Wollt ihr mit eurem kleinen Team von Elitesoldaten einen Auftrag in einer dystopische Welt absolvieren, immer im Kampf auf Leben und Tod mit hirnlosen Mutanten und gnadenlosen Fanatikern? Zwischen den Kämpfen werdet ihr in eine fesselnde Geschichte von Verrat und Verschwörung geworfen, die eure bisherige Weltansicht auf den Kopf stellt. Ich sage nur – her mit Chains of Freedom!
Es gibt Spiele, auf die freue ich mich bereits jahrelang, bevor sie tatsächlich erscheinen. Und dann gibt es Spiele, von denen habe ich noch nie gehört, und plötzlich werden sie veröffentlicht. Keine umfangreiche Werbekampagne, keine Präsentation auf einer Messe, kein Pressetermin – zumindest nichts, wo ich dabei war. Chains of Freedom ist so ein Spiel. Andernfalls wäre ich schon monatelang sabbernd vor meinem Rechner gesessen und hätte auf den Release gewartet – das Spiel vom litauischen Publisher Nordcurrent Labs ist nämlich genau nach meinem Geschmack!
Das post-apokalyptische Szenario spielt in einer Welt, in der ein Meteorit auf der Erde eingeschlagen ist und eine tödliche Seuche verbreitet hat. Die bisherige Ordnung ist zusammengebrochen, und eine neue Diktatur hat die Macht an sich gerissen. Unter der Führung des allmächtigen Anführers (der ausschaut wie Kim Jong-un) wurde Ordnung geschaffen – und jede Opposition wird brutal bekämpft, egal ob mutierte Menschen, Schmuggler, Rebellen, oder einfach jeder, der sich nicht unterwirft. Und wir spielen Soldaten des Regimes. Wir sind die Friedensbringer, die ohne zu Zögern jeden Widerstand auslöschen.

Lang Lebe unser Führer!
Chains of Freedom ist ein brutales, rundenbasiertes Strategiespiel. Ihr steuert eine kleine Gruppe von Soldaten durch eine post-apokalyptische Landschaft voller tödlicher Gegner. Die Erkundung der (recht linearen) Abschnitte (allerdings mit versteckten Ressourcen oder sonstigen Überraschungen) erfolgt in Echtzeit. Wir marschieren also mit unserem Trupp (wir können jederzeit den direkt gesteuerten Soldaten wählen, die anderen laufen ihm brav hinterher) durch die detailliert dargestellte 3D-Umgebung und können die Ansicht von allen Seiten betrachten. Wir können unseren Trupp auch aufteilen, das ist manchmal sogar notwendig, um Puzzles zu lösen. Es kommt immer wieder zu kleinen Zwischensequenzen, im Regelfall automatisch ablaufende Gespräche in unserem Team oder auch mit NPCs/Gegnern. Türen werden geöffnet, Leitern benutzt, Ressourcen eingesammelt, und Gegner manchmal bereits aus der Ferne entdeckt. In diesem Fall kann es möglich sein, sich in Echtzeit an den Gegnern vorbei zu schleichen. Werden wir entdeckt (oder sieht es das Spiel so vor), kommt es jedoch zum Kampf, und das Spiel schaltet in den rundenbasierten Kampfmodus um.
Der Kampf orientiert sich natürlich am Genreprimus XCOM. Jeder unserer Soldaten hat eine bestimmte Anzahl von Aktionspunkten, mit denen er bestimmte Handlungen setzen kann. Im Regelfall sich bewegen und schießen, aber je mehr Ausrüstung wir mit uns tragen und je besser unsere Soldaten werden, desto mehr ganz unterschiedliche Aktivitäten können sie ausführen. Nachladen, Granaten oder Molotov-Cocktails werfen, Bandagen anlegen oder verletzte Kameraden heilen bzw. wiederbeleben, Waffen wechseln, Gegenstände vom Boden aufsammeln, mit dem Enterhaken nach oben klettern, im Nahkampf zuschlagen, Pillen schlucken und noch einiges mehr erweitern unsere Handlungsoptionen beträchtlich. Nur Lebensmüde bleiben im Freien stehen, ihr solltet natürlich immer rasch hinter irgendetwas in Deckung gehen. Unsere Soldaten können auf Leitern klettern und erhalten einen Bonus für das Feuern aus erhöhten Positionen. Generell seht ihr immer vor jedem Schuss, wie hoch eure Trefferchance ist. Verglichen mit anderen Spielen treffen sehr viele der abgefeuerten Schüsse auch ihr Ziel – leider auch die Schüsse unserer Feinde.
Charaktere haben Hitpoints, wenn diese auf 0 absinken sterben sie (Gegner) oder werden ausgeknockt (eure Soldaten) und können binnen drei Runden wiederbelebt werden – sonst sind sie tot und das Spiel ist zu Ende. Es wird automatisch gespeichert, ihr könnt den verlorenen Kampf also meistens rasch neu starten. Zusätzlich können manuelle Spielstände angelegt werden.
Dr. Svetlov muss sterben!
Die Geschichte ist gut gemacht. Sie ist weitgehend linear und mit gescripteten Ereignissen, auch wenn manche versteckte Räume optional sind. Wir spielen ein Team von vier Elitesoldaten des Regimes, die den in einer abgelegenen Gegend lebenden Rebellenanführer Dr. Svetlov erledigen sollen. Unser Hubschrauber wird aber bereits zu Beginn abgeschossen, unser Team landet mit dem Fallschirm an unterschiedlichen Orten. Der Pilot wird in eine Höhle gezerrt und getötet, einer unserer Soldaten wird ebenfalls nicht sonderlich alt.
Zuerst zu zweit, dann zu dritt, durchstreifen wir die Gegend. Feindlich gesinnte Dorfbewohner, durch die Seuche mutierte Einheimische (darunter auch stark mutierte und daher extrem gefährliche Mutanten), danach besser bewaffnete Schmuggler und bald auch die kampferprobten (und gut ausgerüsteten) Soldaten unseres Zielobjektes stellen sich uns in den Weg. Der Anführer unseres Teams gibt den Weg klar vor – den mutierten Einheimischen kann ohnehin niemand mehr helfen, Schmuggler und vor allem die Anhänger von Dr. Svetlov sind vom rechten Weg abgekommen und Schuld an der herrschenden Anarchie und müssen daher eliminiert werden. Werden wir im Laufe des Spieles unsere Meinung noch ändern?
Bio-Kristalle
Ihr habt ein gemeinsames Inventar, wo ihr euren Soldaten eine primäre (Gewehr, Schrotflinte, Armbrust…) und sekundäre Waffe (Pistole, Messer, Golfschläger…) zuweisen könnt. Dazu kommen ein paar wenige Slots für weitere Ausrüstung (Granaten, Heilmittel). Findet ihr Panzerplatten, könnt ihr diese anlegen, wodurch bei Treffern zuerst die Panzerung reduziert wird, bevor eure Männer Schaden nehmen. Leider begegnen euch auch sehr bald viele schwer gepanzerte Gegner. In einem weiteren Menü könnt ihr Gegenstände herstellen. Munition für die verschiedenen Feuerwaffen (Schrot, Gewehr, Pistole, Armbrust), Bandagen oder Handgranaten – allerdings benötigt ihr dafür natürlich die entsprechenden Zutaten, die ihr zuvor in der Gegend finden müsst. Diese Ressourcen sind dummerweise immer recht knapp bemessen.
Und dann gibt es noch einen dritten Punkt – die Bio-Kristalle. Ihr findet im Spiel sehr bald verschiedene Kristalle, die sich seit dem Meteoreinschlag auf der Welt ausbreiten. Ihr seit grundsätzlich gegen die tödlichen Auswirkungen des Meteors immun (weil geimpft), aber durch die Kristalle könnt ihr euren Leuten zusätzliche Fähigkeiten (aktiv oder passiv) geben. Jeder Soldat hat eine bestimmte Anzahl von freien Slots, wo ihr die gefundenen Kristalle einsetzen könnt. Ihr habt bald eine beträchtliche Auswahl an Kristallen zur Auswahl, und findet auch immer wieder Orte, an denen ihr zusätzliche Slots für eure Soldaten freischalten könnt. Dieser Upgradebaum für eure einzelnen Teammitglieder erlaubt euch eine weitere Individualisierung eurer Männer (die ohnehin bereits von Anfang an alle ein wenig unterschiedlich sind).
Die Steuerung am PC erfolgt entweder klassisch mit Maus und Tastatur, oder ihr spielt das Game auf der Couch am Fernseher (die Texte sind groß genug) und mit dem Gamepad in der Hand – die Steuerung funktioniert ausgezeichnet. Am PC wird nicht nur der DualShock 4 Controller unterstützt – sondern ihr könnt sogar sein integriertes Touchpad zum Drehen der Ansicht verwenden – absolut vorbildlich. Die hervorragende Controller-Unterstützung kommt natürlich nicht von irgendwoher, sondern ist für das Spiel auch absolut notwendig. Es ist ja neben dem PC (Steam, Epic Store, GOG) auch für die PlayStation 4/5 und die Xbox X|S sowie One erschienen.
Zusammenfassung
FAZIT
Chains of Freedom war eine sehr positive Überraschung. Gut gemachte rundenbasierte Kämpfe in einer brutalen, straff erzählten Story in einer post-apokalyptischen Welt – ganz mein Geschmack. Die ersten Stunden waren fantastisch, dann hat jedoch der Schwierigkeitsgrad ordentlich angezogen, und die Kämpfe sind recht fordernd geworden. Deutliche numerische Unterlegenheit sowie kaum Munition und Heilmittel machen es euch nicht leicht. Auch die eigentlich toll funktionierende Benutzerführung war manchmal mühsam – warum kriege ich volles Pfund ab, wenn meine Soldaten doch hinter einer Mauer in Deckung sind und ich auf die Gegner nicht einmal zurückschießen kann? Warum kann ich meine Bombe nicht über eine kleine Mauer werfen? Warum kann man keinen Zug zurücknehmen, wenn man sich unabsichtlich verklickt hat? Mag an mir liegen, aber ein Spaziergang sind die Kämpfe bald nicht mehr. Das Spiel ist nichts für Weichlinge – wer Lust auf anspruchsvolle rundenbasierte Kämpfe hat, wird allerdings in Chains of Freedom gut bedient.