Spricht oder schreibt man über ein gemeinsames Hobby, bieten sich Vergleiche mit Bekanntem an, um Zeit zu sparen und den Zuhörenden / Lesenden einen schnelleren Einstieg zu erlauben. Im Bereich der Computer- und Videospiele werden (neue) Titel daher oft mit Genregrößen verglichen, um Gameplay und Spielausrichtung schneller zu erklären. Geht es um den klassischen Dungeon Crawler, wird ob ihrer Bekanntheit entsprechend die Diablo-Reihe herangezogen – vor allem der aktuelle, wenn auch nicht mehr ganz neue, Ableger Diablo III. Was macht ein armer Spieleredakteur also, wenn es um den Genreprimus selbst geht, der jetzt auch für Nintendos Switch erhältlich ist? Diablo mit Diablo mit vergleichen? Warum eigentlich nicht…
Superlative werden heutzutage sehr gerne inflationär vergeben, aber man darf durchaus behaupten, dass Diablo III für sehr viele – momentan und/oder immer noch – „der beste“ Dungeon Crawler überhaupt ist; derjenige, an dem sich alle anderen Vertreter des Genres messen müssen. Das war aber nicht immer so. Die Erinnerung an den PC-Release Anfang 2012 verursachen bei Veteranen des Spiels auch heute noch traumatische Flashbacks. Eines der Hauptprobleme: der Online-Zwang. Diesen begründete man damals wie heute damit, dass man Cheatern & Hackern nur dann einen Riegel vorschieben kann, wenn man alle Charakterprofile ausschließlich online speichert. Selbst im Einzelspiel werden alle Aktionen, gesammelten Gegenstände und angehäuften Erfahrungspunkte von zentralen Servern überwacht, um die Manipulation von Spielständen sowie den Einsatz von Cheat-Software zu unterbinden. Trotz ausgiebiger Lasttests und großer Versprechungen hielten die Server den Ansturm der Spieler aber anfangs nicht stand. Der Wunsch einfach mal schnell eine Runde zu spielen begann und endete meist mit dem gefürchteten Fehler 37: „The servers are busy at this time. Please try again later“. Abseits solch technischer Probleme brachten auch Dinge wie das berüchtigte – und inzwischen schon lange abgeschaffte – Echtgeld-Auktionshaus Blizzard viel Tadel ein. Aber Blizzard lernte aus seinen Fehlern und nach und nach wurde aus dem Titel, was er heute ist, und neben PC-Spielern machen schon länger auch zahlreiche PlayStation- und Xbox-Besitzer Dämonen das Leben zum Himmel.
Alles drin, alles dran
Jetzt ist es erstmals auch für eine Nintendo-Konsole soweit. Diablo III – Eternal Collection für Nintendos Switch enthält von Haus aus schon sämtlichen Content, der auf anderen Plattformen teils erst separat erworben werden muss: Das Grundspiel, die Erweiterung Reaper of Souls und das Zusatzpaket Rückkehr des Totenbeschwörers. Damit stehen insgesamt sieben Charakterklassen zur Verfügung, um sich durch fünf Akte voller Dämonen zu metzeln.
Die sieben möglichen Klassen decken – wahlweise in weiblicher oder männlicher Variante – die klassischen Genre-Archetypen ab: Der Barbar sucht den Nahkampf und keiner schwingt dabei größere Waffen. Auch der Mönch ist ein Nahkämpfer, punktet aber mehr mit Schnelligkeit, als mit Wuchtigkeit. Hexendoktoren lassen lieber aus sicherer Entfernung Geister, Flüche und Ungeziefer auf ihre Gegner los und der Magier entfesselt die Macht der Elemente ebenso vorwiegend von weiter weg. Auch Dämonenjäger nutzen ihr Arsenal an Schuss- und Wurfwaffen vorwiegend aus der Distanz, verwenden aber auch gerne Fallen und andere tödliche Gerätschaften. Mittels Erweiterung und Zusatzpaket kamen später noch Kreuzritter und Totenbeschwörer hinzu. Ersterer ist schwerst gepanzert und vertraut auf die Macht seines Glauben. Letzterer vertraut vor allem sich selbst und der Armee der Untoten, die er ins Feld führen kann.
Jeder Klasse kann (entsprechender Charakterlevel vorausgesetzt) bis zu sechst aktive Angriffe/Fähigkeiten auf die Tasten legen sowie bis zu vier passive Fähigkeiten aktiviert halten. Aktive Fähigkeiten können zudem mit nach und nach freigeschalteten Runen modifiziert werden. Insgesamt kommt man so auf mehr als 800 Fähigkeiten, aus denen man auswählen kann. Die meisten Spieler finden aber schon bald jene Kombinationen heraus, die am besten zu ihrem Spielstil passen und haben dann kaum mehr einen Grund jemals wieder etwas zu ändern.
Früher war alles … anders
Das heute gespielte Diablo III – egal auf welcher Plattform – hat sich gameplaytechnisch nämlich stark weiter entwickelt und weist starke Unterschiede zur Ursprungs-Version von 2012 sowie teilweise echte Brüche mit den Vorgängern Diablo und Diablo II auf. Mit den erfolgten Änderungen, den mehrfach ausgetauschten Kern-Attributen, den Zusammenlegungen von Gameplay-Elementen und wegrationalisierten Funktionen würden sich ganze Bücher füllen lassen. Charakter-Attribute werden nicht selbst vergeben, der Klassen-Archetyp lässt sich nur mehr via der angelegten Ausrüstung und der Auswahl klassenspezifischer Skills individualisieren. Heiltränke, Schriftrollen zur Identifizierung von Gegenständen oder zur schnellen Rückkehr in die Stadt wurden als unnötige Ressource wegrationalisiert und einfach in Standardfähigkeiten umgewandelt. Stets war das Ziel das Spiel einsteigerfreundlicher, stromlinienförmiger zu machen und auf das absolute Kern-Gameplay reduzieren: Monster in unheimlichen Umgebungen erlegen und mit (hoffentlich) reichen Belohnungen gleich in die nächste Schlacht ziehen.
Selbst das klassische Kampagnen-Denken wurde zu diesem Zweck aufgeweicht. Natürlich kann man ganz normal die Geschichte des Spiels erleben, Zwischensequenzen ansehen, das Böse besiegen, die Welt retten. Zusätzlich gibt es aber auch den Abenteuer-Modus, der selbst die „Ablenkungen“ entfernt. Beliebig kann man hier durch die einzelnen Akte reisen und Monster und Dämonen jagen. Für einige von diesen gibt es dann interessante Kopfgelder in Form von Gegenständen, Gold oder Erfahrungspunkten abzustauben. Wer damit noch nicht genug hat, kann sich größeren Herausforderungen in Form spezieller Dungeons stellen, die nur über spezielle Portale erreichbar sind. Außerdem starten in regelmäßigen Abständen neue Seasons, die für das Erfüllen bestimmter Aufgaben zeitliche begrenzte und manchmal sogar einzigartige Belohnungen bieten.
Bleibt die Frage: Ist dieses ganze „Streamlining“ des Konzept geglückt? Viele – und die nach bald sieben Jahren immer noch beachtlichen Spielerzahlen – sagen ja. Andere – einige von ihnen durchaus Fans der ersten Stunde – haben und werden Blizzard die Änderungen wohl nie verzeihen. Aber man kann es leider nicht jedem Recht machen. Die Kunden haben auf jeden Fall mit ihren Geldbörsen und ihrer investierten Spielzeit gesprochen und geben den Entwicklern – zumindest was das jetzige Endprodukt betrifft – eindeutig Recht.
Diablo Netzwerk vs. Battle.net
Startet man ein neues Spiel au der Nintendo Switch Konsole, wird man ähnlich begrüßt, wie auf PC & Co.: mit den aktuellen Patch Notes (zum Zeitpunkt des Tests Version 2.6) sowie Infos zur aktuellen Season (15). Was allerdings nicht stattfindet, ist ein Log-in in Blizzards Battle.net. Stattdessen wird – aber nur sofern man online ist – automatisch eine Verbindung zum „Diablo Netzwerk“ aufgebaut. Die Switch-Version ist nämlich – genau wie die anderen Konsolen-Versionen – im Gegensatz zum PC auch offline fähig.
So sehr die Unabhängigkeit von Blizzards Servern ein Vorteil ist, so bedeutet diese natürlich auch, dass man auf alle Vorteile der Plattform – Freundeslisten, Chatfunktionen usw. – verzichten muss und auch seinen gegebenenfalls schon vorhandenen Account nicht mit der Switch verbinden kann. Vorhandenen Helden können also nicht weitergespielt werden, gekaufte oder erspielte Belohnungen wie Haustiere und kosmetische Gegenstände bleiben nach Plattform getrennt. Switch-exklusiv sind und bleiben damit ein von Zelda-Bösewicht Ganondorf inspiriertes Transmogrifikationsset (d. h. Teile unserer Ausrüstung können durch Magie so aussehen), ein Cucco-Huhn als Haustier, sowie ein Paar (rein kosmetische) Flügel für unseren Charakter und einen speziellen Triforce-Rahmen für sein Porträt.
Multiplayer & Switch Online
Gerade für die häufig auch unterwegs genutzte Switch wäre ein Online-Zwang aber natürlich auch ein absolutes Todesurteil und so überrascht es nicht, dass weder der Single Player noch lokaler Multiplayer eine Internetverbindung voraussetzen. Nur für „echten“ Online-Multiplayer ist eine Internetanbindung und neuerdings natürlich auch die Mitgliedschaft bei Nintendos kostenpflichtigem Online-Service notwendig.
Offline und online kann man sich auf jeden Fall mit bis zu drei Freunden in den Kampf stürzen: Lokal wahlweise via geteiltem Bildschirm auf einer einzelnen Switch oder mit bis zu vier Switch-Konsolen, wobei TV- und Handheld-Modus auch miteinander kombiniert werden können. Unglaublich aber wahr: Der Modus für einen geteilten Bildschirm funktioniert auch im Handheld-Modus und jeder der beiden Spieler kann mit einem der beiden JoyCons spielen! Die Steuerung ist – bedingt durch die reduzierte Anzahl der Aktionstasten – zwar dann etwas abenteuerlich gelöst und manche Kombinationen muss man sich erst anlernen, aber es funktioniert trotzdem überraschend gut. Spätestens wenn ein Spieler sein Inventar aufmacht, wird es allerdings unübersichtlich. Daher nur bei ganz akuten Fällen von Diablo-Koop-Entzugserscheinungen wirklich empfehlenswert.
FAZIT
Ich muss gestehen, dass ich eigentlich der Überzeugung war, dass meine vor vielen Jahren entstandene Diablo-Sucht schon lange überwunden war. Tatsächlich habe ich am PC nur das Hauptspiel durch- und die Erweiterung nur mehr angespielt. Die lange Pause, gepaart mit der fast schon unglaublichen Eignung des Titels für die Switch-Plattform hat aber genügt, um mich wieder zu packen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich – vor allem, wenn unterwegs – Sanktuario noch einige Besuche abstatten werde.
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Was ist Diablo III – Eternal Collection? Portierung des Dungeon Crawler-Genrekönigs auf eine mobile Plattform
Plattformen: Nintendo Switch
Getestet: Nintendo Switch
Entwickler / Publisher: Blizzard Entertainment
Release: 02. November 2018
Link: Offizielle Webseite
Gesamtwertung: 9.2
Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 10 | Spieldesign: 10 | Motivation: 10