Es mag auf den ersten Blick seltsam anmuten, wenn jemand diesen Horror-Thriller als Familienfilm bezeichnet. Und doch würde dies auf gleich 2 Arten zutreffen. Einerseits werden die beiden erwachsenen Hauptrollen vom Ehepaar Emily Blunt und John Krasinski verkörpert, wobei letzterer auch Regie geführt hat und am Drehbuch beteiligt war. Andererseits besteht der komplette Cast des Films aus nur 6 Personen, wovon nur eine einzige nicht zu der von furchteinflößenden Monstern heimgesuchten Familie Abbott gehört.
INHALT
Wir befinden uns in einer nicht näher beschriebenen, aber offensichtlich sehr nahen, dystopischen Zukunft. Hoch-aggressive Kreaturen haben den Planeten überrannt und die Menschheit scheinbar nahezu ausgerottet. Diese Monster sind zwar vollkommen blind, verfügen aber über ein unglaublich feines Gehör, mit dem sie selbst über weite Strecken die kleinsten Geräusche nicht nur ausmachen, sondern auch orten können.
Bereits seit über einem Jahr versteckt sich die Familie Abbott – Vater, Mutter und die Kinder – auf einer Farm im amerikanischen Nirgendwo und versucht mit den gefährlichen Lebensumständen zurechtzukommen. Sie bewegen sich nur auf zuvor ausgestreutem Sand, gekocht wird in einem Erdloch und Unterhaltungen werden ausschließlich in der Gebärdensprache geführt. Letzteres ist nicht nur den Monstern geschuldet, denn die älteste Tochter der Abbotts ist zudem taub.
Mutter Evelyn steht kurz davor ihr nächstes Kind zur Welt zu bringen und die ganze Familie ist mit Vorbereitungen für das große, aber auch sehr gefährliche Ereignis beschäftigt, als plötzlich alles schiefläuft und ein Kampf ums nackte Überleben beginnt.
KRITIK
Es kommt eher selten vor, dass Horrorfilme heute noch mit mehr oder weniger frischen Ideen daherkommen. Noch seltener kommt es leider vor, dass diese wenigen dann aus ihrer interessanten Idee auch einen guten Film machen. Winzige Budgets, dumme Studiovorgaben um ein größtmögliches Publikum anzulocken, oder meist unerfahrene Akteure hinter, sowie vor der Kamera, machen immer wieder gute Ideen zunichte.
Im Falle von A Quite Place ist das glücklicherweise nicht der Fall. Die relativ großen Namen von Krasinski und Blunt waren zwar sicherlich keine unwesentliche Hilfe, doch wäre es mehr als unfair das „nicht-scheitern“ des Films darauf zu reduzieren. Denn er hat viel mehr zu bieten, als ein ordentliches Budget und bekannte Gesichter.
Am auffälligsten wäre an erster Stelle das phänomenale Sound-Design zu erwähnen. Vom ersten Moment an schafft es der Film sein Publikum in diese stille Welt zu ziehen. Denn gleich zu Beginn macht er klar, dass auch die bemühtesten Personen immer noch Geräusche von sich geben. Wenn der Film das erste Mal zur Perspektive der tauben Tochter Megan wechselt und plötzlich tatsächlich völlige Stille herrscht, wird einem erst richtig bewusst, wie laut wir selbst dann sind, wenn wir leise sind.
In einer Zeit, in der die meisten Filme versuchen, der bunteste und vor allem lauteste zu sein, etwas zu produzieren, dass Stille zu seinem Hauptmerkmal macht, ist mehr als nur mutig. Dazu kommt, dass der Film über weite Strecken komplett ohne gesprochene Dialoge auskommt. Doch es funktioniert. Genau wie die Abbotts auf der Leinwand, versucht auch das Publikum ganz eindeutig, sein Popcorn so leise wie nur irgend möglich zu essen und das sonst im Kino so beständige flüstern auf ein Minimum zu reduzieren.
Wenn man den Film ganz nüchtern betrachtet, ist A Quiet Place sicher nicht mehr als ein kompetent gemachter, aber in keiner Weise das Genre revolutionierendes Werk. Dafür verläuft die Handlung zu konventionell, werden zu viele Klischees bedient und ist vor allem die Auflösung am Ende zu vorhersehbar. Und doch haben wir hier einen Film, der eindeutig besser ist als die Summe seiner Bestandteile.
Das liegt, neben der schon erwähnten – dem Sound-Design geschuldeten – tollen Atmosphäre, vor allem an den handelnden Personen, eben den Abbotts. Der in der ersten Hälfte doch recht langsame Film schafft es hervorragend, uns ein Gefühl dafür zu geben wer diese Leute sind, wie sie sich fühlen und was sie plagt. Damit wird die Sache fast ein bisschen zur Charakterstudie, ohne diesen Anspruch je zu erheben.
Natürlich kann so etwas, besonders wenn man ohne große Dialoge und Interaktionen auskommen muss, nur dann funktionieren, wenn die Schauspieler dieser Aufgabe gewachsen sind. Und das sind sie. Im Besonderen Emily Blunt liefert eine beeindruckende Performance ab. Glaubwürdig zu vermitteln, was die hochschwangere Mutter durchmacht, ist alles andere als eine leichte Aufgabe und die meistert sie mit Bravour. Und auch die Kinder, oft die schwächsten Glieder in einem Cast, machen hier einen wirklich hervorragenden Job. Bleibt noch John Krasinski, der zwar seinen Part einwandfrei abliefert, in diesem – zugegebenermaßen sehr kleinen Ensemble – aber doch das Schlusslicht bildet.
Wie schon eingangs erwähnt, hat man hier mit einem weit größeren Budget arbeiten können, als für einen Film dieser Art üblich ist. Das erkennt man vor allem bei der technischen Umsetzung. Kamera und Schnitt sind einwandfrei, der Sound hervorragend. Special Effects beschränken sich in erster Linie auf die Darstellung der Monster und die sind sowohl was ihr Design, als auch ihre Implementierung (da komplett am Computer gerendert), sehr gut gelungen. Dafür gibt es so gut wie keine Musik in A Quiet Place. Das ist zwar ungewöhnlich, alles andere wäre aber in einem Film wie diesem einfach unpassend.
FAZIT
A Quiet Place schafft das mathematische Paradox, mehr zu sein als die Summe seiner Zutaten. Denn wenn man ganz genau hinsieht, macht der Film nicht so vieles anders als die große Masse an Horrorfilmen. Und er macht auch ganz sicher nicht alles richtig. Trotzdem sticht er aus der Masse hervor. Die konsequente Umsetzung der Grundidee mit Hilfe eines erstklassigen Sound-Designs, das tolle Ensemble mit einer hervorragenden Emily Blunt als Speerspitze und die, besonders im Kino spürbare, klaustrophobische Atmosphäre machen A Quiet Place zu einem absolut sehenswerten Horror-Thriller.