Cloudpunk und die Berliner Entwicklerszene

Für die meisten Gamer ist es ein Traum, selbst einmal für ein Spiel tätig zu werden. Gerade die Amerikaner locken mit Millionenbudgets die besten Programmierer für Ihre ausgefeilten Games an. An zweiter Stelle steht Japan, das ebenfalls für hohe Entwicklerkunst steht. Doch auch Europa hat eine junge und kreative Gaming Szene, die gerade in letzter Zeit ein paar besondere Blüten in Berlin treibt. Eine dieser Blüten ist zum Beispiel das Unternehmen ION LANDS, das mit Cloudpunk nun für den Deutschen Computerspielpreis 2021 nominiert wurde.

Wir wollen euch das Spiel, das zwar bereits 2020 veröffentlicht wurde, hier trotzdem noch einmal einmal kurz vorstellen und darüber hinaus einen Überblick bieten, was die Entwicklerszene in Berlin noch zu bieten hat.

Cyberpunk verspricht, was Cloudpunk hält

Wer in diesem Jahr auf der Suche nach einem neuen Game war, um sich die Corona-Lockdown-Zeit zu vertreiben, der wird an dem Hype um Cyberpunk 2077, dem heiß ersehnten Open World Titel von CD Projekt RED, nicht vorbeigekommen sein. Das Spiel, dessen Name genau beschreibt, was man zu erwarten hat, sollte ein Meilenstein werden. Mit bekannten Namen wie Keanu Reeves als animierte Spielfigur und einer gigantischen Welt aus skurrilen futuristischen Figuren verkaufte sich das Game an über 10,2 Millionen Spielerinnen und Spieler.

Doch schon bald kamen nach dem Release im Dezember 2020 die ersten negativen Rezensionen zurück. Das Game hat vor allem bei den Konsolenversionen starke Schwächen offenbart, die bei der Spielerschaft zu berechtigtem Unmut geführt haben. Sogar Todesdrohungen gegen das Entwicklerteam wurden ausgesprochen, was nicht nur strafbar ist, sondern auch moralisch in keinem Verhältnis zu dem steht, was die Entwicklerinnen und Entwickler hier insgesamt auf die Beine gestellt haben. Schließlich wurden und werden einige Fehler des Spiels mit Patches beseitigt.

Ein Teil der Spielerinnen und Spieler hätte die ganze Anspannung über das lange Warten auf das Spiel vielleicht bei einem Besuch in einem Casino ohne Einzahlung lösen können. Vielleicht hätte sie der Gewinn von 15 Euro gratis milder gestimmt. Noch besser wäre es für viele jedoch gewesen, hätten Sie sich zuvor Cloudpunk von ION LANDS angeschaut. Der bereits im April 2020 veröffentlichte Titel hat zwar keine Open World, ist dafür jedoch ein umfangreiches Adventure, das mit einigen Details aufwarten kann.

Dystopische Zukunftsfantasie und berührendes Storytelling

Denn ähnlich wie bei beim „großen Bruder“ Cyberpunk 2077 erzählt auch Cloudpunk von einer Zukunft, die stark an die Welt aus Blade Runner erinnert. Man spielt hier die Figur Rania, eine Musikerin, die in die Giga-City Nivalis kommt, um dort Geld zu verdienen. Da in dieser düsteren und gefährlichen Stadt Jazzmusik verboten ist, soll der Aufenthalt nicht lange dauern.

In der Zwischenzeit verdingt sich die sympathische Rania Ihren Lebensunterhalt bei dem illegalen Kurierservice Cloudpunk. Dort steuert sie als Fahrerin eines fliegenden Autos von einem Ort zum nächsten, um Pakete zu ihren Kunden zu bringen. Mit ihr erkunden auch wir die ominöse Stadt als Neulinge. Was in den Paketen ist, bleibt meist ein Geheimnis, denn Rania ist dazu da, Kurierin zu sein und keine Fragen zu stellen.

Dass das im Verlauf des Spiels nicht immer so bleibt, da die einzigartigen Pakete manchmal sogar beginnen, mit Rania zu sprechen, ist Teil der ausgeklügelten Story. So erfährt man bald, dass ein Megakonzern die Stadt im Griff hat und auch, dass Ranias Job nicht unbeobachtet bleibt. Das Spiel spart auch nicht an Emotionalität, da es hier nicht nur darum geht, Rätsel zu lösen und die Welt zu erkunden. Verlässt man die Handlung und hält für eine Weile in der Welt inne, begegnet man Androiden mit eigenen tragischen Geschichten oder findet Neues über die Stadt Nivalis heraus.

Der Look des Spiels steht mit seiner Voxel-Grafik in keinem Verhältnis zu dem millionenschweren, wenn auch fehlerhaften Cyberpunk 2077. Tatsächlich erinnert es eher an das alte Prince of Persia. Die fliegenden Autos sehen aus wie Lego-Baukästen. Das heißt aber nicht, dass das Spiel nicht trotzdem beeindruckend ist. Die Welt macht mit seinen gigantisch hohen Wolkenkratzern, den Fahrbahnen in den Wolken und den Straßenschluchten, die Läden und Restaurants in einer Mischung aus New York und Japan zeigen, neugierig, sie zu erkunden.

Überall sieht man, dem Cyberpunk-Thema geschuldet, Neonlichter und mit Implantaten ausgestattete Menschen herumlaufen. Zusammen mit dem Soundtrack, der ebenfalls sehr an die sphärischen Klänge in Blade Runner erinnert, gibt das dem Spiel trotz der Großstadtkulisse einen fast schon meditativen Charakter. Begleitet wird die Handlung außerdem von stetigen Dialogen via Headset mit dem Androiden Camus, der KI des fliegenden Autos, oder dem Chef von Cloudpunk, der Rania Anweisungen zu weiteren Kurierfahrten gibt und sie auch sonst begleitet.

Cloudpunk – City of Ghosts

Seit der Veröffentlichung von Cloudpunk waren die Entwickler nicht untätig und haben an einem DLC namens City of Ghosts gewerkelt, die Erweiterung soll in Kürze auf Steam erhältlich sein. Sie setzt die Story quasi fort und knüpft direkt an den Hauptplot des Spiels an und erzählt die Geschichte von Kurierfahrerin Rania weiter.

Die Berliner Entwicklerszene holt auf

Cloudpunk ist derzeit sicherlich das beeindruckendste Spiel aus Berlin, das auch international Erfolge feiern konnte. Neben diesem Titel haben es jedoch mehrere Spiele von Entwicklerteams aus Berlin dieses Jahr in die Nominiertenliste des Deutschen Computerspielpreises geschafft. Darunter finden sich zum Beispiel Curious Expedition 2 von Maschinen-Mensch oder Dorfromantik von Toukana Interactive, beide nominiert in der Kategorie “bestes Familienspiel”. Nominiert für die Kategorie “bestes Nachwuchsspiel” ist außerdem Penko Park von Ghostbutter, ein junges Berliner Unternehmen.

Die Berliner Entwicklerszene ist bei dem renommierten Preis in diesem Jahr somit stark vertreten. Außerdem wurde verkündet, dass einige Indie-Games, die die New-Media-Förderung vom Medienboard Berlin-Brandenburg für Computerspiele gewonnen haben, diese mittlerweile zurückzahlen konnten. Das bedeutet, dass die Spiele nicht nur inhaltlich von hoher Qualität sind und dadurch vom Land gefördert wurden, sondern auch Ertrag an das Land zurückbringen. Denn die Förderung ist nur als Darlehen gedacht. Es zeigt sich damit, dass Indie-Games nicht nur Nischenprodukte sind, die keiner kennt und spielen will.

Sie sind rentabel und Investitionen für Unternehmen mit mehr Budget lohnen sich somit. Da Berlin auch außerhalb der Gaming-Szene noch immer die Jugend anzieht und über eine große Startup-Kultur verfügt, ist das Potential für weitere Entwicklerteams groß. Es lohnt sich daher, die Augen auch für kleine Projekte offen zu halten.

Dabei ist die Berliner Szene zwar noch lange nicht auf dem gleichen Level wie New York oder Tokio, dennoch findet sich hier ein Trend, der wichtig ist für den Standort Deutschland, der mit solch positiven Schlagzeilen und einem neuen Mekka für Entwicklerinnen und Entwickler in der Hauptstadt nur gewinnen kann.

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