Battletoads im Test

Kinder der Neunziger können sich vermutlich noch an Rash, Zitz oder Pimple erinnern. Vielleicht nicht genau an diese Namen, aber an die Battletoads, welche zuerst auf dem NES und danach auf vielen anderen Konsolen ihr Unwesen trieben. Der Grund warum sich diese Kröten so sehr ins Gedächtnis eingebrannt haben, war aber nicht die Qualität der Spiele, sondern vielmehr der teils unmenschliche Schwierigkeitsgrad. Vor knapp zwei Jahren kündigte Microsoft ein Reboot der Franchise an, welches nun exklusiv für PC und Xbox One erhältlich ist.

Es war Herbst 1993 und ich auf der Suche zwecks Nachschub für mein Sega Mega Drive. Als großer Ninja Turtle-Fan ist mir damals im Händlerregal das Cover auf dem eine coole, muskelbepackte Kröte abgebildet war natürlich sofort ins Auge gesprungen. In der Haut eines der drei Battletoads Rash, Zitz oder Pimple, war es dabei meine Aufgabe die entführte Prinzessin Angelica zu befreien. Zunächst kämpfte ich mich in klassischer 2D-Beat-’em-up-Manier durch das erste Level, was für mich als alten Genre-Fan nur bedingt eine Herausforderung darstellte. Der Schwierigkeitsgrad zog aber rasch sehr deutlich an und spätestens im dritten Spielabschnitt, ein rasanter Hindernis-Parcours auf einem Hooverboard,  wurde dann mein Geduldsfaden einer umfangreichen Zerreißprobe unterzogen. Ich glaub mich noch erinnern zu können, dass ich dann spätestens beim sechsten Level genervt aufgegeben und niemals das Ende Spiels gesehen habe.

Bei der Ankündigung eines neuen Battletoads hatte ich deswegen gemischte Gefühle: Einerseits freute ich mich über die Rückkehr der außergewöhnlichen Charaktere, anderseits waren die Erinnerungen an den hohen Schwierigkeitsgrad des Vorgängers dann doch ein Grund, warum ich es eigentlich nicht mehr spielen wollte. Aber ich kann ich Entwarnung geben: Im neuen Abenteuer darf der Spieler zwischen drei Schwierigkeitsstufen auswählen: Kaulquappe, Kröte und Battletoad, wobei der Unterschied in der Gesundheit sowie der Stärke der Feinde und deren Respawn-Zeit liegt. Wer richtiges Retro-Feeling haben will, der nimmt natürlich die höchste Stufe, jedoch sollte man dabei darauf achten, dass es keine Möglichkeit gibt, diesen nachträglich zu ändern. Hat man sich über- oder unterschätzt hilft nur mehr ein Neustart.

Akt 1&2: Starker Beginn, …

Wie im Original beginnt auch das Reboot mit einer stilgerechten 2,5D Prügelorgie. Der Spieler schlüpft dabei in die Rolle von Rash, Zitz oder Pimple und kämpft sich den Weg durch Horden an Ratten, Pitbulls, Schweinen und anderen Monstern, nur um am Ende des ersten Spielabschnitts festzustellen, dass man die letzten 26 in einer Art virtuellen „Fantasy-Realität“ von Außerirdischen gefangen gehalten wurde und das heldenhafte Leben der Vergangenheit eine Lüge war. Gerade hier werden sich Genre-Fans sofort heimisch fühlen, denn das Gameplay bietet vor allem zu Beginn überdurchschnittliche Standardkost. Jeder der drei Kröten verfügt über spezifische Eigenheiten und abseits der Standard-Attacken auch über ein individuelles Move-Set. Trotz des sehr flotten Tempos und der zahlreichen Gegner sind die Spielmechaniken insgesamt jedoch eher simpel ausgefallen und dadurch vor allem für Einsteiger sehr zugänglich. Während sich im ersten Akt noch alles frisch und amüsant anfühlt, treten beim darauf folgenden Spielabschnitt aber leider auch schon die ersten Abnutzungserscheinungen ein. Minigames, Quicktime-Events sowie das aus dem Original bekannte Hooverboard-Rennen (inklusive Perspektivwechsel) lockern zwar das Spielgeschehen auf, und sorgen für den einen oder anderen Flashback – oder auch Lacher, jedoch fehlt es mit zunehmender Spieldauer an Abwechslung.

Akt 3&4: Nicht Fleisch, nicht Fisch – eher Einheitsbrei

Wie auch das Battletoads aus dem Jahr 1991 ist das aktuelle Reboot kein reines Beat’em Up, sondern ein sehr wechselhafter Genremix, was sich dann vor allem in der zweiten Hälfte des Spiels bemerkbar macht. Hier bestreitet man zunächst mit einem kleinen Raumschiff klassische Vertikal-Shooter Spielabschnitte, nur um dann ein paar Levels später mit seiner Figur über 2D-Plattformen zu hüpfen und rudimentäre Schalterrätsel zu lösen. Grundsätzlich also alles wie im Original, jedoch wurden damals die verschiedenen Spielelemente viel kreativer miteinander kombiniert. Im Reboot wirkt dagegen alles etwas uninspiriert und zerlegt man das Spiel in seine Einzelteile, wirken diese maximal mittelmäßig. Nach gut 4-5 Stunden haben wir dann auch den letzten Endgegner besiegt und das Universum erneut gerettet – dieses Mal aber wirklich. Wer das übrigens nicht alleine machen will, der kann es sich mit zwei Freunden auf der Couch gemütlich machen und Battletoads wie früher gemeinsam im Koop-Modus spielen – alleine darf man dafür zwischen den Charakteren hin- und herwechseln.

Eine Frage des Stils

Entwickler Rare beschreibt den Stil von Battletoads als eine einzigartige handanimierten Cartoon-Optik, vollgepackt mit unvergesslichen Charakteren. Das kann ich genauso unterschreiben, wobei die visuelle Umsetzung ist sicherlich eine Frage des persönlichen Geschmacks ist. Mir gefällt aber die knallbunte Grafik, die mich mehr an eine Samstagmorgen-Zeichentrickserie erinnert, als an ein Videospiel und ich finde die Animationen cool, beispielsweise wenn sich Pimple dank Morph-Attacken in eine Lokomotive verwandelt oder Rash mit einem Gummihuhn seine Gegner vermöbelt. Das sieht alles sehr fetzig aus, jedoch leidet unter diesem Effektgewitter oftmals die Übersicht – besonders im Koop-Modus. Darüber hinaus wirken die Animationen nicht immer ganz flüssig und die Gags zünden nur in den wenigsten Fällen. Wirklich gut gelungen ist hingegen der rockige Soundtrack, der das Spielgeschehen stilgerecht untermalt. Die Qualität der englischen Synchronsprecher kann da nicht ganz mithalten und eine deutsche Tonspur fehlt sowieso. Als Ersatz gibt es lediglich lokalisierte Untertitel. Insgesamt kann die technische Umsetzung als gut bezeichnet werden, gröbere technische Mängel sind weder auf der XBox, noch auf dem PC aufgetreten.

FAZIT

Endlich, nach fast 17 Jahren habe ich letztlich ein Battletoads durchgespielt! Okay, nicht das Original sondern nur das Reboot und das war weder besonders schwer, noch hat allzu lange gedauert – deswegen bin ich jetzt auch nicht besonders stolz darauf. Aber einerseits bin ich über den einstellbaren Schwierigkeitsgrad sehr froh, andererseits habe ich mir von der Rückkehr der Kult-Kröten doch etwas mehr erwartet. Dabei beginnt das Abenteuer so vielversprechend, denn die Beat’em Up-Sequenzen machen ziemlich Laune und dank der humorvollen Zwischensequenzen in Cartoon-Optik, wird man sofort in das Spielgeschehen hineingezogen. Wenn es also das Ziel der Entwickler war, eine unterhaltsame, 30-minütige Episode einer Zeichentrickserie zu produzieren, dann haben sie es mit Bravour erreicht, spielerisch bleiben sie aber einiges schuldig. Die zahlreichen Minispiele unterbrechen zu oft den Spielfluss und die Shooter- sowie Hüpfeinlagen wirken aufgesetzt und oberflächlich. Vor allem eingefleischte Beat’em Up-Fans kommen aufgrund dieser sehr wechselhaften Genre-Kombinationen nicht auf ihre Kosten, diese sollten definitiv auf Alternativen wie das kürzlich erschienene Streets of Rage 4 ausweichen. Außerdem finde ich es schade, dass es keinen Online-Koop-Modus gibt, sondern das gemeinsame Spielen nur lokal möglich ist. Aber genug gemotzt, unterm Strich ist Battletoads ein kurzweiliger Zeitvertreib, mit minimalem Nostalgiefaktor.

Was ist Battletoads? Ein brandneues Abenteuer mit legendären Kröten-Charakteren
Plattformen: PC, Xbox One
Getestet: PC, Xbox One
Entwickler / Publisher: Dlala Studios / Microsoft Studios, Rare Ltd
Release: 20. August 2020
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test