Bereits seit Jahren befindet sich der eSport im Aufschwung. Immer mehr bekannte Sportvereine stellen ihre eigenen Teams zusammen, was greifbare Förderungen, eine breitere Vermarktung und damit auch höhere Verdienstmöglichkeiten für Profis bedeutet.
Damit einher geht die zunehmende Professionalisierung der Branche. Eindrücklich unter Beweis stellt das etwa der FIFAe World Cup in Kopenhagen.
Erste Weltmeisterschaft seit 2019
Die FIFA-Weltmeisterschaft wird bereits seit Jahren ausgetragen – und zwar im jährlichen Rhythmus. Pandemiebedingt fielen die beiden letzten Termine jedoch aus, sodass die Vorfreude der Teilnehmenden auf den diesjährigen Wettbewerb umso größer war. Der amtierende Weltmeister Mohammed Harkous, der den ersten FIFA-Weltmeistertitel nach Deutschland holte, ist indes nicht dabei: Nach einer durchwachsenen Spielzeit konnte er sich nicht für die WM qualifizieren. Vertreten wird Deutschland stattdessen von Dylan Neuhausen, Koray Kücükgunar, Benedikt Bauer und Umut Gültekin.
Der Turniermodus ist simpel: Gespielt wird zunächst in vier Gruppen mit je acht Teilnehmenden. Die vier Bestplatzierten jeder Gruppe ziehen in die K.O.-Runde ein, in der jeweils mit Hin- und Rückspiel gespielt wird. So wird letztlich der neue Champion gekürt.
Vier Tage in Kopenhagen
Ausgetragen wird der Wettbewerb in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Das Turnier hat am 14.07. begonnen und dauert insgesamt vier Tage. Die beiden letzten Tage des Wettbewerbs sind dabei für die K.O.-Runde reserviert. Der deutsche Vertreter Umut Gültekin sicherte sich am letzten Turniertage im Finale gegen den argentinischen Spieler Nicolas Villalba den Titel – was die Titelverteidigung für Deutschland bedeutete. Die Entscheidung um den Weltmeistertitel 2022 fiel dabei erst im Elfmeterschießen. Nach dem Turniersieg bekundete er nicht nur seine Freude über den Erfolg, sondern kündigte sogleich das nächste Ziel an: Beim bald anstehenden FIFA eNations Cup möchte er im Team mit Mustafa Cankal erneut erfolgreich sein.
Auffällig ist die mediale Aufmerksamkeit, die dem eSports-Turnier zuteil wird. Handelte es sich bei eSports-Veranstaltungen lange um reine Nischenphänomene, sticht die FIFA-Weltmeisterschaft durch Berichte in lokalen wie in überregionalen Tageszeitungen sowie durch eine äußerst professionelle Aufmachung hervor. So wird etwa ein Livestream aller Spiele der K.O.-Runde angeboten, der darüber hinaus durch ein Moderationsteam und themenbezogene Kommentare begleitet wird. In dieser Hinsicht steht der Cup seinem nicht virtuellen Pendant keineswegs nach. Auch die Sponsorenliste ist beeindruckend: Neben EA Sports finden sich hier etwa Coca Cola, Adidas, Visa oder Qatar Airways. Die darin ausgedrückte Professionalisierung zeigt sich auch im Umstand, dass Wetten auf den Ausgang des Turniers möglich sind. Mit einem Online Casino Bonus ohne Einzahlung ist es geschickten Gamern gar möglich, ohne Einsatz eigenen Kapitals auf den eSports-Cup zu wetten.
Finanzielle Chancen und Anerkennung des eSports
Doch nicht nur Unbeteiligte können finanziell vom eSport-Boom profitieren. Auch für die Teilnehmenden geht es in Kopenhagen um weit mehr als den bloßen Spielspaß. Wer das Turnier gewinnt, darf sich nicht nur über Ruhm und Ehre, sondern auch und vor allem über ein Preisgeld von 500.000 Euro freuen.
Die steigende finanzielle Aufmerksamkeit für den eSport lässt sich jedoch nicht nur an diesem Beispiel ablesen, sondern auch in Studien erkennen, die die gesamte Branche in den Blick nehmen. So lagen die Preisgelder aller großen eSport-Turniere weltweit im Jahr 2010 noch bei 3,25 Millionen US-Dollar, 2017 hingegen schon bei 121,1 Millionen US-Dollar.
Mit staatlicher Anerkennung und Förderung ist die steigende wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des eSports jedoch nicht zwingend verbunden, was das Beispiel Deutschlands gut illustriert. Hierzulande haben zwar diverse Sportvereine begonnen, eigene eSport-Teams aufzubauen; der Staat erkennt eSport jedoch nicht als Sport an, was öffentliche Sportförderungen für entsprechende Veranstaltungen ausschließt. In anderen Ländern ist die Lage unterdessen deutlich anders. In den meisten asiatischen Ländern etwa ist eSport als Sport anerkannt und kann entsprechend gefördert werden. Ähnliches gilt für Bulgarien, Brasilien, die Niederlande, Schweden und Großbritannien. In den USA ist es Profis möglich, sog. Athletenvisa zu erhalten, die für Sportprofis gedacht sind.
Besonders umstritten ist die Rolle des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in der Diskussion um die Anerkennung des eSports. Der DOSB hat in seinen Statuten festgelegt, dass als Sportart nur solche Aktivitäten anerkannt werden können, die „eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität“ darstellen. Der Auffassung des DOSB zufolge fehlt es dem eSport genau daran, weshalb eine Anerkennung unmöglich sei. Die Sonderstellung des Schachsports, dem es ebenfalls an genau diesen Aspekten fehlt, wird vom DOSB dabei mit der historischen Situation der Anerkennung begründet: Der Deutsche Schachbund stelle als Gründungsmitglied des DOSB eine Ausnahme dar. Obwohl diverse Parteien mehrfach bekundet haben, sich für eine Anerkennung und damit für die Förderfähigkeit des eSports einsetzen zu wollen, ist in dieser Hinsicht bisher wenig geschehen.
Schub durch die Pandemie?
In letzter Zeit diskutiert wurde auch die Bedeutung der Pandemie für den eSport. Die nun in Kopenhagen ausgetragene FIFA-Weltmeisterschaft war in den beiden vergangenen Jahren zwar ins Wasser gefallen; doch für viele hatten die Lockdowns auch eine Möglichkeit dargestellt, sich verstärkt oder gar erstmals dem eSport zuzuwenden. Anders als im herkömmlichen Sport lief darüber hinaus ein Großteil des Alltagsbetriebs wie gewohnt weiter, da der eSport traditionell stark auf Online-Veranstaltungen setzt. So fanden etwa auch kontinentale FIFA-Meisterschaften weiterhin statt, da sie online organisiert wurden. Für die Weltmeisterschaft war diese Option jedoch nicht attraktiv – auch, da mit erheblichen Verzögerungen in der Übertragung zu rechnen gewesen wäre, die die Chancen in Abhängigkeit vom jeweiligen Aufenthaltsort ungleich verteilt und den Turnierablauf insgesamt gestört hätten. Im Laufe der Pandemie stiegen außerdem die Zuschauendenzahlen bei Livestreams aus dem eSport-Bereich merklich an. Das gesteigerte Interesse an derartigen Veranstaltungen bezieht sich damit nicht ausschließlich auf aktiv Teilnehmende, sondern auch auf die allgemeine Aufmerksamkeit. Insgesamt stehen die Zeichen für die weitere Entwicklung der Branche damit recht gut.
Inwiefern das gestiegene öffentliche Interesse und die sich in den letzten Jahren vervielfachende wirtschaftliche Bedeutung des eSports sich auf die institutionelle Anerkennung und Förderfähigkeit auswirken werden, bleibt abzuwarten. Die nächsten FIFA-Weltmeisterschaften dürften hier – ebenso wie ähnliche Veranstaltungen – als Indikatoren der Entwicklung dienen können. Die nun abgelaufene diesjährige Veranstaltung deutet in jedem Falle bereits stark in die Richtung einer zunehmenden Professionalisierung. Ähnliches deutet auch die im Zusammenhang mit Gültekins Sieg erfolgte Berichterstattung, etwa in der Fußballzeitschrift Kicker an. Vor einigen Jahren noch wäre eine solche Aufmerksamkeit für ein Videospielevent in Sportkreisen kaum denkbar gewesen.