegen. Wir sind größer als die Menschen, laufen schneller, klettern geschmeidig auf Bäume, und wir können die Tierwelt auf Pandora nutzen, um die technische Überlegenheit der Menschen zu neutralisieren. Wir reiten auf einheimischen Direhorses, wir fliegen mit unserer Banshee durch die Lüfte. Durch unsere Ausbildung bei der RDA haben wir gelernt, die Waffen der Menschen zu nutzen. Die Panzerfaust oder Schrotflinte sind Optionen, aber als Na’Vi können wir auch mit dem traditionellen Bogen (es gibt unzählige Varianten) und Speer umgehen. Schon bald lernen wir Ausrüstung selbst herzustellen und zu verbessern. Dazu benutzen wir spezielle Tische, das hat mich beispielsweise an The Last of Us erinnert. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, können wir natürlich neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände auch einfach kaufen. Auch unseren Charakter können wir im Laufe des Spieles immer weiter verbessern, dazu stehen uns fünf umfangreiche Fertigkeitenbäume zur Verfügung. Auch unsere Ausrüstung verbessert unsere Charakterwerte. An Kopf, Brust, Arm, Taille und Knöchel können unterschiedliche Ausrüstungsgegenstände getragen werden. Welche Kriegsbemalung wir tragen hat jedoch keine Auswirkungen auf unsere Fähigkeiten.
Das eigentliche Gameplay entspricht einem typischen 3D Action-Adventure ähnlich Far Cry. Wir bewegen uns durch die Gegend wie Lara Croft, können laufen, springen, uns ducken und in der hohen Vegetation verstecken. Wir klettern auf Leitern, ziehen uns mit Lianen an Bäumen hoch und benutzen unsere Waffen um Gegner zu eliminieren. Eines der absoluten Highlights des Spieles sind jedoch die Flüge mit dem Ikran. Die Na’vi gehen lebenslange Freundschaften mit diesen fliegenden Tieren ein, ähnlich wie Menschen mit ihren Haustieren. Wir müssen auf ihre Ausdauer achten, sie füttern und können auch ihr Aussehen gestalten.
“One of the most exciting aspects of this project was the opportunity to create an immersive, living Pandora for players to explore.”
Avatar: Frontiers of Pandora verfügt auch über einen online Koop-Modus. Dieser ist sogar plattformübergreifend. Voraussetzung ist es, die Quest „Der Aranahe-Clan“ zu beenden. Im Koop agiert ein Spieler als Gastgeber und der andere ist der Gast. Die Welt spiegelt den Fortschritt des Gastgebers wider, wenn die Koop-Sitzung beginnt. Quests, die im Koop-Modus abgeschlossen werden, müssen nicht noch einmal im Einzelspielermodus gespielt werden. Ihr könnt auch alle anderen Fortschritte und gefundenen Gegenstände behalten.
Ubisoft bietet, ähnlich wie Microsoft (Game Pass) oder Electronic Arts (EA Play) einen Abo-Service an. Für eine laufende Gebühr von derzeit € 14,99/Monat könnt ihr Avatar: Frontiers of Pandora und über 100 weitere PC-Spiele spielen, so lange ihr das Abo weiter verlängert. Danach bleiben euch zumindest die Spielstände erhalten, falls ihr euch das Spiel einmal kauft oder das Abo später wieder abschließt. Wenn ihr das Spiel für den PC (ohne Abo) erwerben wollt, sind € 69,99 fällig. Mit dem Season Pass (Gold Edition) kostet der Spaß schon € 109,99 und in der Ultimate Edition legt ihr noch einmal € 20 für ein Artbook und ein wenig digitalen Schnickschnack (Skin, Kosmetik Set, Waffe…) drauf. Die Zeiten, in denen man ein neu erschienenes AAA-Spiel günstig erwerben konnte, sind heuer leider endgültig zu Ende gegangen. Damit könnte ich ja durchaus leben, Qualität hat eben ihren Preis, aber der Ingame-Shop (Echtgeld) in vielen der Games kann mir echt gestohlen bleiben. Der Season Pass soll zwei größere „Story Packs“ und eine Bonusmission enthalten und bis Ende 2024 erscheinen. Hier hoffe ich auf ähnlich guten Zusatzinhalt wie es Ubisoft mit (dem etwas untergegangenen aber recht guten) Immortals Fenyx Rising gemacht hat – da war der Seson Pass wirklich sein Geld wert. Avatar: Frontiers of Pandora benötigt den UPlay (oder besser: Ubisoft Connect) Launcher. Auf Steam ist es (zumindest bis auf weiteres…) nicht verfügbar. Für Konsolen gibt es Fassungen für die PlayStation 5 sowie die XBOX SERIES X|S.
Zusammenfassung
Grafik
Grafisch haben sich die Entwickler von Massive Entertainment nicht lumpen lassen bei der Umsetzung des Spiels. Basierend auf der Snowdrop-Engine (z.B. The Division) zaubert diese eine fantastisch schöne und vor allem farbenfrohe Welt des Mondes Pandora auf den Schirm. Vorausgesetzt ihr habt am PC die notwendige Hardware zur Verfügung, da die Systemanforderungen doch recht hoch sind. Allerdings lässt sich die Grafik in vielen Details auf euren Rechner anpassen. Wer in 4K spielen möchte um die Grafikpracht in voller Auflösung zu genießen, benötigt schon mal neben einer potenten CPU zumindest eine nVidia RTX 4070, besser noch eine 4080. Die Grafikengine beherrscht aber auch sehr beeindruckend Wettereffekte, in der Nacht leuchten Organismen durch Biolumeniszenz und es wirkt alles stimmig. Schon bei den ersten Begegnungen mit der Tier- und Pflanzenwelt ist man verzückt, wie natürlich und organisch alles wirkt, die Open Word von Avatar – Frontiers of Pandora ist definitiv das Highlight des Spiels.
Sound
Soundtechnisch gibt es nicht wirklich etwas zu bemängeln, ein atmosphärischer Hintergrundsound begleitet uns bei den Erkundungen in der geheimnisvollen Welt von Pandora. Die Waffengeräusche passen und auch die Synchronsprecher machen ihre Sache gut. Den ziemlich guten Soundtrack von Pinar Toprak könnt ihr übrigens auf so ziemlich allen aktuellen Musikportalen kaufen.
Handling
Die Steuerung hat einen etwas durchwachsenen Eindruck bei uns hinterlassen, die Spielfigur lässt sich zwar recht passabel steuern, kann zwar recht hoch springen, aber immer wieder sind wir dann doch in dem Gestrüpp und vielen Ästen mal hängen geblieben, oder öfter wo heruntergefallen. Auch weitere Funktionen im Spiel wie das Craften, Nahrung aufnehmen oder das Scannen und Hacken lässt sich vor allem am PC nur durch Kombinationen von mehreren Tasten bewerkstelligen und ist überladen, wirkt umständlich und manchmal auch nervig.
Spieldesign
Grafisch lässt Avatar: Frontiers of Pandora zwar nichts anbrennen, aber beim Spieledesign schaut das nicht mehr ganz so rosig aus, das ganze spielt sich doch wie eine Art Far Cry, auch hier muss dann im Endeffekt doch immer wieder einiges gesammelt werden um weiter zu kommen. Viele der Aufgaben wirken recht belanglos, vor allem am Anfang wo wir alles zu Fuß erkunden müssen, nervt die viele Herumlauferei um Gegenstand A oder B zu holen, bzw. braucht man für Verbesserungen von Waffen oder Rüstungen oft seltene Pflanzenteile, die dann wieder nur zu bestimmten Tageszeiten zu ernten sind.
Motivation
Ja, also die Motivation ist zu Beginn des Spiels wohl recht hoch, die schöne und spannende Welt möchte auf jeden Fall erkundet werden, allerdings ist gerade zu Beginn sehr viel Lauferei und vor allem Kletterei notwendig um weiter zu kommen. Das nervt, da vor allem die Übersicht nicht unbedingt die Beste ist und man oft nicht genau weiß wohin als Nächstes. Die Kämpfe selbst bieten nur Durchschnittskost, nehmen aber im späteren Verlauf wenn wir stärkere Waffen besitzen und auch aus der Luft angreifen können, mehr Fahrt auf.
FAZIT Sven
Heuer sind bereits einige grafisch umwerfende Titel erschienen – und Avatar: Frontiers of Pandora mischt hier ganz vorne mit. Man kann zu AAA stehen wie man will, aber es macht schon einen Unterschied ob die Grafik eines Spieles von ein paar Leuten oder von hunderten professionellen Grafikern erstellt wird. Ich habe noch nie ein Spiel gezockt, bei dem ich so sehr das Gefühl hatte, wirklich in einem Dschungel unterwegs zu sein. Die Dichte an Vegetation, die vielen verschiedenen Pflanzen und Tiere, die ganzen Animationen, die Hintergrundsounds… erstklassig. Leider hat die tolle Grafik auch ihre Nachteile – man sieht nämlich Vieles nicht mehr so einfach. Findet mal etwas, das irgendwo im Dschungel herumliegt. Die extrem realistische Grafik macht es schwerer, die für das Spiel wesentlichen Dinge zu entdecken, selbst die Orientierung in den offenen Spielumgebungen ist nicht mehr so einfach wie noch vor ein paar Jahren bei den klassischen Shootern. Klettere ich auf diesen Baum? Geht der Weg hinter dem Busch weiter? Was ist hinter diesem Felsen? Die Sichtweite ist, wie ich richtigen Leben, durch die ganzen Objekte stark eingeschränkt.
Abgesehen davon macht die Erforschung der riesigen Spielwelt jedoch viel Spaß. Das westliche Grenzgebiet beinhaltet viele Geheimnisse und Überraschungen, Nebenquests, Schnellreisepunkte und Herausforderungen (mit tollen Belohnungen). Die offene Spielwelt überzeugt mit einem Tag- und Nachtrhythmus, einer Vielzahl an Bewohnern und einer traumhaft schönen Darstellung von Pandora, ebenso wie der Zerstörung des Planeten durch die RDA. Nehmt euch Zeit, um die üppige und detailreiche Umgebung zu erkunden, die herrliche Landschaft zu bewundern, die Geräusche der Natur wahrzunehmen. Eine originalgetreuere und vollständigere interaktive Vision von Pandora könnt ihr sonst nirgends erleben. Die Spielbarkeit ist hoch, der Umfang des Spieles ist enorm. Freunde von typischen Action-Adventures kommen mit Avatar: Frontiers of Pandora voll auf ihre Kosten.
FAZIT Hannes
Ein persönliches Fazit zu Avatar Frontiers of Pandora fällt einem nicht ganz leicht. Zum einen begeistern die toll umgesetzte und sehr stimmige Spielwelt, zum anderen konnten mich die Story und die Missionen nicht wirklich überzeugen. Die Spielmechaniken erinnern stark an Far Cry und es ist sehr viel, teils nervige Lauferei, Kletterei und „Einsammeln“ notwendig um voran zu kommen. Die Kämpfe selbst und auch die Waffen bieten nur Standardkost, in diesem Bereich gefiel mir z.B. ein Horizon Forbidden West wesentlich besser. Wer aber ein absoluter Fan der Far Cry-Serie und vor allem von den Avatar-Kinofilm ist, wird das Spiel sicher lieben, alle anderen bekommen „nur“ ein sehr schönes, aber etwas langweiliges Action-Adventure im Avatar-Universum.