Close To The Sun im Test

Wenn man sich den Trailer zu Close To The Sun ansieht, dann kann man sich dem offensichtlichen Bioshock-Vibe nicht entziehen. Als ewiger Fan des noch gar nicht so alten Klassikers, macht das natürlich neugierig. Und so war ich sehr gespannt darauf, das Werk der kleinen italienischen Schmiede Storm In A Teacup in die Finger zu bekommen. Zumindest bis ich es dann endlich anspielen konnte.

Geschichte ganz anders

In einer alternativen Version der 30er Jahre, hat es Nikola Tesla (in der realen Geschichte zwar genialer, aber zu Lebzeiten kaum gewürdigter Wissenschaftler und Erfinder) geschafft, sich gegen seinen ewigen Rivalen Thomas Edison durchzusetzen. Mit seiner Erfindung der drahtlos übertragbaren elektrischen Energie bringt er es zu großem Ruhm und vor allem Reichtum, den er in den Bau und Betrieb der Helios steckt. Das riesige Schiff dient ihm als eine Art mobile Forschungseinrichtung, auf der er Experten aus allen Bereichen der Wissenschaft um sich schart, mit dem großen Ziel billigere und im Idealfall kostenlose Energie zu gewinnen.

Wir schlüpfen in die Rolle von Rose Archer, deren jüngere Schwester Ada eine der auf der Helios arbeitenden Wissenschaftler ist. Als sie einen mysteriösen und beunruhigenden Brief von Ada bekommt, macht sie sich schnellstens auf den Weg zu dem gigantischen Schiff. An Bord merkt sie sehr schnell, dass hier so einiges nicht mit rechten Dingen zugeht und so macht sie sich auf die Suche nach ihrer Schwester und muss bald feststellen, dass der Versuch, Energie aus anderen Dimensionen zu gewinnen, gehörig schiefgelaufen ist.

Ein Spaziergang durch das Geisterschiff

Also erreichen wir nach einer kurzen Überfahrt auf einer unbemannten Fähre, die gigantische Helios. In der Ego-Perspektive bewegen wir uns sehr gemächlich (ein Lauf-Button existiert zwar, der erhöht die tatsächliche Geschwindigkeit von Rose nur marginal) durch die schier endlosen Gänge, Hallen und Laboratorien des Schiffs. Recht schnell fallen uns zwei Dinge auf: Zum eine scheint Tesla denselben Geschmack wie Andrew Ryan aus Bioshock zu haben, denn die beiden nehmen augenscheinlich die Dienste desselben Innenarchitekten in Anspruch. Zum anderen scheint hier auf der Helios nicht allzu viel los zu sein.

Es dauert schon ein Weilchen bis man auf die ersten menschlichen Seelen auf dem Schiff stößt, und die sind leider schon tot. Womit wir gleich beim größten Makel an Close To The Sun angekommen wären. Denn hierbei handelt es sich zwar sehr wohl um ein Spiel, das sich optisch und atmosphärisch sehr stark (fast schon zu stark) an Bioshock orientiert, aber leider das komplette Gameplay des großen Vorbilds weglässt. Als Spieler verbringt man gut 80% seiner Zeit damit, sich von zwei (später drei) Stimmen über Funk durch das Schiff lotsen zu lassen. Dazu findet man Schlüssel, drückt Schalter oder sucht nach Safe-Kombinationen.

Und das war es auch schon – mehr oder weniger. An ein paar spärlichen Stellen im Verlauf trifft man auf Gegner, vor denen man aus Mangel an Bewaffnung nur fliehen kann. Das gestaltet sich leider weit weniger spannend als es sich vielleicht anhören mag, läuft die Sache doch einzig darauf hinaus einen bestimmten Punkt zu erreichen, ohne irgendwo falsch abzubiegen, um dann eine kleine Zwischensequenz zu triggern, die einem mitteilt, dass man den Verfolger nun los ist. Und das ist auch schon alles, was sich über das eigentliche Gameplay sagen lässt.

Zu nah an der Sonne

Man sieht Close To The Sun durchaus die großen Ambitionen seiner Macher an und sie machen auch einiges richtig. So ist die Geschichte, wenn auch nicht gerade wahnsinnig originell, durchaus imstande, einen bei der Stange zu halten. Das mag bei einer Gesamt-Spielzeit von gerade mal um die vier Stunden keine allzu große Leistung sein. Bedenkt man aber die Tatsache, dass echtes Gameplay kaum vorhanden ist, Rose sich äußerst dröge steuert und das Game auch mit einigen technischen Macken zu kämpfen hat, soll das schon was heißen.

Da wäre zum einen die grafische Inkonsistenz. Während man die Umgebungen und Levels der Helios, wenn auch ein wenig detailarm, als durchaus gelungen und mitunter sehr hübsch anzusehen bezeichnen kann, sind die Charaktermodelle, vor allem die Gesichter, einfach nur hässlich. Dazu kommt noch, dass sie teilweise mehr als nur holprig animiert wurden. Dafür gibt es dann an anderer Stelle wieder sehr hübsche Partikeleffekte zu bestaunen. Es wirkt fast so als wären die Charaktere direkt aus einer rudimentären Alpha-Version übernommen worden, während in dem Rest eine lange und ausgiebige Optimierung vergönnt war.

Leider trüben dann auch noch zwei recht unangenehme Bugs das Bild. So lädt das Spiel nach einiger Zeit weniger und weniger Texturen. Um so länger man spielt um so verwaschener sieht alles aus. Das Problem lässt sich zwar durch Änderungen der Grafikoptionen beheben, taucht aber nach einem Weilchen wieder auf. Auch ein Soundbug hat mir im Verlauf des Spielens zweimal den Nerv geraubt. Manchmal, am Ende einer Zwischensequenz, bleibt die Geräuschkulisse eben jener auch danach im weiteren Spielverlauf hängen. Und zwar solange bis man einen Speicherpunkt oder ein Level-Ende erreicht. Das kann, abhängig vom Inhalt der Cutscene, mehr als nur nervig sein.

FAZIT

In seiner Essenz ist Close To The Sun ein Walking Simulator. Das ist nichts grundsätzlich Schlechtes, das junge Genre hat durchaus schon die eine oder andere Perle hervorgebracht. Allerdings ist die Story, das fast schon einzige Zugpferd eines solchen Spiels, trotz sehr interessantem Ansatz, einfach zu schwach. Die kurze Spielzeit ist das Hauptargument, die Geschichte bis zum Ende zu erleben. Dazu kommen dann noch ein paar unschöne technische Probleme und schon bleibt nicht mehr viel von den großen Ambitionen übrig. Und das ist schade, denn das Potential ist eindeutig vorhanden.

Was ist Close To The Sun? Ein stark von Bioshock inspirierter Walking Simulator.
Plattformen: PC, PS4, XBox One
Getestet: Version 1.07 auf PC Intel Core i7-4770, 32GB RAM, GeForce GTX 980
Entwickler / Publisher: Storm In A Teacup / Wired Productions
Release: 02. März 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.0

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6

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