EA Sports NHL 19 im Test

Jährlich wiederkehrende Videospielserien müssen sich die Frage gefallen lassen, was denn in der aktuellen Version nun genau an Neuerungen und Innovationen hinzugefügt wurde. Auch NHL 19 kommt bei uns auf den Prüfstand und muss seinen Vollpreis rechtfertigen. Wir sagen euch, was Serien-Veteranen und Neulinge erwarten dürfen.

Im Vorfeld der Veröffentlichung wurde einiges an Neuerungen für NHL 19 versprochen, unter anderem die von Grund auf neu entwickelte Real Player Motion Technologie. RPM Tech soll die Eislauf-und Bewegungsanimationen der Spieler völlig neu und realistischer berechnen und somit mit einem verbesserten Steuerungsgefühl punkten – und tatsächlich war vom ersten Face-off an eine Veränderung spürbar. So lassen sich die Mannen in voller Rüstung etwas direkter und genauer steuern und fühlen sich weniger träge an – eine willkommene und absolut notwendige Verbesserung. Leider hat man hier nur einen halben Schritt nach vorne gemacht, denn die Änderungen gehen nicht weit genug, um eine große Verbesserung hinsichtlich Zugänglichkeit und Spielspaß zu bringen. Hier wird weiterhin ein schwieriger Balanceakt zwischen starrer Simulation und Spielspaß gesucht. Leider verliert sich das Spielgefühl am Ende irgendwo zwischen Simulation und Arcade. Ein Kernthema, das sich durch das gesamte Spiel zieht.

World of CHEL

Mit der Einführung von NHL Ones wird der im letzten Jahr eingeschlagene Weg, mehr „Casual“-Spieler ansprechen zu wollen, konsequent fortgesetzt. NHL 18 führte mit NHL Threes einen arcade-lastigen 3 gegen 3 Modus ein, der ohne feste Eishockey Regeln, Over-the-top-Präsentation und Kommentator für Aufsehen sorgte. Mit NHL hat das nicht mehr viel gemein. Genauso in Ones, wo drei Spieler gegeneinander antreten dürfen. Ein Tor, ein Drittel des Spielfeldes, ansonsten dieselbe Aufmachung wie auch bei NHL Threes. Mit einem eigens erstellten Hockey-Crack tretet ihr online gegen zwei andere Spieler an.

In Alltagskleidung dürft ihr euch online gegen andere Spieler messen, mit halb lustigen- halb beleidigenden Emotes befeuern und dabei neue Ausrüstungsteile freispielen. Das ursprünglich beworbene „Pond Hockey“, sprich spielen zum Spaß mit Freunden auf einem See, kommt durch die übertriebene Präsentation leider nicht zur Geltung. Erspielte Punkte dürfen für Beutekisten, genauer gesagt Beute-Hockeytaschen, eingetauscht werden. In bester Lootbox Manier schaltet ihr Ausrüstungsteile oder Kleidungsstücke für euren Spieler frei. Mikrotransaktionen zum Kauf von Taschen waren zum Zeitpunkt des Reviews nicht möglich.

Im Pro-AM Modus dürft ihr mit eurem selbst erstellen Spieler Herausforderungen bestreiten, um weitere Punkte zum Kauf von Spieleranpassungen aus den Beutetaschen freizuschalten. Diese Gestalten sich recht simpel und dienen eher als Trainingsmöglichkeit oder zum einfachem Punktesammeln. Der bereits bekannte EASHL Modus, in dem ihr euren eigenen Online-Club gründen könnt, ist ohne größere Neuerungen zurück und rundet die Kategorie „World of CHEL“ ab. Euer EASHL Club darf weiterhin mit eigenem Namen, eigenen Trikots und eigener Arena personalisiert werden. Zusammen mit euren Freunden oder dem neuen „Drop-In“-Modus, bei dem ihr einer Partie zufällig beitreten könnt, lassen sich Matches gegen andere Clubs bestreiten.

Die Kategorie World of CHEL mit den genannten Modi, Ones, Threes, Pro AM und EASHL ist überdies in sich geschlossen, sodass freigespielte Spieleranpassungen keinen Einfluss auf andere Kategorien haben.

Mein ultimatives Team?

Ebenso in nahezu unveränderter Form kehrt der Modus Hockey Ultimate Team zurück. Im HUT Modus gründet ihr euer eigenes Team mithilfe von Spielerkarten. Karten werden entweder durch das Bestreiten von Online-Partien, durch das Absolvieren von Herausforderungen oder durch den Kauf von Karten-Packs gegen Echtgeld erhalten. Spieler, die gewillt sind, tatsächlich in diesen Modus zu investieren, erkaufen sich dadurch einen Vorteil gegenüber anderen; notwendig ist der Einsatz von Echtgeld allerdings nicht zwingend. So ist es auch möglich, ein sehr gutes Team im Laufe der Zeit aufzubauen, ohne auch nur einen Cent auszugeben – es dauert einfach nur sehr viel länger. Wer keine Lust auf Online-Spiele hat, kann sich mit HUT-Herausforderungen vorgegebenen Aufgaben stellen, um ebenfalls Coins zum Kauf von Kartenpaketen freizuspielen.

Um ein möglichst effektives Team aufs Eis zu schicken, muss zudem auf Synergien zwischen den Spielern geachtet und ein guter Trainer engagiert werden. Spielerverträge werden genauso mit Kartenpaks verlängert, wie auch etwaige Verletzungen geheilt. Neu dazugekommen sind die HUT Alumnis. So kehren bekannte Spieler, wie Wayne Gretzky, Brett Hull oder Teemu Selänne, aus ihrem wohlverdienten Ruhestand zurück und können mit speziellen Karten in den Kader mit aufgenommen werden. Um die „Legends“ von früher für euer Team spielen zu lassen, dürfen wahlweise Herausforderungen absolviert oder einfach Kartenpacks erworben werden. Der Einsatz von Mikrotransaktionen beschränkt sich ausschließlich auf den HUT-Modus.

Bevor wir einen Strich unter die Online-Modi ziehen, noch ein Wort über die Verbindungsperformance: Trotz (angezeigter) stabiler Verbindung kam es bei meinem Test immer wieder zu erkennbaren Rucklern und Abbrüchen während der Spielersuche, unabhängig vom Modus. Meine Recherche ergab, dass auch viele andere Spieler von ähnlichen Problemen während der Online-Spiele berichten. Die schwankende Verbindungsperformance ist bereits aus vorhergehenden Teilen bekannt. Dies scheint EA Canada noch immer nicht vollends in den Griff bekommen zu haben und es stört den Spielablauf merklich.

Heimspiel

Die klassischen Offline-Modi Franchise und Be A Pro-Karriere kehren mit wenigen, aber interessanten Neuerungen zurück. Eure wirtschaftlichen Fähigkeiten dürft ihr im Franchise-Modus unter Beweis stellen: Wahlweise mit selbst erstelltem oder bereits existierendem Team begebt ihr euch auf eine maximal 25-jährige Reise, euer Franchise bestmöglich aufzustellen, weiterzuentwickeln und eure Spieler, Fans und Besitzer glücklich zu machen. So könnt ihr Spieler tauschen, Verträge verhandeln und in Gesprächen die Laune der Mannschaft beeinflussen. Euer Heimstadion darf ebenso gewartet und ausgebaut werden, um den Fans ein noch besseres Erlebnis zu bieten.

Zwischen den Saisonen werden junge Spieler gedraftet. Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Aufgabe, junge Spieler zu entdecken, von euren Scouts ernsthaft angegangen werden. Hier kommt die größte Änderung zu tragen: Das Amateur-Scouting System wurde vollkommen überarbeitet, sodass ihr jetzt eine ganze Mannschaft an Experten unter Vertrag nehmen könnt. Jeder Scout hat dabei seine ganz eigenen Stärken und Schwächen, wie regionales Wissen zu einzelnen Ligen.

Werden Spieler länger nicht beobachtet, kommt der sogenannten Nebel des Krieges zum Einsatz. Eure Scouts können nach einiger Zeit die Fähigkeiten der Spieler nicht mehr genau einschätzen. Dem kann durch erneutes Beobachten entgegengewirkt werden. Dies betrifft aber nicht ausschließlich junge Amateur-Spieler, sondern auch aktive Veteranen, gegen die bereits längere Zeit nicht mehr angetreten wurde. Somit hat der Effekt „Nebel des Krieges“ auch Auswirkungen auf Trades und Vertragsverhandlungen. Das neue Scouting-System bringt weitere tiefe in einen bereits sehr ausgereiften Franchise-Modus.

Wollt ihr das Geschehen aber lieber von der anderen Seite betrachten, dürft ihr euch im Be A Pro Modus austoben. Hier gilt es, die Kontrolle über einen einzelnen Spieler, sprich euch selbst, zu übernehmen und euch Tag für Tag auf dem Eis zu beweisen. Wahlweise dürft ihr euch erst mal in der Canadian Hockey League austoben und darauf hoffen, gedraftet zu werden. Weniger Geduldige haben aber auch die Option, direkt in der NHL zu starten. Durch gute Leistungen auf dem Eis könnt ihr in bester Rollenspiel-Manier eure Fähigkeiten verbessern. Benutzt ihr beispielsweise öfters erfolgreich einen gezielten Schlagschuss, verbessert ihr diese Fähigkeit merklich. Zwischen den Spielen kann aber auch an Schwächen im Training gearbeitet werden, welches ihr nicht selbst spielen müsst.

Neu hinzugekommen ist ein Rollenspiel ähnlicher Talentbaum. Durch freigespielte Punkte können spezielle Talente freigeschaltet oder Fähigkeiten verbessert werden. Schwächen können somit ausgeglichen oder Stärken noch weiter ausgebaut werden. Die Präsentation der eigenen Spielerkarriere hinkt aber anderen Sportserien aus dem Hause EA meilenweit hinterher. FIFA und Madden geben hier den Ton an und begeistern mit eigener Story und umfangreicher Inszenierung. Hier herrscht großer Aufholbedarf.

Altlasten

Neben der altbackenen Präsentation plagt sich die NHL-Reihe weiterhin mit einigen Altlasten. Die bekannten NBCSN-Kommentatoren Eddie Olczyk und Mike Emrick sind wieder mit von der Partie. EA Canada gab zwar in einem Interview an, so viele neue Kommentarzeilen wie möglich von den beiden einsprechen zu lassen, nur aufgefallen ist dies leider nur in den seltensten Fällen. So bleibt ein fader Beigeschmack, wenn derselbe Kommentar seit Jahren wiederholt wird.

Weitere kleine, aber unverständliche Überbleibsel aus früheren Versionen sind die Notwendigkeit, ständig manuell zu speichern, oder dass bei jedem Start des Spiels die Sprache neu ausgewählt werden muss. Der bereits erwähnte, unrunde Netzwerkcode bei Online-Spielen dürfte ebenso in diese Kategorie fallen. Und auch die Gegner- und Mitspieler-KI lässt des Öfteren zu wünschen übrig – eine Baustelle die ebenso seit Langem besteht. Abschließend sind auch die Menüs zum größten Teil aus der letztjährigen Version kopiert. Viele der genannten Punkte sind nicht verständlich oder akzeptabel.

FAZIT

Wenn man die diesjährigen Neuerungen genauer betrachtet, lässt das die Frage nach der zukünftigen Ausrichtung der NHL-Spielserie offen. EA Canada investiert vermehrt Zeit in Modi, die Casual-Spieler ansprechen sollen oder In-Game Käufe fördern, während beliebte etablierte Modi stiefmütterlich weiterentwickelt werden. Der Ruf der Fans nach der Rückkehr des GM-Connected-Modus, Winter Classics oder Stadium Series verhallt jedes Jahr im Nichts. NHL 19 versucht, ein breiteres Zielpublikum mit neuen, leicht zugänglichen Modi anzusprechen, und vergisst dabei, ob es eigentlich Simulation oder Arcade sein möchte. Der Franchise- und Be A Pro-Modus bauen auf bekannte Stärken und motivieren jedes Jahr aufs Neue; den Vollpreis rechtfertigen die wenigen Innovationen, gepaart mit bekannten Schwächen, aber auch dieses Jahr nicht.

Ein Gastartikel von Philipp Arnold

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Was ist NHL 19? Jährliche Eishockey Serie, die auf der Nordamerikanischen National Hockey League Lizenz basiert.
Plattformen: PS4, Xbox One
Getestet: PS4 Version
Entwickler / Publisher: EA Canada / Electronic Arts
Release: 15. September 2018
Link: Offizielle Webseite

Gesamtwertung: 6.8

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 6 | Motivation: 8

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