BLINNK and the Vacuum of Space im Test

Was kommt dabei raus, wenn man ein Spiel von Grund auf für Personen mit besonderen Bedürfnissen entwickelt? Genau diese Frage haben sich Entwickler und Publisher Changingday Limited gestellt. Die Antwort darauf lautet, BLINNK and the Vacuum of Space! Ein VR Game, das speziell für Menschen mit Autismus entwickelt wurde.

Euch ist bestimmt schon einmal dieser Hinweis bezüglich epileptischer Anfälle zu Beginn eines Games aufgefallen. Auch Menschen ohne Epilepsie können auf diese Lichtreize reagieren und mitunter einen Anfall erleiden. Das macht einem wieder mal bewusst, dass Videospiele leider nicht für alle geeignet sind. Zwar wird in Sachen Barrierefreiheit sehr viel gemacht und die Möglichkeiten sind heutzutage wirklich großartig, dennoch sind etliche Games nicht für alle zugänglich.

Als ich von BLINNK and the Vacuum of Space gehört habe, war mir sofort klar, das Game muss ich unbedingt testen, nicht zuletzt da ich selbst eine neurodivergente Person in meiner Familie habe. Das Team von Changingday Limited mit Sitz in Glasgow war so freundlich mir das Game zur Verfügung zu stellen und ich konnte somit gleich loslegen.

Was erwartet uns?

Wenn wir in unserer Redaktion einen Spieletest beginnen, wissen wir eigentlich immer grob was uns erwarten wird. Manchmal wird geballert und manchmal gibt’s ’ne emotionale Story. Bei BLINNK and the Vacuum of Space hatte ich allerdings keine Ahnung was ich erwarten kann. Wird es sich überhaupt von anderen Spielen unterscheiden oder wird hier nur mit Marketing auf bestimmte Zielgruppen gesetzt? Die Neugier war riesig!

Wir beginnen VR-typisch mit den Einstellungen. Spielen wir stehend oder sitzend? Wie viel Platz haben wir um uns herum? Lautstärke für Sprache, Musik, Geräusche usw. Dann kommt schon die erste kleine Besonderheit, eine Untertitel-Einstellung die bei Dyslexie, also einer Lese-Rechtschreib-Störung helfen soll. Wird diese aktiviert, verändert sich zum Beispiel der Abstand zwischen den Buchstaben bzw. ganzen Worten.

Für jede Einstellung, die wir bestätigen, bekommen wir von einer freundlichen Erzählerin „One Million Thank Yous“ oder ähnliches. So haben wir das Gefühl gerade wirklich etwas Wichtiges entschieden zu haben. Bevor es wirklich in das Spielgeschehen geht, erklärt man uns noch unseren „Notausgang“. Zu jederzeit und egal wo im Spiel können wir durch einen Knopfdruck auf unser Armband sofort in unseren ganz persönlichen Ruheraum wechseln. Ein heller und neutraler Raum, in dem wir einzig mit sanften Wassergeräuschen konfrontiert werden und uns einfach entspannen können.

Spielablauf!

In einem Labor begrüßt uns ein Bildschirm-Roboter namens Blinnk und erklärt uns, dass die sogenannten Groobs, kleine schleimige Wesen, entkommen sind und wir sie wieder einfangen müssen. Dazu müssen wir ganz Norpopolis absuchen und mit einem Staubsauger, dem Vacuumizer 5000 jeden Groob einsaugen den wir finden.

Natürlich erwartet uns hier keine Open-World oder riesige Weltraumlevel. Ganz im Gegenteil, die Gebiete sind teilweise aus dem Alltag gegriffen und kommen einem daher sehr vertraut vor. Mal müssen wir Roboter auseinander nehmen und defekte Teile austauschen, ein anderes Mal helfen wir beim Zahnarzt aus und müssen den Monsterpatienten den Zahnbelag mit einer Düse entfernen und anschließend polieren. Ein genaues Vorgehen wird hier erwartet. Auch Geduld ist gefragt, denn nicht nur im Wartezimmer, sondern auch im Behandlungsraum muss man einfach mal kurz warten bis der Patient Platz genommen hat und wir von der Ärztin unsere Anweisungen erhalten haben. Beschleunigen können wir hier nichts.

Besonders toll ist, dass uns Blinnk immer an der Hand nimmt, wenn wir zum Beispiel in die Arztpraxis gehen oder wir an Warteschlangen mit vielen fremden Wesen vorbeimüssen. Er zieht uns also buchstäblich aus der Situation heraus.

Mein absoluter Lieblingslevel war der Flughafen. Hier übernehmen wir die Aufgabe der Sicherheitskontrolle. Wir röntgen Gepäck, öffnen es, nehmen den Inhalt heraus und testen diesen mit verschiedenen Geräten für Flüssigkeiten oder feste Gegenstände. Wenig überraschend befindet sich im Behälter mit der Aufschrift „definitiv kein Gift“ nichts Gutes und wir müssen ihn entsorgen. Verbrennen, schreddern oder mit Laserstrahlen pulverisieren, was darf es sein? Den Rest räumen wir wieder in den Koffer. Während wir so ein Gepäckstück nach dem anderen kontrollieren, müssen wir natürlich noch auf Groobs achten. Die finden wir oft im Gepäck oder irgendwo im Level verstreut. An unserem Arbeitsplatz haben wir auch ein kleines Radio, auf dem wir unterschiedliche Musikstücke oder Hintergrundgeräusche auswählen können. Damit uns das alles aber nicht überfordert, können wir einige Regulierungen vornehmen. Wie schnell soll das Förderband oder wie laut das Radio sein? Einfach einstellen. Verlieren oder gar sterben kann man in BLINNK and the Vacuum of Space nicht. Fehler werden angezeigt aber niemals mit Konsequenzen bestraft.

Langweilig oder entspannend?

Für einige von euch klingt das alles nach purer Langeweile und andere greifen vielleicht selbst ab und an zu sogenannten Cosy Games um nach einem harten Arbeitstag zu entspannen. Da wird dann stundenlang Rasen gemäht oder Hausfassaden mit einem Hochdruckreiniger bearbeitet. Im Falle von BLINNK and the Vacuum of Space geht es nicht darum abzuschalten oder zu entspannen, sondern im richtigen Ausmaß zu fordern. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass es hier nicht um neurotypische Personen geht, sondern um Menschen deren Reizschwelle ganz woanders liegt. Menschen im Autismus-Spektrum nehmen ihre Umwelt unterschiedlich wahr. Manchmal sensibler, manchmal gewisse Dinge kaum bis gar nicht. Oft werden Alltagsabläufe penibel durchgeführt bis die Person damit einhundertprozentig zufrieden ist. Kontrolle abgeben ist für diese Menschen oft unmöglich. Eine Überempfindlichkeit auf Licht, Geräusche oder Berührungen sind auch nicht selten. Das alles sind nur Bruchteile von den Dingen die neurodiverse Personen von neurotypischen unterscheidet und so war es gewiss nicht einfach ein Spiel zu entwickeln das genau diese Punkte berücksichtigt und sich an sie anpasst. Changingday Limited waren dabei aber erfolgreich und haben so weit ich das beurteilen kann ein liebevolles Spiel für all unsere Mitmenschen mit besonderen Bedürfnissen geschaffen.

Zusammenfassung

Passende Beiträge

Mandragora erscheint am 17. April 2025 für den PC

Flint: Treasure of Oblivion erscheint am 17. Dezember

War Robots: Frontiers-Playtest – Mech-Action auf PlayStation und Xbox