Die derzeitige Flut an Superhelden-Filmen in den Kinos scheidet generell schon seit einiger Zeit die Geister. Das Marvel Cinematic Universe und seinen zwei bis drei Filmen pro Jahr im speziellen, wird immer öfter die Schuld an einer angeblichen Übersättigung des Publikums vorgeworfen. Angeblich deshalb, weil eben jenes MCU davon so rein gar nichts spürt. Nach dem unglaublich erfolgreichen Black Panther, dem letzten Eintrag in der Reihe, kommt nun mit Infinity War das lange erwartet, dritte Zusammentreffen so ziemlich aller bisher etablierten Helden und Charaktere in die Kinos. Und so viel ist sicher: Auch dieser Film wird nichts von einer Ermüdung des Publikums zu spüren bekommen.
INHALT
Es ist soweit, Thanos, der mächtige Drahtzieher hinter so vielen schon erlebten Abenteuern diverser Helden, tritt aus dem Schatten und wird selbst aktiv. Sein Ziel sind die Infinity-Steine zu vereinen, mit deren Hilfe er zum mächtigsten Wesen des Universums würde, was nur Leid und Zerstörung mit sich bringen kann.
Mit dem Infinity-Gauntlet bewaffnet – einem Handschuh, der es seinem Träger ermöglicht alles 6 Steine zu tragen und auch zu kontrollieren – bringt er einen Stein nach dem anderen in seinen Besitz. Für die seit Civil War arg zerrütteten Avengers bleibt kaum Zeit, sich einen Plan zu überlegen, die schlimmste Bedrohung der sie und alle Welten jemals gegenübergestanden sind, abzuwenden.
KRITIK
Ich mag mir kaum vorstellen, unter welchem Druck vor allem die Drehbuch-Autoren bei einem Projekt wie diesem, gestanden haben müssen. Die Erwartungshaltung der Fangemeinde war schon im Vorfeld so groß, dass einem allein beim Versuch, dem gerecht zu werden, mulmig werden muss. Und doch haben sie es irgendwie geschafft, zumindest meine Erwartungen zu übertreffen.
Was Avengers: Infinity War anbelangt haben mir im Vorfeld zwei Dinge Sorgen bereitet: Wie und ob man es denn schaffen würde, noch weit mehr Charaktere, als in den beiden ersten Avengers Filmen oder Civil War, in einem Film unterzubringen, ohne diesen dabei zu einem Schaulauf verkommen zu lassen. Und wie werden sie es anstellen, einen Bösewicht, von dem man zwar schon einiges gehört hat, aber ihn bisher nur auf einem Thron sitzend und grimmig dreinschauend gesehen hat, zu einer glaubwürdigen Bedrohung für eine Ansammlung der zum Teil mächtigsten Individuen überhaupt, zu machen.
Nun, ersteres Problem umschifft der Film gekonnt durch einen Kunstgriff, der elegant und effektiv zugleich ist. Er teilt seine Handlung in mehrere, mehr oder minder voneinander unabhängige Plotlines auf, die sich immer wieder überschneiden. So schaut man in Wahrheit 3 oder 4 kleinere Filme, die gekonnt ineinander geschnitten sind. Dadurch bleibt das Feld an Akteuren immer überschaubar und wird durch die oben erwähnten Überschneidungen immer wieder neu ausgewürfelt.
Bleibt die Frage nach Thanos. Hier hat mich der Film, um ganz ehrlich zu sein, tatsächlich aus den Socken geworfen. Es ist gemeinhin bekannt, dass bei allem Lob den Marvel Filmen gegenüber, fast alle unter eindimensionalen, austauschbaren Bösewichtern leiden. Dass man gerade jetzt mit dieser „Tradition“ bricht und wie mühelos den eindeutig besten und glaubwürdigsten Big-Bad der gesamten Franchise einfach so aus dem Ärmel schüttelt, überrascht und entzückt zugleich.
Gerade die Avengers Filme könnten es sich am ehesten leisten, einfach ihre Helden zwei Stunden lang auf und ab tanzen zu lassen, um den größten Teil der Fangemeinde zu befriedigen. Und wenn man an Age of Ultron zurückdenkt, wurde das mehr oder weniger auch schon gemacht. Nicht in Avengers: Infinity War. Mit Thanos serviert man Helden und Publikum einen Antagonisten, der zwar einerseits vor keiner Gräueltat zurückschreckt, aber nie zum durchsichtigen Klischee-Bösewicht wird. So überraschend das klingen mag, die emotionalsten Momente des Films gehören ihm. Und das ist nicht nur eine reife Leistung, sondern auch sehr mutig.
Ebenso mutig wie das Ende, womit wir zu den Problemen kommen. Auch wenn ich persönlich das Ende sehr genossen habe, so gehe ich fest davon aus, dass nicht jedermann damit zufrieden sein wird. Nachdem wir es bei Avengers: Infinity War ja auf eine, auf zwei Filme aufgeteilte Story zu tun haben (der zweite hat zwar noch keinen offiziellen Titel, startet aber am 25.04.2019, also in genau einem Jahr), ist das Cliffhanger-Ende zwar keine große Überraschung, wird aber sicherlich nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen.
Eine andere Sache ist der doch stellenweise konstruiert wirkende Handlungsverlauf. Das tut dem Ganzen, wenn man sich auf den Film einlässt, sicher keinen Abbruch, und ist der schweren Aufgabe geschuldet, alles und jeden im Film unterzubringen. Ein weiteres kleines, aber in der Franchise immer wiederkehrendes Manko, sind die an sich erstklassigen, aber immer wieder holprigen CGI-Effekte. Es gibt im vorliegenden Fall nur eine einzige, wirklich kleine Sequenz, die negativ auffällt. Doch gerade in einem so teuren und ansonsten visuell absolut überzeugenden Film, sticht so etwas dann ganz besonders heraus.
Thanos‘ Beweggründe für sein Handeln mögen dann auch noch dem einen oder anderen Fan der Comics sauer aufstoßen. Hier entfernt man sich nämlich dann doch recht weit von der Vorlage, was dem Endergebnis aber in keinster Weise schadet. Alles in allem eine Handvoll kleiner Macken, an denen sich manche mehr, andere weniger stoßen werden, letzten Endes dem Film aber nur marginal schaden.
Zur Besetzung muss ich, denke ich, nicht allzu viel sagen. So gut wie alle Darsteller sind aus vorangegangenen Filmen bekannt und machen ihre Sache geschlossen sehr gut, bis ausgezeichnet. Und auch Sound, Musik, und alle anderen handwerklichen Bereiche, müssen sich keine Kritik gefallen lassen. So steht also einem aufregenden (und zwar sehr langen, aber zu keinem Zeitpunkt langweiligen) Kino-Abenteuer nichts im Wege.
FAZIT
Ganz egal was man sich von Avengers: Infinity War erwartet, die Erwartungen werden erfüllt. Kann man mit dem MCU nichts anfangen, wird auch dieser Eintrag wohl nichts daran ändern. Im Gegensatz dazu bekommen Fans alles geboten, was sie sich erhofft haben. All ihre Helden in einem epischen Kampf um alles oder nichts, in dem niemand sicher ist und alles passieren kann. Dazu den mit Abstand bisher besten Schurken des MCU und ein spektakuläres Setup für den nächsten Avengers Film. Ein paar kleine Makel an verschiedenen Stellen verhindern zwar, dass sich Infinity War an die qualitative Spitze der Reihe setzt, ganz vorne mit dabei ist er aber allemal.