Im Jahr 1993 erschien mit FIFA International Soccer das allererste Spiel der legendären Sportspielreihe. Genau drei Dekaden später geht aber nun eine Ära zu Ende, denn nachdem Electronic Arts die Lizenzvereinbarung mit dem Fußballweltverband auslaufen hat lassen, will man mit neuen Namen, neu durchstarten. Bedeutet also die Umbenennung in EA Sports FC 24 gleichzeitig auch den Aufstieg in eine neue Liga. Oder handelt es sich dabei lediglich um einen Vereinswechsel in derselben Spielklasse?
Eigentlich hatte ich schon bei meinem Review ist zu FIFA 22 großspurig angekündigt, dass dies der letzte FIFA-Test ist, den ihr jemals auf Gamers.at lesen werdet. Ganz so ist es nicht gekommen, denn Electronic Arts hat durch Einwurf einer (vermutlich) großen Anzahl an Münzen die Lizenz noch einmal um ein Jahr verlängert, um die Veröffentlichung von FIFA 23 zu ermöglichen. Gleichzeitig hat der Publisher aber auch bekannt gegeben, dass ihre Fußball-Videospielserie ab heuer unter dem Titel EA Sports FC erscheinen werde. Aber keine Sorge, bis auf den Verlust der Namenslizenz des Weltfußballverbands hat diese Änderung nur wenig Auswirkung auf den Rest des Spieles. Auch EA Sports FC 24 verfügt über die Lizenzen für mehr als 19.000 Spieler, 700 Mannschaften, 100 Stadien und über 30 Ligen. Im Vergleich zum Vorgänger sind darüber hinaus sogar die Lizenzen der spanischen Liga F und der deutschen Frauen-Bundesliga, sowie die Lizenz für den Ballon d’Or hinzugekommen.
Alleine an diesen Zahlen kann man erkennen, dass EA Sports FC 24 auch ohne FIFA-Kooperation mit gewohnter Lizenzstärke auf qualitativ und qantitativ hohem Niveau punkten kann.
Tiki Taka und Crossplay
Als Erstes spring einem gleich das neue, entschlackte Menü ins Auge. Komfortabel klickt man sich durch die verschiedenen Spielmodi durch und findet dabei Altbekanntes wie beispielsweise Anstoß, Trainingszentrum, Freundschaftsspiele und auch VOLTA ist wieder mit dabei. Beim Pro-Club wurde das Präfix gestrichen und heißt nun nur mehr Club. Wie gewohnt können dabei bis zu elf Spieler ein Team bilden. Neu: Die Mannschaften haben nun die Möglichkeit durch das „Fans & Reputation„-System virtuelle Anhänger für sich zu gewinnen, um damit mehr Individualisierungsmöglichkeiten freizuschalten. Sowohl für VOLTA als auch Club wird Crossplay möglich sein. Das bedeutet, PlayStation 5-, Xbox Series X|S- und PC-Versionen können im Crossplay mit oder gegeneinander spielen. Ebenso wird Crossplay zwischen PlayStation 4 und Xbox One möglich sein, die Switch ist aber von der Crossplay-Funktionalität generell ausgeschlossen.
Natürlich dürfen auch in EA Sports FC 24 wieder eine Spieler- oder Trainerkarrieren absolviert werden. Als Profi könnt ihr euch jetzt einen Agenten engagieren, der euch bei eurem Aufstieg an die Weltspitze unterstützen soll. Als Trainer müsst ihr jetzt einen ganzen Trainerstab aufbauen, denn durch spezialisierte Assistenz-Coaches können nun einzelne Spieler individuell gefördert und verbessert werden. Mittels Erfahrungspunkten entwickeln sich aber auch die Betreuer weiter, vom „Novizen„ bis hin zum „Experten“. Ihr führt als Trainer also nicht mehr nur die Spieler, sondern auch die Coaches. Mit den „Taktischen Visionen“ kann darüber hinaus der Spielstil festgelegt werden. Dabei darf aus insgesamt sieben verschiedenen Varianten gewählt werden: Standard, Tiki-Taka, Gegenpressing, Flügelspiel, Konterspiel, Kick and Rush, oder Park the Bus. Insgesamt bietet die Trainerkarriere nun deutlich mehr taktischen Tiefgang und ist zumindest für ein paar Stunden ziemlich unterhaltsam.
PlayStyles und HyperMotionV
Eines der coolsten neuen Features, die auch das Gameplay maßgeblich beeinflussen, sind die PlayStyles. Dabei handelt es sich um Spezialfähigkeiten, die Profis einzigartig machen. Insgesamt gibt es davon 34 Stück, die sich in sechs verschiedene Kategorien wie etwa Ballkontrolle, Defensive oder Physis unterteilen lassen. Darüber hinaus gibt es noch jeweils eine plus Variante, also eine ganz besondere spektakuläre Fähigkeit, die nur Weltklasseprofis haben. Ein Kylian Mbappé verfügt etwa über die PlayStyles Raserei, mit der er beim Dribbling ein höheres Sprinttempo erreicht und kann dank Trivela Außenrist-Pässe und Außenrist-Schüsse ausführen. Und weil er darüber hinaus über den Schnellen Schritt+ verfügt, beschleunigt er beim Sprint deutlich schneller, als seine Kollegen. Klingt auf dem Papier vielleicht etwas unspektakulär, macht auf dem Platz aber viel Unterschied, vor allem dann, wenn gegen Top-Clubs mit vielen Superstars spielt.
Dass die Spieler diese Spezialfähigkeiten auch auf dem Platz entsprechend zur Schau stellen können, dafür sorgt einerseits die überarbeitete Frostbite-Engine mit dem bereits aus Madden 24 bekannten SAPIEN-Charaktertechnologie, welche das Aussehen und die Bewegungen der Spieler anhand anatomisch realistisch gestalteter Modellen darstellen kann. Dazu kommt noch HyperMotionV. Das „V“ steht dabei für die volumetrische Daten von mehr als 180 Männer- und Frauen-Profispielen, die für authentische Bewegungen des gesamten Teams sorgen und 1.200 charakteristische Laufstile darstellen kann. Auf der Current Gen Konsolengeneration sieht das alles natürlich fantastisch aus, von den Legacy Versionen inklusive der Nintendo Switch Fassung solltet ihr ohnehin die Finger lassen, denn diese sind nicht nur technisch unterlegen.
Ultimate-Team
Sprechen wir zum Abschluss nochmals über den Elefanten im Raum: FIFA Ultimate Team (FUT). Das heißt seit heuer nur mehr Ultimate Team und kann mit einigen Neuerungen aufwarten. So wurde etwa das Design der Spielerkarten etwas verändert und erstmalig können weibliche und männliche Spieler gemeinsam in einem Team auflaufen. Ein interessantes Feature stellt Ultimate Team Evolutions dar, durch welches man ausgewählte Spieler in eine Evolutions-Karte umzuwandeln kann, um diese durch das Erfüllen von Aufgaben in der Gesamtwertung, aber auch bei einzelnen Attributen sowie Skills zu verbessern. Und auch die Play Styles halten Einzug in Ultimate Team.
Man braucht sich in diesem Aspekt des Spieles aber nicht wirklich schönreden, denn natürlich ist das alles nur eine umfangreichere Verpackung für die obligatorischen Pay2Win-Mechaniken. Nicht umsonst hat EA Sports FC 24 von der USK keine uneingeschränkte Freigabe („ab 0 Jahre“) mehr erhalten, sondern wurde „ab 12 Jahren“ empfohlen. Begründet wurde das mit den Interaktionsrisiken („Chat“) und die Kaufinhalte des Ultimate-Team-Spielmodus („Handlungsdruck“, „In-Game-Käufe und zufällige Objekte“).
Zusammenfassung
Grafik
Die Spielermodelle sind unglaublich detailliert, die Stadien sind realistisch nachgebildet und bieten eine beeindruckende Atmosphäre und die Animationen der Spieler sind flüssig und realistisch. Gleiches kann man aber auch über FIFA 23 sagen und im direkten Vergleich fallen die Unterschiede nur marginal aus. Wie immer ist das aber Jammern auf hohen Niveau.
Sound
Die Kommentatoren bieten eine facettenreiche und stimmige Berichterstattung, auch wenn sie wie schon in den Vorgängern in wiederholende Phrasen verfallen können. Dafür ist der Soundtrack von FC 24 vielfältig und deckt eine breite Palette von Musikgenres ab. Die Stadionatmosphäre und die Fangesänge tragen zur Immersion bei, könnten aber ebenfalls noch etwas vielfältiger sein.
Handling
Die Steuerung ist gewohnt präzise und die Ballphysik fühlt sich realistisch an. Die Änderungen wie auch die neuen Controller-Einstellungen sind aber auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig und werden sicher nicht jedem gefallen.
Spieldesign
EA Sports FC 24 bietet eine breite Palette an Spielmodi, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Leider liegt auch in der aktuellen Ausgabe der Fokus auf den Ultimate-Team-Spielmodus mit seinen In-Game-Käufen. Andere Aspekte des Spiels werden dagegen wie so oft etwas vernachlässigt.
Motivation
Neben den zahlreichen Mehrspieler-Varianten und Online-Features wie plattformübergreifendes Crossplay ist auf jeden Fall der überarbeite Karriere-Modus mit deutlich mehr Tiefgang eine motivierende Ergänzung und bringt etwas Abwechslung in das Spiel.
FAZIT
Bei EA Sports FC 24 hatte ich etwas das Gefühl, dass sich die Marketing-Abteilung von EA mehr Mühe gegeben hat, uns Spieler die neuen Features als großartige Änderungen zu verkaufen, als die Entwickler beim Programmieren des Spiels. Hinter so schönen Marketing-Begriffen wie Evolutions-Items, PlayStyles und SAPIEN-Charaktertechnologie verstecken sich zwar nette Verbesserungen, die jedoch nur wenig Auswirkungen auf das Gameplay am Rasen haben. Auch mit, oder besser gesagt trotz, neuem Namen thront EA’s Aushängeschild natürlich weiterhin unangefochten am Olymp der Sportspiele und wer sich in den letzten drei Jahren kein neues FIFA mehr gekauft hat, der kann bedenkenlos zugreifen. Für alle anderen bietet EA Sports FC 24 einfach zu wenig Neues, von dem angekündigten Neubeginn ohne Altlasten ist man weit entfernt. Da scheint der Ultimate-Team-Spielmodus einfach zu lukrativ zu sein, um den Fokus auf andere Aspekte des Spieles zu verschieben.