Filmkritik: Bad Times at the El Royale

Trailer werden immer schlechter. Meistens zu lang, zeigen sie, je nach Genre, die besten Parts des Films, sind zur scheinbar immer gleichen Musik auf die immer gleiche Weise geschnitten und schrecken immer wieder auch vor massiven Spoilern nicht zurück. Da freut es einen Trailer-Fan wie mich, wenn mal etwas wirklich Frisches daherkommt, so wie eben der Trailer zu „Bad Times at the El Royale“. Wenn dann auch noch der Film halten kann, was die Vorschau verspricht, ja dann haben wir einen glücklichen Kritiker und einen sehenswerten Film am Start.

INHALT

An einem schönen Sonntagnachmittag, irgendwann um das Jahr 1970, fährt die sorgen-geplagte Sängerin Darlene am El Royale vor, einem einst berühmten, aber jetzt etwas heruntergekommenen Hotel, das sich genau auf der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada befindet. In der Lobby trifft sie auf den ältlichen Father Flynn und den wenig sympathischen Staubsauger-Vertreter Laramie Sullivan, die bereits ungeduldig auf den nicht auffindbaren Pagen warten. Als Miles, so sein Name, endlich auftaucht um den neuen Gästen ihre Zimmerschlüssel zu geben, trudelt ein weiterer Gast ein. Die ganz offensichtlich nervöse und mehr als nur unfreundliche Emily.

Schnell wird klar, dass hier nichts so ist wie es zu sein scheint und jeder hier etwas zu verbergen hat, ja sogar das Hotel selbst. Sullivan, der ganz bestimmt keine Staubsauger verkauft, stolpert als erster über die verstörenden Vorgänge hier und setzt damit eine Abfolge von Ereignissen in Gang, die niemand hätte voraussehen hätte können. Eine draußen stürmische und drinnen hochexplosive Nacht steht den Gästen des El Royale bevor. Eine, dessen Morgen zu erleben schnell zum alleinigen Ziel wird.

© 2018 Twentieth Century Fox

KRITIK

Sieben Personen, ein Hotel, eine Nacht. Das ist, in ganz kurzen Worten das Setup zu Bad Times at the El Royale. Damit haben wir es im Grunde mit einem Kammerstück zu tun und wer sich dabei an The Hateful Eight erinnert fühlt, denkt schon in die richtige Richtung. Hier wie dort wird das eigentliche Geschehen immer wieder durch Rückblenden oder Einspielungen unterbrochen, um dem Zuschauer häppchenweise immer mehr Hintergrundinformationen zukommen zu lassen. Zudem laufen die Ereignisse der Nacht nicht immer chronologisch ab, oder es passieren Dinge synchron und wir sehen sie aus verschiedenen Perspektiven.

Ein starkes Skript ist die oberste Grundvoraussetzung, damit ein Film dieser Machart funktionieren kann. Zum einen muss der Plot fesselnd genug sein, um die räumliche Limitierung und den Mangel an mehr, oder neu hinzukommenden Charakteren, zu kompensieren. Zudem müssen besagte Charaktere glaubwürdig sein und nachvollziehbar agieren, sonst bricht das Story-Kartenhaus in sich zusammen. Und schließlich muss man ganz genau wissen wo und wie oft man die laufende Handlung unterbricht, sonst läuft man Gefahr den Spannungsbogen zu unterbrechen oder das Publikum zu verwirren, bzw. zu überfordern. Hier ist der einzige Makel die Laufzeit, denn obwohl der Film von Anfang bis zum Ende unterhält, hätte ihm die eine oder andere Minute weniger sicher gut getan.

© 2018 Twentieth Century Fox

Schon an diesem Punkt beweist Drew Goddard, der neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich ist, dass sein Erstlingswerk The Cabin in the Woods (das er gemeinsam mit Joss Whedon geschrieben hat), kein Zufall war. Der Mann hat ein gutes Händchen dafür, sein Publikum fest in den Griff zu bekommen, es immer wieder in die Irre zu führen und ihm gleichzeitig Informationen zukommen zu lassen, um es investiert zu halten. Dass sich der Spannungsbogen währenddessen ganz langsam aber unaufhörlich immer mehr spannt, fällt einem das selbst erst auf, wenn die Knöchel in den Händen beginnen, vom Festkrallen zu schmerzen.

Ebenfalls wichtig für so ein Kammerspiel ist ein interessantes Setting und dessen Präsentation. Das El Royale und die Ära, in der sich die Geschichte abspielt, sind wie geschaffen dafür. Vietnamkrieg, Hippies, Geheimdienste überall, dazu ein ehemals weithin berühmtes und von allerlei Größen aus Politik und Showbusiness besuchtes Hotel, dass nun so gut wie leer steht, aber aus unerfindlichen Gründen immer noch betrieben wird. Dieses Setup allein vermittelt schon für sich eine Aura von Geheimnissen, Verschwörungen und Verbrechen, noch bevor die Handlung richtig in Fahrt kommt.

Und dann ist da natürlich die Besetzung. Bei einem so kleinen Ensemble müssen die Schauspieler nicht nur ihre Rollen glaubwürdig darstellen, sie tragen auch die Handlung und damit den ganzen Film, denn was anderes, bzw. „mehr“ kommt nicht nach. Hier brilliert ein wieder mal zur Höchstform auflaufender Jeff Bridges als Father Flynn. Obwohl sehr schnell klar wird, dass der Pfarrer wenig Heiliges an sich hat, hat er vom ersten Moment an alle Sympathien auf seiner Seite. Jon Hamm wiederholt mehr oder weniger seine Paraderolle aus Mad Men, was hier aber ganz wunderbar passt. Auch der Rest des überschaubaren Casts überzeugt auf voller Länge, wobei noch Dakota Johnson Erwähnung finden sollte, der nach der 50 Shades-Reihe wohl niemand schauspielerisches Talent zugetraut hätte. Und natürlich ein Lob an Chris Hemsworth, der sich mit dieser Rolle ganz weit aus seiner Superhelden-Komfortzone lehnt.

© 2018 Twentieth Century Fox

Womit wir beim handwerklichen Teil angekommen wären. Und genau hier setzt Goddard seinem ohnehin schon absolut gelungenen Kammer-Thriller erst noch die Krone auf. Das fabelhafte Set- und Kostümdesign machen da nur den Anfang. Die in wunderbar abwechslungsreicher Kamera-arbeit eingefangenen und der Zeit entsprechenden, knallbunten Bilder, bieten einen schrägen Kontrast zur mehr als nur düsteren Handlung. Ungewöhnliche, aber effektive Einstellungen, überlange Shots und harte Schnitte geben sich die Klinke in die Hand und binden die vielen, das eigentliche Geschehen unterbrechenden Rückblenden nahtlos und homogen ins Gesamtwerk ein. Ein Lob also auch an den Editor. Special Effects beschränken sich hier mehr auf Maske und einige kleine Stunts, überzeugen jedoch auf voller Länge.

Soundtrack und Sounddesign haben sich ebenfalls großes Lob verdient. Ersterer fängt die Zeit und vor allem auch den Wandel der Zeit in der Bad Times spielt, ganz hervorragend ein, in dem er auf durchwegs bekannte, sich aber musikalisch immens unterscheidender populärer Songs setzt. Das verdeutlicht wunderbar die Kluft zwischen den Generationen, die niemals so tief war wie damals in den Vereinigten Staaten. Dazu wird besonders in den teils sehr langen Einstellungen mit superbem Sounddesign gearbeitet, um die ohnehin schon unheilvolle Stimmung noch gehörig anzuheizen.

© 2018 Twentieth Century Fox

FAZIT

Bad Times at the El Royale ist ein spannender und brutaler Thriller im Stile eines Kammerspiels. Auch wenn nicht alle Wendungen nicht wirklich überraschen und der Film vielleicht um einen Ticken zu lang geraten ist, haben wir es hier trotzdem mit einem packenden und ungewöhnlich aufgebauten Stück Kino zu tun, in dem so viel so viel audiovisuelle Kreativität steckt, wie man es von einer modernen Hollywood-Produktion niemals erwartet hätte. Dazu kommt ein Cast der mit Leichtigkeit und Freude an der Sache die nicht einfache Aufgabe stemmt, das ganze Handlungsgerüst zu tragen und ein Regisseur der hiermit bewiesen hat, dass sein Erstling kein Glücksgriff war und man auch weiterhin auf seine Arbeiten gespannt sein darf, auch wenn er sich hier eindeutig von Tarantinos Stilmitteln inspirieren hat lassen.

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