Concrete Genie im Test

Videospiele rufen allerlei Emotionen in uns wach: vom Adrenalinkick in strategischen oder auch actionreichen Kämpfen über die Befriedigung, schwierige Puzzles gelöst zu haben, bis hin zum stolzen Gefühl, ein waschechter (virtueller) Held zu sein, der allein die Welt und all ihre Bewohner retten kann. Und dann wären da noch Spiele, die uns einfach glücklich machen – mit wundervollen, rührenden Geschichten, einer märchenhaften Präsentation und einer gehörigen Portion Magie – und Concrete Genie schlägt genau in letztere Kerbe.

Eine Welt in grau und bunt

Das Setting von Concrete Genie führt uns in das ehemals idyllische Fischerdorf Denska, das nach einer Ölpest nach und nach ausstarb und nun einer weniger freundlichen Jugendbande als Hauptquartier dient. Unser Charakter, Ash, lebte hier einst mit seiner Familie und sitzt gleich zu Beginn des Spiels in nostalgischen Gedanken schwelgend am weniger hübschen, von unheimlichen, violetten Ranken verunstalteten, Ufer, um seinem liebsten Hobby nachzugehen: dem Malen von niedlichen Monstern und mehr. Der scheinbare Friede hält aber nur kurz, denn schon konfrontiert in die Rowdy-Bande, nimmt ihm sein Skizzenbuch weg und zerfetzt es in seine Einzelseiten. Ash wird hingegen in eine Seilbahn gestoßen, die ihn schnurstracks zum Leuchtturm von Denska bringt – mitsamt einiger seiner Seiten, die wie mit eigenem Willen neben ihm herschweben. Angekommen, folgt ihnen Ash und macht eine unglaubliche Entdeckung: Die Monster, die er einst auf seinen Seiten und auf den Straßen von Denska malte, können durch seine Malerei zum Leben erweckt werden und ihm dabei helfen, die Stadt zu retten: mit Farbe, die selbst die violetten Stränge der Dunkelheit, die sie heimsucht, verbannen kann.

Zum Leben gemalt

Concrete Genie reiht sich in Sachen Spielgefühl unter Titeln wie Flower, Okami oder auch Tearaway Unfolded ein und bietet uns ein Erlebnis, das dank Farben, positiver Botschaft, schöner audiovisueller Präsentation und entspanntem Gameplay schon beinahe meditativ wirkt. Eure Aufgabe im Spiel ist es, mithilfe eures magischen Pinsels allerlei Formen (Dschinns oder Genies mit all ihren möglichen Körperteilen, natürliche Elemente wie Gräser, Bäume, Blumen, Sterne, Monde oder Sonnen, aber auch abstraktere Dinge wie Regen und Gewitter) an die diversen Wände von Denska zu malen und so die Glühbirnen der gesamten Stadt wieder zum Strahlen zu bringen.

Die Formen erhaltet ihr dabei, indem ihr Seiten, die in den Straßen herumwirbeln, findet, während ihr bei all dem stets von euren gemalten und zum Leben erweckten Dschinns begleitet werdet. Diese kommen in mehreren Varianten, wie Feuer, Elektrizität oder Wind, und helfen euch auf mehrere Weise: Zum einen sagen sie euch immer wieder, welche Formen sie gerne an entsprechenden Wänden sehen würden und belohnen euch für das jeweilige Kunstwerk mit Superfarbe, die auch über Wände malen kann, die von den violetten Strängen der Dunkelheit überwuchert sind. Zum anderen können Dschinns aber auch Barrieren wegbrennen, Stromkästen und somit diverse Maschinen aktivieren, oder ganze Trucks wegpusten.

Habt ihr die Glühbirnen einer ganzen Region schließlich zum Leuchten gebracht, erwacht diese wieder zum Leben, selbst die hartnäckigsten Dunkelheitsstränge verschwinden, und Denska kommt seinem alten Glanz ein kleines Stück näher.

Negative Emotionen

So wunderbar entspannend das Malen in Concrete Genie auch ist, so ganz ohne aktive Widersacher dürft ihr euch dem Farbenspiel dann aber doch nicht hingeben: Während eurer Malereien begegnet ihr immer wieder der durch die Straßen der Stadt ziehenden Bande, die es nach wie vor auf euch abgesehen hat. Der einfachste Weg, ihr zu entgehen: Ihr klettern über die Dächer von Denska. Dort oben habt ihr nicht nur einen tollen Ausblick und findet weitere Seite eures Skizzenbuches für noch mehr mögliche Malformen, oft ist der Weg in luftigen Höhen auch der einzige, um in neue Bereiche des Ortes zu gelangen und auch dort zu malen und alle Glühbirnen zum Leuchten zu bringen.

Die jugendlichen Fieslinge lassen aber nicht locker und folgen euch immer wieder in die neuen Zonen von Denska, um eure Meisterwerke wieder zu verunstalten. Glücklicherweise könnt ihr sie durch Ablenkungsmanöver kurzzeitig von Durchgängen, Seiten und euren in ihrer Anwesenheit starren Dschinns weglocken. Entdecken sie euch doch, gilt es, euch für eine Weile zu verstecken, bis sie die Fährte verlieren – oder ihr lauft einfach vor ihnen weg, was beinahe immer problemlos funktioniert.

Wenn die Bande so leicht zu umgehen ist, könntet ihr euch nun fragen, warum ist sie dann überhaupt im Spiel? Nun, passend zum Spielkonzept von Concrete Genie, scheint die Gruppe in erster Linie als Story-, denn als Gameplay-Element zu dienen. Nach und nach findet ihr nämlich heraus, dass die wahre Seuche, die Denska heimgesucht und alle Einwohner vertrieben hat, gar nicht die angeschwemmte Ölplage war, sondern die negativen Emotionen, die folgten – und sich nun in Form der violetten Dunkelheitsstränge in der Stadt breit machen. Und die Bande repräsentiert diese, was auch in Cutscenes während des Spiels, in denen ihr mehr über die Mitglieder der Fieslingsgruppe erfahrt, klar gemacht wird.

Sammelspaß ahoi

Concrete Genie setzt, wie bereits angesprochen, in erster Linie auf atmosphärisches Storytelling und simples Gameplay – das heißt aber noch lange nicht, dass der Titel schnell eintönig wird. Ganz im Gegenteil: Die von niedlichen Monstern, die mit euch interagieren, spielen und euch helfen, begleitete Malerei macht unerwartet süchtig, und wer zwischen dem Farbenzaubern noch ein wenig Herausforderung sucht, der macht sich auf, Denska zu erkunden – denn es gibt viel zu entdecken!

In jeder Zone müsst ihr euch so daran machen, versteckte Skizzenbuch-Seiten zu finden, aber auch Interaktionsmöglichkeiten mit euren Dschinns, wie Gelegenheiten für Spiele. Auch Erinnerungen dürft ihr wecken, indem ihr euch auf die Ausschau nach kleinen weißen Malereien an den Wänden der Stadt macht und dort dann den Motivwünschen eurer Begleiter nachkommt.

Wer PSVR sein Eigen nennt, der kann zudem noch spezielle VR-Modi nutzen, genauer ein Minispiel mit dem Dschinn Klecks sowie den „Freies Malen“-Modus, den ihr dadurch freischalten könnt.

Magische Präsentation

Passend zum Thema des Spiels, wurde auch die Präsentation von Concrete Genie gewählt: In Sachen Grafik baut man so auf comichafte Charaktere in märchenhaften Umgebungen, die zunächst grau und düster wirken, durch eure Malkünste jedoch nach und nach in kunterbunten, leuchtenden Farben erstrahlen. Die Soundeffekte unterstreichen das Geschehen dabei perfekt und lassen eure Malereien klingeln, rascheln und mehr, während die niedlichen Grunzer, Lacher und Gurrer eurer Dschinns den Niedlichkeitsfaktor dieser nochmal gehörig nach oben schrauben. Der Soundtrack ist zudem mit euren Malereien gekoppelt, sodass die von euch kreierten Meisterwerke Denksa nicht nur optisch zum Leben erwecken, sondern auch zum einzigartigen Klang des Dorfes beitragen und die Atmosphäre somit zusätzlich steigern.

FAZIT

Titel wie Flower oder Tearaway Unfolded haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass es für ein großartiges Spiel oft nichts anders braucht, als ein atmosphärisches Setting und ein wenig Magie – und Concrete Genie schließt hier mit derselben Formel in ebenso eindrucksvoller Weise an. Fordernde Action-Passagen sucht man im Großteil des Spiels vergebens (das Finale stellt hierbei die einzige Ausnahme dar), vermisst man aber auch nicht – stattdessen wirkt das magische Farbenspiel mit seinen fantastischen Formen, Klängen und zuckersüßen Dschinns wie ein meditativer Ausflug in eine Welt, in der alles viel einfacher und doch voller Zauber ist. Concrete Genie lebt von seiner Atmosphäre und den Gefühlen, die es wachruft, und zumindest mich konnte es damit voll in seinen Bann ziehen. Von uns gibt es deshalb ein eindeutiges Daumen-hoch für das niedliche Monster-Mal-Abenteuer und seine positive Message.

Was ist Concrete Genie? Story- und Atmosphäre-fokussiertes Monster-Mal-Abenteuer mit positiver Message
Plattformen: PS4
Getestet: PS4-Version auf PS4 Pro mit PSVR
Entwickler / Publisher: Pixelopus / Sony
Release: 9. Oktober 2019
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 9.2

Einzelwertungen: Grafik: 10 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 10

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