F1 2016 – Test

Irgendwie ist es schon etwas rätselhaft: Was bitte war die letzten Jahre mit Codemasters los? Die Spieleschmiede, die schon vor einer gefühlten Ewigkeit mit Race Driver einen Karriere-Modus auf die Beine stellen konnte, in der sogar einzelne Fahrer, denen man während eines Rennens ans Bein gepisst hatte, nachher stinksauer zu einem in die Box kamen, brachte auf einmal Formel 1-Spiele raus, die außer aneinandergereihten Rennen absolut nichts mehr zu bieten hatten (überspitzt formuliert). Wie das passieren konnte? Keine Ahnung. Aber die gute Nachricht: Diese Zeiten sind vorbei! F1 2016 führt die Serie quasi zu altem Glanz, macht im Grunde alles besser als sein Vorgänger und bietet nach langer Zeit endlich wieder mal eine virtuelle Formel 1-Erfahrung, die sein Geld tatsächlich wert ist.

Die Gründe dafür sind vielfältig, großteils aber dem simplen Umstand zu verdanken, dass es wieder einen anständigen Karrieremodus gibt. Und was für einen! Wie „in der guten, alten Zeit“ – also bei F1 2011 – wird euch dieser nämlich nicht mehr nur durch Menüs, sondern durch anständige Cutscenes mit „echten Menschen“ präsentiert. Ihr trefft also eure Agentin, tratscht öfter mal mit euren Ingenieuren und so weiter. Dementsprechend könnt ihr auch wieder einen eigenen Fahrer gestalten, auch wenn die Optionen hier sehr limitiert sind – ihr könnt nur aus einigen Presets auswählen (worunter sich übrigens keine Frauen befinden – schade!). Auch das Helmdesign ist freilich frei wählbar und bleibt euch über eure ganze Karriere lang erhalten. Diese könnte ihr jedenfalls bei drei Kategorien von Teams beginnen: Den Underdogs, dem guten Mittelfeld oder eben den Top-Teams. Alle stellen freilich reichlich unterschiedliche Erwartungen an eure Erfolge, lassen sich aber vor allem auch weiterentwickeln. Durch diverse Erfolge – dazu später mehr – sammelt ihr nämlich Punkte, die ihr in die R&D-Arbeit (Forschung und Entwicklung) eures Teams investieren könnt. Die Schwerpunkte legt dabei ihr fest. So kann man im Karriere-Modus versuchen den spannenden Weg zu gehen bei einem Underdog einzusteigen und im Laufe der Jahre (der Karriere-Modus geht über bis zu 10 Saisonen) irgendwann zusammen so gut zu werden, dass man den Top-Teams wie Ferrari, Red Bull und Mercedes mehr als nur die Stirn bieten kann.

Doch nun zu den versprochenen Details über die Art und Weise, wie man Punkte erringen kann. Das geht nämlich nicht nur durch das bloße und altbekannte Erfüllen eurer persönlichen Ziele während der Rennen (mindestens Platzierung X, vor Fahrer Y landen usw.). Viel mehr hat Codemasters daran gearbeitet, das komplette F1-Rennwochenende für euch so interessant wie möglich zu machen. Während man (oder zumindest ich hab es so gehandhabt) die Trainingsläufe also gerne mal gespritzt hat, sind diese nun durch spezielle Aufgaben spannender geworden. Drei Trainings-Missionen gibt es jeweils: Streckenkenntnis erhöhen (hier muss durch Tore auf der Ideallinie mit idealer Geschwindigkeit gefahren werden), Reifenschonung üben und Maximal-Pace fahren. Erreicht ihr die Ziele, gibt’s Punkte. So haben die Trainingssessions plötzlich wirklich Sinn und ihr durchlebt tatsächlich das ganze Wochenende eines F1-Racers.

Auch an der „Vollständigkeit“ der Rennen selbst wurde gearbeitet. So gibt es nun nicht nur endlich ein Safety-Car, auch die Formation-Lap hat es ins Spiel geschafft. Zudem hat man einige Bereiche der Rennen spannender gemacht – den Start zum Beispiel. Dieser kann auf Wunsch manuell ausgeführt werden. Will heißen: Ihr selbst bestimmt den Moment in dem ihr das Kupplungspedal loslasst. Auch der Reifenpoker obliegt auf Wunsch freilich vollkommen eurem Urteil. Und wer es wirklich wissen will, kann auch den Autopiloten in der Boxengasse deaktivieren.

Freilich ist das eher nur Fortgeschrittenen zu empfehlen – was uns auch gleich zum nächsten Punkt bringt: Fahrverhalten und Realismus … und somit dem wohl einzigen Bereich, wo Codemasters nicht SO viel aufzuholen hatte. Damals wie heute ist die Physikengine des Spiels nämlich wirklich gut – das Fahrverhalten realistisch. Natürlich können aber auf Wunsch zahlreichen Assistenten dafür sorgen, dass auch Noobs Erfolge feiern dürfen. Aber das kennt man ja schon von den Vorgängern. Wo Codemasters hingegen nachgebessert haben will ist die KI. Und in der Tat fahren die CPU-gesteuerten Piloten jetzt nicht mehr dermaßen wie an der Ideallinie festgetackert wie zuvor – wirklich perfekt ist das Ganze aber noch lange nicht. Hier sind andere Games, wie etwa Forza Motorsport, schon deutlich weiter wenn es darum geht, menschliches Rennverhalten zu simulieren. Wer dieses erleben will, kann aber freilich gern jederzeit zum Multiplayer-Modus greifen. Dieser umfasst dieses Jahr nämlich bis zu 22 Spieler – also ein gesamtes Starterfeld; cool.

Nicht gar so „cool“ ist hingegen die Technik: Man merkt einfach, dass hier nun schon zum wiederholten mal die selbe Iteration der Ego-Engine zum Einsatz kommt. Langsam wäre es wirklich an der Zeit, hier mal eine gänzlich neue Version abzuliefern. Denn außer niedrige System-Anforderungen hat das Spiel in Relation zur aktuellen Konkurrenz (Project Cars, Forza Apex und Co.) wenig bis gar nichts zu bieten. Denn obwohl das Ganze bei Regen durchaus nett aussieht, kann das Spiel in Sachen Beleuchtung und Detailgrad einfach im Jahr 2016 nur noch bedingt überzeugen. Auch das Schadensmodell lässt optisch (die technischen Auswirkungen werden gut simuliert) etwas zu wünschen übrig. Statt „echter“, physikbasierter Zerstörung bekommt man nämlich bloß vorgefertigte Animationen zu sehen, wenn ein Teil des Autos schlicht zu viel Schaden eingesteckt hat. Aber hey: zumindest der Sound ist gut. Also … so gut er halt bei den aktuellen „Klangwundern“ an F1-Boliden sein kann …

FAZIT

Puh … das war nochmal knapp. Nach den letzten beiden F1-Games hatte ich ehrlich gesagt schon fast die F1-Games aufgegeben. Umso erfreulicher, mit was für einem runden und guten Offert sich Codemasters nun am Rennspielolymp zurückmeldet. Sicher ist F1 2016 noch immer nicht perfekt, aber dennoch schlichtweg richtig gut – das beste F1-Game bisher, soviel steht fest. Fans der Königsklasse sollten also in jedem Fall zuschlagen – alle anderen aber auch in jedem Fall einen Blick riskieren.

 

Gesamtwertung: 7.6

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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