Alle Jahre wieder kommt so sicher wie das Amen in der Kirche eine Neuauflage von EAs Dauerbrenner in Sachen Fußball-Simulation auf den Markt. Wie auch bei den anderen großen Sportserien, die EA für uns im jährlichen Rhythmus auffrischt, so muss man auch bei FIFA die Frage stellen – kann man hier noch Verbesserung und Innovation bereitstellen oder ist es einfach nur eine hübschere Version von aufgewärmtem Kaffee?
Alteingesessen FIFA-Spielern fällt sofort ein großes Spektrum an Funktionen und Wünschen ein, die EA im neuen Serienableger implementieren sollte – und trotzdem kommt es einem so vor, als würde man auf die Community hier nicht hören wollen. So war das reduzierte Tempo in FIFA18 wohl eines der meist kritisierten Änderungen der damals jüngsten Version und doch haben sich Spieler damit abgefunden und sind nicht in Scharen zum einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten PES abgewandert. Es scheint fast so, als verzeihe man EA in der FIFA-Reihe einfach alle Schwächen. Doch stehenbleiben will EA mit seiner Erfolgsserie auch nicht, und so finden dann doch immer wieder Änderungswünsche, vor allem der E-Sports-Größen, ihren Weg ins fertige Spiel.
Lizenzen, Lizenzen und nochmals Lizenzen
Etwas, das EA seit Anbeginn der FIFA-Reihe ständig erweitert, ist der Umfang der Lizenzen, die in das Spiel gepackt werden. Neben der namensgebenden Lizenz des Weltverbands, was dem Spiel Zugriff auf Nationalmannschaften liefert, sind wieder alle großen europäischen Ligen mit dabei, inklusive der österreichischen Bundesliga. Doch diesmal hat EA noch eines draufgelegt und seinem schärfsten Konkurrenten Konami die Lizenz der UEFA Champions League abgeluchst. Diesen Umstand zelebriert EA auch in allen Facetten des Spiels: Nicht nur lautet der Untertitel des Spiels somit Champions Rise, ihr startet auch euer erstes Spiel mit einem fiktiven Champions League Finale 2019 zwischen Paris Saint Germain und Juventus Turin. Und doch merkt man schon hier, dass auch EA vor den Kopf gestoßen werden kann, denn der Wechsel Ronaldos, der Cover- und Leitfigur von FIFA19, von Real Madrid zu Juventus Turin hat nicht nur in der Sportwelt für Überraschung gesorgt, sondern auch bei EA einiges an Entsetzen in den Betrieb gebracht, da man hier alles kurzfristig an den Wechsel anpassen musste.
Altbekannte Variantenvielfalt der Spielarten
An den Möglichkeiten, wie ihr euer Spielerlebnis gestaltet, hat EA zwar kaum etwas verändert, aber man muss auch schon sehr genau suchen, um etwas zu finden, das einem wirklich fehlen würde. So habt ihr wieder den schnellen Spielmodus des Freundschaftsspiels, wo ihr die gesamte Mannschaft in altbekannter Weise steuern und gemeinsam mit bis zu drei Freunden gegeneinander oder miteinander spielen könnt. Ein schon seit Längerem integrierter Modus ist das Spiel der Woche eurer Mannschaft. Ihr könnt euch eure Lieblingsmannschaft auswählen, diese – zumindest digital – unterstützen und so das nächste Meisterschaftsspiel eures Herzensvereins absolvieren.
Noch ein Vertreter der Gattung „immer mit dabei“ ist der Turniermodus, in dem ihr euer eigenes Turnier erstellen und so zum Beispiel hart umkämpfte Turnierabende mit euren Freunden verbringen dürft. Dem Turniermodus hat EA dieses Mal noch eine extra Erwähnung spendiert und so könnt ihr, dank der neuen Lizenzen, die aktuelle Champions League, ganz im Sinne von Champions Rise, mit eurem Favoriten spielen, beginnend mit der Gruppenphase. Auch wieder mit an Bord ist die Möglichkeit, eure eigene Karriere als Spieler oder Trainer zu starten und so zur Ikone zu werden – und diesmal wird dabei nichts mehr ausgelassen oder umbenannt, denn ab sofort heißt der Champions Cup natürlich Champions League.
Für alle diese Modi gibt es wie schon in der Vergangenheit auch Online-Versionen, um gegen Freund und Feind auf dem Platz antreten zu können. Was natürlich nicht fehlen darf, ist auch die Cash Cow von FIFA, nämlich das FIFA Ultimate Team. Was schon in den vergangenen Jahren für EA gut funktioniert hat, wurde auch im neuesten Ableger eingebaut, und so wartet ein etwas aufpolierter Modus wieder darauf, mit Echtgeld gefüttert zu werden.
Doch was ist nun neu?
Die wohl größte Neuerung neben dem Erwerb der Champions League, erfährt FIFA19 in seiner Steuerung und dem daraus resultierenden Gameplay. Hier hat EA einiges verändert, so ist das erste, das einem auffällt, dass FIFA19 nun wieder deutlich schneller als sein Vorgänger ist – zwar noch immer nicht so schnell wie sein Großvater FIFA17, aber dennoch deutlich rasanter als die gebremste Folge aus dem Vorjahr. Aber damit nicht genug, man hat sich auch den Themen Ballführung, Ballkontakt und spielerischer Kreativität ausgiebig gewidmet. So sind Ballannahmen nun viel dynamischer und wesentlich präziser in den Spielfluss beziehungsweise in den Bewegungsablauf zu integrieren als bisher. Auch die Ballführung kann nun so präzise und rund gespielt werden, wie es bislang in FIFA nicht möglich war. Selbst unerfahrene Spieler oder Spieler, die nicht jede Möglichkeit der Steuerung kennen, sind somit in der Lage, nach kurzer Zeit, herrliche Kombinationen zu spielen. Aber auch der Sprint hat sich drastisch geändert: War es bislang noch so, dass sich der Spieler beim Sprint den Ball in einem gemäßigten Rahmen vorlegt, so legt er sich den Ball nun wesentlich weiter vor. Dies macht es schwieriger, in Ballbesitz zu bleiben, da der Gegner nun mehr Chance hat, den Ball abzunehmen. Eine weitere Veränderung hat das Passspiel erfahren: Hat hier zuvor noch jeder kurze oder auch der lange Pass in die Tiefe seinen Abnehmer gefunden, ist es nun so, dass genauer gezielt werden muss, sonst ist das Leder schnell wieder beim Gegner. Gerade die neue Ballführung, gepaart mit dem neuen Passen, führt zu ernüchternden Ergebnissen, denn dies will erstmal erlernt und gemeistert werden. Es gibt zwar nach wie vor für fast alles Hilfen, die sich über das Menü ein und ausschalten lassen, doch beim Passen ist die Hilfe in ihrer maximalen Stufe oft eher hinderlich als hilfreich.
Was wird aus Alex Hunter?
Als man mit FIFA17 zum ersten Mal den Story-Modus einführte, haben viele zunächst die Aktion mit großer Skepsis betrachtet – und doch hat der Protagonist Alex Hunter schnell die Herzen der Fans erobert und man wollte unbedingt wissen, wie seine Geschichte weitergeht. Diese hat man letztes Jahr fortgesetzt und durch seinen besten Freund Danny Williams und seine Halbschwester Kim Hunter mit mehr Leben gefüllt. Und nun? Nun will man die Story rund um Alex in ein finales Kapitel gehen lassen, denn laut Andeutungen von EA soll FIFA19 das letzte Kapitel in der Geschichte rund um Alex werden. Doch bevor wir Abschiedstränen vergießen, wollen wir lieber erleben, was uns geboten wird, denn das ist noch mal eine ganze Menge: Wir haben nämlich nicht mehr bloß Alex zur Auswahl und spielen, so wie in FIFA18, Kim oder Danny gelegentlich mal für einige Spiele, sondern erhalten für alle drei Charaktere eine volle Story, die miteinander verbunden und doch eigenständig ist.
Die ganze Story erstreckt sich über die gesamte Saison 2018/2019 und endet im September 2019 (ein Schelm, wer hier böses denkt) und spiegelt die Erlebnisse der drei in diesem Jahr wieder. In einem Prolog, bei dem ihr zunächst in die Rolle von Kim Hunter schlüpft und ein Auswahltraining für das Frauennationalteam der USA bestreitet, könnt ihr euch dann für Alex oder Danny entscheiden, die mit ihren beiden Vereinen im Finale eines Einladungsturniers in Asien stehen und so mitbestimmen, wer denn dieses Duell gewinnt. Der Prolog endet damit, dass Danny nun seinen Platz in der Premier League erkämpft hat und sich auf die Champions League freut, doch steht er im Schatten seines Bruders, der diese schon gewonnen hat. Kim ist als jüngste Frau ins Nationalteam gekommen und bereitet sich nun auf die Frauenfußball WM vor, und Alex hat es nun endlich geschafft, seinen Platz bei Real Madrid zu bekommen – doch muss er sich nun mit dem Etablieren der Marke und des Sportlers Alex Hunter beschäftigen, ohne auf die Familie zu vergessen. Nachdem ihr den Prolog durch habt, könnt ihr wählen, welchen Charakter ihr gerade spielen wollt – es wird euch aber immer wieder eine Empfehlung gegeben, wenn ihr diesen wechseln solltet, um so die Zusammenhänge besser Überblicken zu können. Der Wechsel ist aber kein Muss.
Neben dem eigentlichen Story-Modus hat sich EA auch im Modus Journey: Champions nicht zurückgelehnt und nur eine neue Story entwickelt, nein, sie haben nun noch neue Spieloptionen hineingebracht. So könnt ihr nicht nur euren Hauptcharakter oder die ganze Mannschaft spielen, sondern habt nun noch eine dritte Option, nämlich die eines Teil des Teams zu spielen. Das mag sich etwas seltsam anhören, macht aber im Kontext der Story durchaus Sinn, denn während ihr als Alex unter die Fittiche von Teamkollegen genommen werdet und so eben diese als sogenanntes Mentoren-Team spielen könnt, ist es bei Kim das Stürmerduo, dem sie angehört. So zu spielen ist spaßig und bringt euch einen riesen Boost in der Verbesserung der Chemie zu den Mitspielern. Dabei alles zu überblicken, ist aber auch enorm anstrengend. Positiv anzumerken ist noch, dass EA alle Entscheidungen, die man in den vergangenen Teilen getroffen hat, berücksichtigt – so sieht man gelegentlich eine Einblendung, die einen darauf hinweist, dass Dinge deshalb passiert sind, weil man sich damals für dies oder jenes entschieden hat.
Also alles toll in FIFA19?
Nicht ganz, denn EA hat zwar alles graphisch aufgepeppt, aber trotzdem geht es in FIFA19 mit der Stadion Atmosphäre in den Keller. Die Zuschauer wirken steif, als hätten sie sich die letzten 5 Jahre nicht weiterentwickelt. Auch die Sprechchöre und Gesänge von den Tribünen wirken so, als wären es schon Ewigkeiten dieselben, und sogar die Stadien sind zwar toll ausgewählt, aber irgendwie lieblos und gefühlt tot. Hier hat der Konkurrent PES klar die Nase vorn. Wenn man die aufwendig digitalisierte Arena Auf Schalke mit dem Santiago-Bernabeu Stadion in FIFA19 vergleicht, ist es wie der Vergleich einer TV-Sendung mit Kino. Hier hätte EA mehr Detailverliebtheit reinstecken müssen, eventuell auch die Anzahl der Stadien reduzieren sollen, diese aber viel besser gestalten. Leider meint es EA auch nicht so gut mit Besitzern der Xbox 360, PS3 und Nintendo Switch. Nach wie vor müssen diese auf den Story-Modus und die Frostbite Engine verzichten. Dies ist verständlich für Besitzer der alten Konsolen Generation, doch gerade Switch-Nutzer würden sicher ein Update begrüßen und sich über den vollen Umfang freuen, zumal sie ja nur kaum weniger bezahlen müssen.
FAZIT
In FIFA19 überstrahlt die neu erworbene Champions League Lizenz alles ein wenig. Man merkt regelrecht, dass EA hier wohl eine Menge Geld springen hat lassen, um sich diesen Deal unter den Nagel zu reißen, und das wollen sie nun der Welt zeigen – nur hat man dabei leider etwas vergessen, auch sonst Neues zu bieten. Trotzdem haben sie an den richtigen Schrauben gedreht, um das Spiel wieder attraktiver zu gestalten. Man muss aber auch sagen, dass es nun eine ganze Menge Übung braucht, um wieder voll in das Spielgeschehen einsteigen zu können. Nach der großen Enttäuschung im letzten Jahr geht EA im FIFA19 jedenfalls wieder in die richtige Richtung und bewirkt einige großartige Verbesserungen, lässt aber dem Quereinsteiger nur wenig Chance, ins Spiel zu finden. Die besseren Animationen und höheren Auflösungen im Spiel sind indessen spürbar und bei schnellen Blicken auf den Schirm nicht immer von realen TV-Übertragungen zu unterscheiden, aber es fehlt ein wenig die Seele des Titels. Stattdessen wird versucht, diese durch den brillanten Story-Modus herzustellen, was alleine jedoch auch nicht ganz ausreicht. So bleibt einem wohl nur, sich mit ein paar Freunden online oder im heimischen Wohnzimmer die Nacht um die Ohren schlagen, um zu sehen, wer der weltbeste Fußballer – oder zumindest der beste des Wohnzimmers – ist.
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Was ist Fifa 19? Der neueste Ableger der bekanntesten Fußball-Simulation.
Plattformen: PC, PS4, XBox One, PS3, XBox 360, Nintendo Switch
Getestet: XBox One X
Entwickler / Publisher: EA Canada, EA Sports / Electronic Arts
Release: 28.September 2018
Link: Offizielle Webseite
Gesamtwertung: 6.4
Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 6 | Handling: 6 | Spieldesign: 6 | Motivation: 6