Was haben Blade Runner, Deus Ex und Hotline Miami gemein? Sie alle dienen offensichtlich als Inspiration für das Indie Action-Rollenspiel Disjunction. Der erste Titel von Entwickler Ape Tribe Games verspricht nicht nur abwechslungsreiche Action, sondern auch bedeutungsvolle Entscheidungen in einer Cyberpunk-Welt in Pixel-Art Ästhetik.
New York im Jahr 2048: Während sich eine neue Droge durch die Gesellschaft frisst und der unpopuläre Bürgermeister der Metropole sich anschickt einen Deal mit einem großen privaten Militärdienstleister abzuschließen, machen es sich drei Bewohner, die unterschiedlicher kaum sein könnten, zur Aufgabe den jüngsten Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Zu diesem Zweck schleicht und/oder schießt man sich in Disjunction durch mehr oder weniger verwinkelte Cyberpunk-Levels. Dabei kann sich jeder der drei spielbaren Protagonisten verschiedener Tricks bedienen, um weiterzukommen. So kann etwa der Berufsboxer Joe Kontrahenten beispielsweise mittels gezieltem Wurf einer Granate aus dem Verkehr ziehen, oder aber kurze Distanzen per Tastendruck fast instantan überwinden. Letzteres erweist sich dabei als besonders nützlich Gegner leise auszuschalten. Selbst wenn sich diese in einer Position befinden die es einem sonst sehr schwer machen würde vorbeizuschleichen. Die Hackerin Spider hingegen kann unter anderem eine holographische Katze erscheinen lassen, um für Ablenkung zu sorgen. Natürlich kann man diese Spezialfähigkeiten nicht beliebig oft nutzen. Diese einzusetzen kostet nämlich Energie. Wenn diese erstmal aufgebraucht ist, lässt sie sich nur wieder aufladen indem man Energiezellen findet. Solche Zellen werden gelegentlich von Gegnern fallen gelassen und liegen außerdem auch manchmal einfach am Boden herum.
Schleichen, schleichen oder doch eher schleichen?
Auf diese Art soll dem Spieler überlassen werden wie laut und tödlich man vorgehen möchte. In der Praxis wird jedoch schnell klar welcher Spielstiel von den Entwicklern präferiert wird. Wer sich arglos in eine Schießerei stürzt wird diese Entscheidung rasch bereuen. Wie John Wick schnellen Schrittes durch die Gegend laufen und alles was sich bewegt mit Blei füllen spielt es nicht. Dazu fehlt es nicht nur an Munition, die analog zu Energiezellen von manchem gefallenen Widersacher zurückgelassen wird. Vielmehr fehlt es an Waffen, die zu verwenden Spaß machen würde. Jedenfalls gelang es mir nicht so richtig damit warm zu werden. Während die Soundeffekte der verschiedenen Knarren nicht zu wünschen übrig lassen, fehlt es im Handling leider an Charakter. Ja, die Shotgun von Joe lässt mich nur zwei Schuss abgeben bevor ich nachladen muss, aber die Pistole von Frank fühlt sich fast genauso schwerfällig an. Dafür, dass jeder der Protagonisten seine eigene Waffe und man selbst damit keinerlei Auswahl hat, scheint das doch etwas wenig. Auch die KI kennt weder Gnade, noch Rücksicht auf Verluste. So können einen schon lapprige zwei Gegner durchaus mal in die Ecke drängen. Da es kein nennenswertes Cover-System gibt, bedeutet solch eine Situation in der Regel ein abruptes Ende der Geschichte. Unter diesen Umständen bleibt einem kaum noch eine andere Wahl, als sich im Schatten zu halten. Sollte der Schleichangriff hingegen mal nicht ganz so unbemerkt von Statten gehen wie erhofft, ist so eine Schusswaffe allerdings dann doch besser als nichts.
Wach auf! Zeit zu sterben.
Gelingt der Versuch, sich aus einer missglückten Infiltration herauszuballern, wieder mal nicht, heißt es zurück zum letzten Checkpoint. Was die Sache nicht gerade einfacher macht: Energie und Munition bekommt man nur zwischen Levels zurück. Habe ich also schon all meine Ressourcen aufgebraucht, um nur einen Checkpoint zu erreichen, muss ich den Rest des Levels ohne diese auskommen. Hat man sich etwa durch großzügiges Nützen seiner Spezialfähigkeiten in eine Situation gebracht aus der man aus Energiemangel nicht mehr herauskommt, hilft nur noch ein Neustart des ganzen Levels. Praktischerweise geht das direkt aus dem Menü heraus. Da einzelne Missionen nicht sehr lang sind, kann man das gerade noch verkraften. Wobei einem so schleichlastigen Erlebnis eine etwas höhere Dichte an Checkpoints nicht unbedingt geschadet hätte. Ich geb’s ja zu, ich bin ein Fan des Quicksaves, wenn vorhanden.
Das ist aber auch schon alles, was am Leveldesign zu bemängeln ist. Der grundlegende Aufbau ist gut gelungen. Anordnung der Gegner in Kombination mit der Geometrie von Räumen und Passagen, bieten immer größere Herausforderungen ohne je unfair zu wirken. Gelegentlich überraschen Levels auch mit Eigenheiten wie beispielsweise Containern die durch die Gegend transportiert und dadurch potentiell zur mobilen Deckung werden.
Disjunction
Zusammenfassung
Grafik
Wer mit Pixel-Art im Allgemeinen wenig anfangen kann wird mit Disjunction wohl keine Freude haben. Für alle anderen bietet sich eine hübsche Kulisse. Vom Lagerhaus in Braun- und Grautönen bis hin zum opulenten Wolkenkratzer ist alles dabei. Einzig die Charakteranimationen könnten etwas flüssiger sein.
Sound
Dank Synthesizer-Sound fühlt man sich stellenweise etwas an Blade Runner erinnert. Da Disjunction aber sonst in keiner Weise ein cinematisches Erlebnis zu sein versucht hält sich der Soundtrack dezent im Hintergrund. Auch an den Soundeffekten, etwa der Waffen oder Fähigkeiten gibt es absolut nichts zu bemängeln.
Handling
Was die Steuerung angeht gibt es ein paar Punkte die Verbesserungsbedarf haben. Etwa, dass man beim verzweifelten Versuch im Schatten zu bleiben leicht mal an Ecken hängen bleibt. Mein größtes Problem sind aber die Waffen, die zwar gut klingen, aber deren Verwendung sich zu eintönig anfühlt.
Spieldesign
Gutes Leveldesign sorgt zumindest zu Beginn für immer neue Herausforderungen, ohne unfair zu werden. Ja, man muss gelegentlich Checkpoints oder in besonders unglücklichen Fällen ein ganzes Level wiederholen, um weiterzukommen, aber es soll ja auch nicht zu leicht sein.
Motivation
Trotz der sonst spannenden Level kann die Art und Weise wie Checkpoints funktionieren und verteilt sind schon mal zu Frust führen. Auch der Action-Part wirkt noch etwas unausgereift. Wer jedoch gerne schleicht wird deutlich mehr Freude mit Disjunction haben.
FAZIT
Für Pixel-Art Liebhaber die lieber schleichen als sich ein offenes Gefecht zu liefern hat Disjunction durchaus etwas zu bieten. Dazu tragen auch die durch die Bank guten Soundeffekte und Hintergrundmusik ihren Teil bei.
Was an den Waffen enttäuscht, wird durch interessante Spezialfähigkeiten und abwechslungsreiche Herausforderungen wieder wettgemacht. Dass die Steuerung auch im Schleichgang manchmal Probleme macht ist schon etwas nerviger. Auch wenn es sich hier um Kleinigkeiten handeln mag.
Alles in allem hat Indie-Entwickler Ape Tribe Games mit Disjunction also keinen schlechten Start hingelegt. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass es wohl nur eine gewisse Nische an Spielern ansprechen wird.