Chivalry 2 im Test

Blut spritzt in mein Gesicht, während der abgetrennte Kopf meines Widersachers elegant durch die Luft segelt. Wieder ein Zweikampf gewonnen. Vorwärts für Agatha! Noch haben wir die Schlacht nicht gewonnen und die Verräter des Mason-Ordens besiegt!

Mit Chivalry 2, über dessen Open Beta wir schon hier berichtet haben, ist Anfang Juni nun die Release Version des aktuellsten Vertreters des Multiplayer-Schwertkampf-Genres auf PC und Konsolen erschienen. Grafisch opulenter inszenierte Nahkämpfe findet ihr in keinem anderen Spiel. Aber macht das Spiel auch Spaß?

Nahkampf mit dem Schwert

Chivalry 2 vom in Toronto ansässigen kanadischen Entwicklerstudio Torn Banners ist der Nachfolger des 2012 erschienenen Chivalry: Medieval Warfare. Die Hintergrundgeschichte wird zwar im Spiel detailliert beschrieben, ist aber im Kern einfach zu verstehen. Es kämpfen die Ritter von Agatha in blauen Rüstungen gegen den Mason-Orden mit roten Rüstungen. Die Geschichte ist für die Teilnahme am Spiel aber nicht wichtig – man sollte einfach jeden töten, der nicht die selbe Farbe wie man selbst hat. Und Bitte nach Möglichkeit bei den hektischen Gefechten keine Gliedmaßen verbündeter Kämpfer abtrennen, die finden das nämlich meistens nicht so lustig. Das reicht fürs erste, später kann man dann auch sein Team beim Erfüllen der Missionsziele aktiv unterstützen, indem man beispielsweise einen Belagerungsturm anschiebt oder ein Tor zerstört.

Die Karten

Insgesamt gibt es aktuell acht verschiedene Karten mit jeweils unterschiedlichen Aufgabenstellungen. Entweder reine Deathmatches (Team oder FFA) oder Karten mit Missionszielen, die von den beiden Kampfparteien erreicht bzw. verhindert werden müssen. Dabei müsst ihr unter anderem Burgen erobern, Belagerungswaffen eskortieren, Gefangene befreien oder den Thronfolger ermorden. Stimmungsvolle Introsequenzen vor der Schlacht leiten die Gefechte ein, die dann in einzelnen Abschnitten jeweils bis zur Erreichung/Nichterreichung eines Zieles gespielt wird. Eine Kampagne oder einen Einzelspielermodus werdet ihr im Spiel nicht finden, Chivalry 2 ist ein reines online Multiplayerspiel. Dazu gibt es ein recht langes Tutorial, um euch den Einstieg zu erleichtern und die wesentlichen Bewegungs- und Kampfmöglichkeiten vorzustellen. Diese können auch in einem offline Trainingsmodus geübt werden. Weitere Karten sind angekündigt, die Entwickler wollen den aktuellen Umfang des Spieles in etwa verdoppeln. Hoffentlich schaffen sie das auch, denn derzeit sehnt man sich nach ein paar Tagen intensiven Spielens nach ein wenig mehr Abwechslung bei den Karten.

Eine präzise Steuerung erlaubt euch eine Vielzahl von Angriffen und Abwehraktionen, die ihr – solange ihr noch über genügend Ausdauer verfügt – durchführen könnt. Um gegen einen geübten menschlichen Gegner bestehen zu können, müsst ihr euch mit den verschiedenen Schlägen und Hieben ebenso wie mit dem Blocken oder Ausweichen feindlicher Angriffe auseinandersetzen und den Nahkampf üben – andernfalls ist es euer Kopf, der in kürzester Zeit durch die Luft fliegt. Ohne Kopf ist man schnell wieder am aktuellen Respawn-Punkt zurück, aber wenn ihr nur einen Fuß oder einen Arm verliert, könnt ihr durchaus noch weiter kämpfen. „Ist ja nur eine Fleischwunde“ würde der Schwarze Ritter aus Monty Python’s Die Ritter der Kokosnuß sagen. Auch nach dem Abtrennen von Gliedmaßen, ohne Waffe, mit schweren Verbrennungen und mit unzähligen Pfeilen, die in eurer Rüstung stecken könnt ihr noch weiterkämpfen… oder zumindest am Schlachtfeld herumkriechen, bis euch jemand heilt. Wie gut, dass es Bandagen gibt, um euch wieder zusammen zu flicken.

Das Kampfsystem ist durchaus komplex, es gibt für jede Waffe drei Angriffsarten (hoch, mittel, tief) und einen Stichangriff. Die Steuerung mit dem Controller funktioniert hervorragend, im Gegensatz zu Shootern ist das punktgenaue Zielen in Chivalry 2 nicht so wichtig, zumindest solange ihr keinen Fernkämpfer spielt. Wichtiger ist es, im richtigen Moment zu blocken, auszuweichen oder selbst mit einem leichten oder schweren Schlag anzugreifen. Wenn ihr einen gegnerischen Schlag blockt und dann sofort den selben Angriff wie euer Gegner ausführt, kann dieser ihn kaum abwehren. Sollte euer Gegenüber selbst blocken, tretet ihn einfach mit dem Fuß bevor ihr zuschlagt. Das Trefferfeedback ist echt gut gemacht, es schaut gut aus und hört sich herrlich an, wenn man mit seinem Schlag den Gegner trifft. Oder wenn man mit seinem Schild einen gegnerischen Angriff blocken kann. Die blutigen Animationen sind vielleicht ein wenig übertrieben, aber dafür umso befriedigender anzusehen. Je mehr Feinde ihr trefft, desto blutiger wird eure Waffe und eure Rüstung. Ach ja, man kann durch Drücken der P-Taste jederzeit von der First-Person in die Third-Person Ansicht (und vice versa) schalten.

Die Wahl zwischen vier Klassen

In Chivalry 2 könnt ihr für eure Figur zwischen vier grundverschiedenen Klassen wählen, die sich dann jeweils noch durch drei Unterklassen unterscheiden. Zwei der drei Unterklassen müssen erst freigespielt werden, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Jede Klasse kann aus einem Arsenal mittelalterlicher Waffen wählen. Insgesamt stehen rund 60 davon zur Auswahl, dazu 20 Schilder. Man kann mit drei Waffen unterschiedlicher Größe (beispielsweise großes Schwert, kleines Schwert und Wurfmesser) in die Schlacht ziehen. Es gibt auch noch einige weitere Gegenstände, die ihr in die Schlacht mitnehmen dürft – Nachschubkisten, Barrikaden, Fallen, Kübel voller Öl… da ist für jeden Geschmack was dabei. Es stehen aber nicht alle Ausrüstungen sofort zur Verfügung, viele müssen erst nach um nach freigeschalten werden.

Euer Kämpfer

Mein Liebling ist der schwer gepanzerte Ritter, der mit seinem Zweihänder-Schwert Gegner mit nur einem Schlag um Gliedmaßen oder den Kopf erleichtert. Leider ist der Ritter auch ein wenig behäbig. Wesentlich agiler sind die Figuren der Vanguard-Klasse (Vorhut), die aber nicht viel aushalten. Ein ordentlicher Treffer und sie sind tot… wenn sie nur mal stillhalten würden! Fußsoldaten mit ihren langen Spießen sind auch mühsam, denn die verfügen leider über eine enorme Reichweite. Aber wenn ich sie dann mit meiner schweren Streitaxt erwische, ist das umso befriedigender. Die letzte Klasse sind die Fernkämpfer, die mit Pfeil und Bogen kämpfen oder mit einer Armbrust aus dem Hinterhalt schießen. Ihre Pfeile und Bolzen könnt ihr mit dem Schild abwehren. Im Nahkampf haben sie dafür mit ihrem Minischwert keine Chance, diese feigen Typen. Ihr könnt eure Spielfigur optisch ganz nach eurem Geschmack modellieren. Hautfarbe, Augen, Bart, Kriegsbemalung, verschiedene Helme oder Rüstungen, Wappen und unterschiedliche Waffenskins stehen zur Auswahl… allerdings nur, wenn man genug Gold besitzt, das man durch das Spielen erbeutet (auch wenn man ein Match verliert). Es handelt sich dabei um kosmetische Gegenstände – das Kaufen von Vorteilen durch Gold ist nicht möglich. Gold kann aber auch mit echtem Geld erworben werden.

Mittelalterliche Geschütze

Auf den Schlachtfeldern sind immer wieder Kriegsgeräte zu finden, die ihr dann auch bedienen dürft. Katapulte oder Ballisten stehen zur Auswahl. Damit lassen sich ganze Horden von Gegnern ausschalten, wenn ihr denn trefft und lange genug am Leben bleibt. Einfacher (aber nicht unbedingt sinnvoller) ist es, sich mit dem Katapult durch die Gegend schleudern zu lassen. Generell kann man vieles aufheben, was so in der Gegend herumliegt. Große Steine, Kisten, Ambosse, Holzplanken, brennende Fackeln, oder auch abgeschlagene Köpfe eignen sich hervorragend als Wurfgeschosse. Das nenne ich Immersion!

Verbesserungen zum Vorgänger Chivalry: Medieval Warfare 

Die Grafik im Nachfolger schaut deutlich besser aus, was allerdings auch zu erwarten war, denn das 2012 erschienene Chivalry: Medieval Warfare hat nun doch schon einige Jahre am Buckel. Chivalry 2 wurde mit der Unreal Engine 4 entwickelt und reizt diese auch ziemlich aus. Die Spieleranzahl wurde von 32 auf bis zu 64 Spieler erhöht. Da ist einiges los auf dem Schlachtfeld! Chivalry 2 ist auf verschiedenen Systemen erschienen – die sich irgendwann alle auf den selben Servern vergnügen dürfen – Cross-play zwischen allen Systemen (PC und Konsolen) ist geplant. Derzeit funktioniert das aber noch nicht, es fehlen teilweise noch fundamentale Features (wie ein Server-Browser bei den Konsolen). Teilweise Abhilfe ist aber mit dem ersten großen Patch geplant, der in den nächsten Tagen erscheinen sollte. Fehlen auf einem der offiziellen Server menschliche Spieler, werden die freien Slots durch Bots aufgefüllt. Die sind leider nicht sonderlich klug, aber so kommt man leicht zu ein paar Siegen. Leider gilt dies auch für das gegnerische Team.

Vergleichbare Spiele

Chivalry 2 glänzt mit blutigen Nahkämpfen im Mittelalter in einem Genre, das immer im Schatten der klassischen Multiplayer-Shooter stand. Der erste große Hit bei den nur online spielbaren Multiplayer-Slashern aus der Ego-Perspektive war wohl Rune von Human Head Studios aus dem Jahr 2001, das ihr sogar heute noch auf Steam oder GOG kaufen könnt. Erst viele Jahre später ist dann War of the Roses von Fatshark erschienen, dessen Server aber leider schon seit Jahren heruntergefahren sind, ebenso wie die des 2014 erschienenen Nachfolgers War of the Vikings. Der direkte Konkurrent von War of the Roses war damals Chivalry: Medieval Warfare, das auch heute durchaus noch spielbar ist.

Aktuell hat man als Spieler die Qual der Wahl, in welchem Spiel man sich die Köpfe einschlagen will – neben Chivalry: Medieval Warfare oder Chivalry 2 wartet auch das ansprechende (und schwierig zu meisternde) Mordhau mit vergleichbarem Gameplay auf. Auch Ubisofts For Honor bietet euch mittelalterliche Nahkämpfe gegen menschliche Gegner.

Zusammenfassung

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