Eagle Flight im Test

Habt ihr gewusst, dass ein Adler wendet indem er seinen Kopf neigt? Vermutlich nicht. Ich auch erst, seit ich Eagle Flight gespielt habe. Okay, mit diesem Wissen kann man vermutlich nicht einmal bei der Millionenshow punkten, dafür ist diese Information aber für Ubisofts VR-Adlersimulation essentiell, denn genau so steuert ihr euer Alter Ego, einen majestätischen Raubvogel, über und durch ein futuristisches Paris.

Beim Gedanken daran, in die Rolle eines Vogels zu schlüpfen schwelge ich unweigerlich in nostalgischen Erinnerungen. Das letzte Mal als dich das tun durfte war anno 1985. Das Spiel hieß Bird Mother auf dem Commodore 64. Schon damals hab ich die Idee eine Vogelmutter zu steuern, die ihren Nachwuchs aufzieht für – sagen wir einmal – ziemlich „kurios“ befunden. Ich spielte es aber trotzdem, vor allem wegen der motivierenden Highscore-Liste. Nun mittlerweile mehr als 30 Jahre später ergeht es mir mit Eagle Flight sehr ähnlich. Aber fangen wir von vorne an. Das Spiel beginnt genau so bizarr wie es auch die grundlegende Spielidee ist: In einem Horst hoch über den Dächern von Paris schlüpft ihr aus einem Ei. Vor euch eure majestätischen Adler-Eltern, daneben euer Geschwisterchen, welches soeben das gleiche versucht. Wir erfahren von einer Off-Stimme das vor rund einem halben Jahrhundert die Menschheit vom Antlitz der Erde verschwunden ist und die Natur sich die Herrschaft über die Welt zurückerobert hat. Das ist der Beginn eurer „Vogel-Karriere“ und diese besteht hauptsächlich aus fliegen, fliegen und wieder fliegen.

Adler-Alltag mit Highscore

Gesteuert wird der Raubvogel, wie eingangs erwähnt, nahezu ausschließlich mittels dem PlayStation-VR-Headset. Kopfneigungen lassen den Vogel in die gewünschte Richtung schwenken, Hoch- oder Runterblicken sorgen für Steig- und Sinkflug. Sehr simpel, erzeugt aber schon nach wenigen Minuten ein tolles Geschwindigkeits- und Fluggefühl. Ohne Gamepad kommt man aber trotzdem nicht aus. Das benötigt man zum Beschleunigen oder Bremsen und für einen Adlerschrei, der wie ein Projektil in Blickrichtung fliegt. Landen kann man übrigens nicht, kracht man gegen ein Gebäude ist man tot.

Im Story-Modus fliegt ihr so durch das menschenleere Paris. Eine richtige Geschichte gibt es zwar nicht, dafür wird die Chronik aller Ereignisse in Form einer Tier-Dokumentation erzählt. Diese beginnt mit einfachen Flügen auf einer vorgegebenen Route, bis über das Finden von Federn, dem Fangen von Fischen oder indem ihr einen verletzten Kumpel vor gierigen Geiern verteidigt. Was sich zunächst als recht interessanter Vogel-Alltag anhört, entpuppt sich aber relativ schnell als wenig abwechslungsreich. Egal ob man der Route eines Ring-Parcours folgt, einen verlassenen U-Bahn Schacht durchfliegt oder seiner auserwählten Paarungs-Partnerin nachjagt, es kommt immer darauf hinaus, das man eine vorgegebene Flug-Strecke so schnell wie möglich absolviert. Warum das Gameplay trotzdem nicht schon nach wenigen Stunden eintönig wird, liegt an den motivierenden Online-Highscore Listen. Man versucht immer wieder ein paar Sekündchen schneller zu sein, oder eine Abkürzung zu finden, nur damit man wieder ein paar Plätze gut machen kann.

Verspieltes Potential

Das Absolvieren aller Missionen im Story-Modus von Eagle Flight dauert in etwa sechs Stunden. Zusätzlich kann das verlassene Paris natürlich auch im freien Flug erkundet werden und freigeschaltene  Experten-Herausforderungen verlängern die Spieldauer zusätzlich. Wer dann noch immer nicht genug hat, der kann sich im Mehrspielermodus beweisen. Hier kämpfen zwei Teams zu je drei Spieler in einer Art „Capture the Flag“ Modus gegeneinander, wobei jedoch die Fahne ein Hase ist, der in den eigenen Horst gebracht werden muss. Bedauerlicherweise leidet dieser Modus aber gleich unter mehreren Defiziten. Beispiele sind da etwa die fehlende Abwechslung, kaum Online-Spieler und keinerlei Matchmaking. Hier wäre definitiv mehr drinnen gewesen.

Bei der technischen Umsetzung ist Ubisoft einige Kompromisse eingegangen. Wer sich etwa eine fotorealistische Darstellung von Paris in der Qualität einer Google Earth VR erwartet, der wird sicherlich enttäuscht sein. Verhältnismäßig polygonarm und mit einfachen Texturen, so präsentiert sich die französische Metropole im Spiel. Dennoch schaffen es die Entwickler ein grafisch einfaches, aber atmosphärisches, postapokalyptisches Paris zu erschaffen. Eiffelturm, Notre-Dame, Louvre,… alle wichtigen Sehenswürdigkeiten befinden sich an den entsprechenden Plätzen, überwuchert von Unkraut und bevölkert von wilden Tieren die sich zurück in die Stadt gewagt haben. Wirklich toll gelungen ist die Präsentation in Form eines Dokumentarfilms. Diese lässt über die eine oder andere technischen Unzulänglichkeit locker hinwegsehen.

FAZIT

Als ich bei der heurigen E3 erstmals den Trailer zu Eagle Flight gesehen habe, dachte ich mit wirklich Ubisoft hat einen Vogel. Wie kann man aus dieser Idee ein vollwertiges  Spiel machen? Und auch nach der ersten Spielstunde waren meine Zweifel nicht ganz ausgeräumt. Aber spätestens nachdem ich die Highscore-Listen entdeckt habe, hat mich Eagle Flight überzeugt. Die Präsentation ist zwar lediglich zweckmäßig, dafür aber erzeugt die simple und intuitive Steuerung tolles Geschwindigkeits- und Fluggefühl. Der einzig große Kritikpunkt ist die mangelnde Abwechslung, vor allem im Mehrspielermodus. 

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 6 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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