Capcom Beat ‚Em Up Bundle im Test

Retro liegt derzeit voll im Trend. Während Hardware-Hersteller sehr erfolgreich diverse Mini-Ausgaben von alten Konsolen und Heimcomputern unter die Leute bringen, veröffentlichen Software-Produzenten ihre alten Klassiker auf modernen Plattformen. Auch Capcom springt auf diesen Zug auf und vereint gleich eine ganze Sammlung von Prügelspielen im Capcom Beat’em Up Bundle. Lohnt sich diese Reise in die Vergangenheit oder färbt die Nostalgiebrille wieder einmal alles etwas rosiger, als es in Wirklichkeit ist?

Ein typisches Beat ’em up zeichnet sich durch folgende Spielelemente aus: Vertikal oder meist horizontal scrollende Levels, in denen ein oder mehrere Spieler Gegner abwehren müssen. Anders als in  Jump’n’Run Games existieren hier wenige bis gar keine Geschicklichkeitseinlagen, sondern es steht der kämpferische Aspekt im Vordergrund – daher auch der Name Beat ’em up („Schlag sie zusammen“). Obwohl Kung-Fu Master vom Entwickler-Studio Irem als Begründer des Genres gilt, so richtig populär wurde es aber erst, als Taito im Jahr 1987 das Spiel Double Dragon für Arcade-Automaten veröffentlichte. Das darauffolgende Jahrzehnt zählt zu der „Goldenen Ära“ der Beat ’em up Spiele und hat solche Klassiker wie Golden Axe (Sega) oder auch Teenage Mutant Ninja Turtles (Konami) hervorgebracht.

Eine Firma welche dieses Zeitalter maßgeblich mitgeprägt hat, war der japanischer Videospielentwickler Capcom. Auf ihr Konto gehen einige sehr bekannte Genrevertreter. Gleich sieben davon haben sie in der Sammlung Capcom Beat’em Up Bundle vereint und mit mehreren Multiplayer-Optionen, Online-Modi und Bonus-Material, wie zusätzliche Galerien, aufgepeppt.

Ein Hersteller, ein Genre, sieben Spiele

Der bekannteste Vertreter in der Sammlung ist mit Sicherheit Final Fight. Dieser wurde etwa zwei Jahre nach Double Dragon veröffentlicht und orientiert sich nicht nur spielerisch daran, sondern auch in Sachen Hintergrundgeschichte. Hier ist es die Tochter des ehemaligen Wrestlers und nunmehrigen Bürgermeisters vom Metro City, Mike Haggar, welche von der gefürchteten „Mad Gear Gang“ entführt wurde. Gemeinsam mit ihrem Freund, dem Straßenkämpfer Cody, und dem amerikanischen Ninja Guy, machen sie sich auf die Suche nach Jessica. Genretypisch bewegt man sich dabei von links nach rechts, kann mit Fäusten und Füßen kämpfen, aber auch Waffen, wie Messer oder Eisenstangen, verwenden, um damit – wahlweise auch gemeinsam mit einem Mitspieler – die Gegner zu verprügeln. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Levels, an deren Ende jeweils ein Bossgegner wartet.

Captain Commando ist quasi ein Spin-Off von Final Fight. Es spielt zwar abermals in Metro-City, aber in einer futuristischen Zukunft. Hier gibt es gleich vier verschiedene Charaktere und auch das Spielerlimit wurde um die selbe Zahl erhöht. In Sachen Gameplay und Steuerung unterscheidet es sich aber kaum vom indirekten Vorgänger.

The King of Dragons ist dagegen in einer Fantasy-Welt angesiedelt und die Aufgabe der Spieler ist es, den Roten Drachen zu besiegen. Erstmalig kommen auch Rollenspiel-Elemente hinzu, denn die fünf verschiedenen Charakterklassen (Krieger, Elf, Zwerg, Mönch und Zauberer) haben nicht nur unterschiedliche Fähigkeiten, sondern können auch stufenweise aufsteigen, um so ihre Attribute wie Gesundheit oder Angriffsstärke zu verbessern. Bis zu drei Spieler können hier gemeinsam antreten und abgesehen von den genannten Besonderheiten, ist The King of Dragons ein typischer Genrevertreter. Auch Knights of the Round ist im mythologischen Mittelalter angesiedelt und nimmt sich der Legende von König Artus an. Hier gibt es mit Arthur, Lancelot oder Perceval drei spielbare Charaktere und das Gameplay orientiert sich an jenen der Genrekollegen. Ein neues Feature ist das Pferd. An vorgegebenen Punkten im Spiel können die Charaktere ein Reittier besteigen und die Gegner hoch zu Ross bekämpfen. Aber auch die Pferde selbst können auf Feinde treten, indem man den Joystick zweimal nach vorne drückt.

Warriors of Fate basiert auf dem Manga Tenchi wo Kurau und gehört zur Dynasty Wars-Spielreihe. Insgesamt stehen die Fünf Tigergeneräle der Shu Han zur Auswahl und bis zu drei Spieler können gleichzeitig versuchen, den bösen Herrscher Akkila-Orkhan zu bezwingen. Auch hier kann man auf Knopfdruck ein Schlachtross herbeirufen, welches den Charakteren beispielsweise mehr Angriffsstärke verleiht.

Die beiden Titel Armored Warriors, als auch Battle Circuit glänzten bislang auf Konsolen und Heimcomputern durch ihre Abwesenheit und waren bis dato nur Spielhallen-Besuchern vorbehalten. Beide verfügen über ein futuristisches Setting und können einige Neuerungen aufweisen. In ersterem steuert man beispielsweise Mechs, welche man mit diversen Einzelteilen verbessern kann. Außerdem gibt es in den Levels verschiedene Missionen zu erfüllen, wie etwa ein Zeitlimit nicht zu überschreiten oder das Eliminieren einer variierenden Anzahl an Feinden. In Battle Circuit können bis zu vier Spieler gleichzeitig antreten, die jeweils einen von fünf Charakteren steuern. Mittels so genannter „Upgrade-Discs“ können Fertigkeiten verbessert werden und spezielle, gemeinsame Team-Attacken ermöglichen Angriffe mit sehr hohen Schaden.

Des Kaisers neue Kleider

Die spielerischen Unterschiede der einzelnen Titel sind nur marginal – mehr oder weniger bekommt man immer das gleiche Spiel in einem anderen Grafikgewand präsentiert. In Sachen Optik und Sound hält man sich dabei sehr nahe an den Originalen – ohne merkliche Verbesserungen  – und so wird das Spielgeschehen in einem pixeligen 4:3-Bild dargestellt, welches von austauschbaren Hintergründen umrahmt wird. Neuerungen findet man vor allem im Mehrspielerbereich, denn erstmalig darf auch in einem Online-Modus gemeinsam gespielt werden. Leider sind die verschiedenen Lobbies sehr spärlich gefüllt und so ist das Zustandekommen einer Partie eher ein glücklicher Zufall. Ebenfalls neu hinzugekommen ist der einstellbare Schwierigkeitsgrad, bei dem man etwa Continues oder Anzahl der Leben bestimmen kann. Wer also auf das typische Spielhallen-Gefühl verzichten will, der kann quasi mit einer unendlichen Menge an Münzen problemlos alle sieben Spiele in wenigen Stunden durchzocken.

FAZIT

Mein Glück, dass ich vor knapp 25 Jahren keines dieser Games in einer Spielhalle meiner Nähe zocken konnte, denn mein Geldbeutel hätte sich vermutlich bis heute nicht davon erholt. Heutzutage bin ich aber scheinbar nicht nur anspruchsvoller geworden, sondern als bekennender Retro-Liebhaber auch schon vorsichtig, wenn jemand mit dem Nostalgie-Bonus punkten will. Bei Capcom Beat’em Up Bundle ist dieser Vorbehalt durchaus angebracht, denn obwohl sich das Genre natürlich weiterentwickelt hat, die einzelnen Titel der Sammlung bieten pures Old-School-Gameplay – sowohl im positiven, wie auch negativen Sinne. Besonders am Beispiel von Final Fight, welches mir am Commodore Amiga noch schlaflose Nächte bereitet hat, kann man deutlich sehen, dass die Spielmechaniken und die teils sehr simplen Steuerungsmöglichkeiten heutzutage überholt sind. Dazu kommt noch, dass aufgrund des einstellbaren Schwierigkeitsgrades der spielerische Anspruch nahezu gegen null geht. Meine persönlichen Highlights der Sammlung sind Armored Warriors und Battle Circuit, aber nicht so sehr wegen ihrer spielerischen Qualitäten, sondern weil ich sie aufgrund ihrer Arcade Automaten-Exklusivität bislang noch nie ausprobieren konnte. Da auch das Bonus-Material überschaubar ist und man trotz Online-Modus kaum andere Spieler findet, muss man wirklich schon ein sehr großer Genre-Liebhaber sein, um sich längerfristig mit dem Bundle beschäftigen zu können.

Was ist Capcom Beat ‚Em Up Bundle? Eine Sammlung von sieben Beat ‚Em Up Klassikern aus dem Hause Capcom
Plattformen: PC, PS4, Xbox One, Nintendo Switch
Getestet: PS4
Entwickler / Publisher: Appeal / BigBen Interactive
Release: 18.09.2018
Link: –

Gesamtwertung: 5.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 4 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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