Filmkritik: Baby Driver

Schon alleine der Name des neuen Films von Edgar Wright dürfte den Herrschaften in der Marketingabteilung von Sony Pictures gehörig Kopfzerbrechen bereitet haben. Ganz zu schweigen vom Film selbst. Wie bewirbt man eine Action-, Crime-, Heist-Romanze mit einem guten Schuss Humor und einer Überdosis Musik, die noch dazu so einen Namen trägt? Und auch wenn sie sich bestimmt sehr viel Mühe gegeben haben, schaffen sie es doch nicht ganz, dem aktuellen Werk des Kopfes hinter Filmen wie „Shawn oft the Dead“, „Hot Fuzz“ oder „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“, gerecht zu werden.

Inhalt

Baby hat nicht nur einen ungewöhnlichen Namen, sondern auch einen ebenso speziellen Job. Der junge Mann ist professioneller Fluchtwagenfahrer und wohl einer der besten in diesem Metier. Abgesehen davon leidet er nach einem schweren Unfall an einem dauerhaften Tinnitus und hört daher ständig Musik mit seinem i-Pod, um das Summen in seinen Ohren zu übertönen.

Wegen einer Dummheit in seiner Jugend muss Baby beim Gangster Doc eine große finanzielle Schuld abarbeiten, indem er für diesen die Rolle des Fluchtfahrers bei diversen Raubüberfällen übernimmt. Das tut er so brav und äußerst zuverlässig, dass ihn Doc als seinen persönlichen Glücksbringer ansieht. Doch als Baby sich in die süße Kellnerin Deborah verliebt und sich zudem herausstellt, dass sein Boss nicht die Absicht hat ihn nach der Tilgung seiner Schuld einfach von Dannen ziehen zu lassen, nehmen die Dinge bald einen dramatischen Lauf…

Bildnachweis: © 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

Kritik

Was sich in der Plot-Beschreibung nach einem Crime-Drama aus der Mottenkiste anhört, ist trotz einiger harter und dramatischer Momente im Herzen eine leichtfüßige und actionreiche Gangster-Romanze. Und damit sind wir auch schon beim Kern des wohl größten Problems von Baby Driver angelangt. Wer sich einen Actionfilm erhofft wird genauso enttäuscht sein wie jemand der sich eine Komödie, ein Kitsch-Fest oder ein Crime-Drama erwartet. Er ist nichts davon und doch von allem ein wenig. Dadurch lässt er sich furchtbar schlecht beschreiben, vermarkten und nimmt sich selbst ein definiertes Zielpublikum.

Ein Fehler, oder gar Zufall, war das aber ganz sicher nicht. Edgar Wright schert sich nicht um Genre-Konventionen, das hat er schon mit Shawn oft the Dead bewiesen. Worum es ihm geht ist Spaß. Er nimmt sich wohlbekannte Versatzstücke und bastelt daraus etwas, dass in erster Linie Spaß machen soll. Und genau den bekommt man auch, vorausgesetzte man geht nicht mit falschen Erwartungen ins Kino.

Das liegt zu einem nicht unwesentlichen Teil an den farbenfrohen Charakteren und deren Besetzung. Ansel Elgort nimmt man den unglücklich auf die schiefe Bahn geratenen Jungen mit dem Herzen aus Gold nur zu gerne ab und Lily James als Deborah ist so hinreißend verträumt und doch entschlossen, dass man sich gleich mitverlieben möchte. Doch auch die vorwiegend zwielichtigen Nebenakteure brillieren. Da wäre der immer brilliante Kevin Spacey als berechnender Gangsterboss Doc, John Ham als schmieriger Koks-Junkie Buddy und ein seit langem nicht mehr so guter Jamie Foxx, der den smarten, aber völlig durchgeknallten Bats mimt. Trotz dem sie alle eigentlich zu den Antagonisten gehören sind sie doch so liebenswürdig geschrieben (und dargestellt), dass mag sogar für diese Schwerverbrecher eine gewisse Sympathie empfindet.

Eine fast größere Rolle als die Schauspieler nimmt in Baby Driver die Musik ein. Weit mehr als nur reine Untermalung, benutzt sie Wright hier als Stilmittel. Wir hören was Baby hört und so wird nachvollziehbar, wie wichtig dem Jungen die Musik ist und wie sie einsetzt um sich zu pushen. Ganz nebenbei trägt der überwiegend aus Soul-Songs der 60er und 70er Jahre bestehende Soundtrack viel zur generellen, auch in dramatischen Momenten, immer positiven Stimmung bei.

Aber der für seine Liebe zum Detail, was Bild- und Sound-Editing betrifft, bekannte Regisseur geht noch weiter. Er bindet stellenweise Songs so in seine Schnittabfolge ein, als wären die Bilder zur Musik choreografiert, aber subtil genug, dass man es auch für Zufall halten könnte… wenn es einem überhaupt auffällt. Ganz allgemein ist auch dieser Film, wie auch Wrights frühere, eine Schatztruhe an versteckten Gags und liebevoll eingebauten Details.

Die Action findet, abgesehen von einer großen Schießerei (bei der man ganz genau hinhören sollte), in erster Linie auf den Straßen statt. Hier hat man sich von George Miller, dem Macher der Mad Max Reihe, beraten lassen und das sieht man. Echte Autos und echte Stunts, die ohne Effekthascherei, wie durch die Luft fliegende Fahrzeuge und Explosionen, auskommen.

Bildnachweis: © 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

Fazit

Alles in allem ist Baby Driver ein wunderbar komponierter Feelgood-Song (um beim musikalischen Thema zu bleiben), der nichts weiter will als zu unterhalten. Die Handlung ist zwar simpel gestrickt, macht aber vor allem dank der liebenswerten Charaktere absolut Spaß. Besonders Filmfreunde die gerne etwas genauer hinschauen (bzw. hinhören) und auf Details achten, werden hier wohl auch beim zweiten oder dritten Ansehen noch ihre Freude haben. Dennoch bleibt zu befürchten, dass der große Erfolg ausbleibt, da durch die Weigerung sich in ein konkretes Genre einzufügen, enttäuschte Erwartungen vorprogrammiert sind.

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