Filmkritik: Das krumme Haus

Verfilmungen der Werke von Agatha Christie gibt es wie Sand am Meer, doch deren Blütezeit ist lange vorbei. Abgesehen von der etwas holprigen Neuverfilmung von „Mord im Orientexpress“ aus dem vergangenen Jahr, ist es seit langem sehr still um die einstige Garantin für verkaufte Kinotickets und Einschaltquoten. Nun wagt sich aber wieder jemand an ihr Vermächtnis und verlässt sich dabei nicht auf die allseits bekannten Namen Marple oder Poirot, sondern versucht sich an einer weniger bekannten, aber ebenso verworrenen Mördergeschichte Christies.

INHALT

Als der schwer-reiche Großindustrielle Leonides unerwartet verstirbt, geht die Nachricht durch die Presse wie ein Lauffeuer. Der junge Privatdetektiv Hayward verfolgt die Nachrichten mit besonderem Interesse, denn ihn verbindet eine schmerzhafte Vergangenheit mit des Toten Enkelin. Als diese plötzlich bei ihm im Büro sitzt und ihn bittet, herauszufinden ob ihr Großvater ermordet wurde, kann er nicht ahnen worauf er sich bei diesen Ermittlungen einlässt.

Die mehr als nur exzentrischen Familienmitglieder und Bewohner des riesigen Herrenhauses des Verstorbenen, machen Hayward das Leben und seine Ermittlungen mehr als nur schwer. Zudem stellt sich schnell heraus, dass Leonides tatsächlich ermordet wurde und ein erster Verdacht fällt auf die junge, zweite Frau des Millionärs. Doch bevor er sich versieht, überschlagen sich die Ereignisse und weitere Leben stehen auf dem Spiel.

© 2018 Twentieth Century Fox

KRITIK

Als jemand der die Vorlage vor vielen Jahren, in seiner Jugend, gelesen hat und sich zwar an keine Handlungs-Einzelheiten, aber ganz klar an die Grundstruktur und Stimmung des Buches erinnern kann, wage ich zu behaupten hier eine überaus vorlagengetreue Adaption vor mir zu haben. Was wir haben ist ein klassischer Krimi, der ebenso aus der Blüte des Genres, den 50er-80er Jahren, stammen könnte. Und das ist Fluch und Segen zugleich, denn während es auch heute noch sicherlich eine Menge Fans eben dieser Gattung Film gibt, wage ich zu bezweifeln, dass die klassische Machart bei einem jungen, modernen Publikum ankommt.

Das krumme Haus folgt dem so typischen Muster eines Agatha Christie Romans. Nach dem die Handlung eröffnenden Verbrechen, lernen wir im Zuge der Verhöre und Beobachtungen des Protagonisten, die Riege der Verdächtigen und ihre jeweiligen Motivationen und Charakteristika kennen. Auch der schnell gefundene Täter, der sich dann aber doch als unschuldig herausstellt und die sich durch weitere Verbrechen immer weiter zuspitzende Handlung, sind bekannte Stilmittel des Genres. Trotzdem, oder auch gerade deshalb, funktioniert die ganze Sache aber ausgezeichnet, sofern man dieser Art Film etwas abgewinnen kann.

© 2018 Twentieth Century Fox

Eine willkommene Abwechslung vom so bekannten Schema, ist der Umstand, dass unser Detektiv aufgrund seiner Verbindung zur Enkelin, auch persönlich in die Sache involviert ist. Zudem verzichtet diese Story auf das klassische Zusammenkommen aller Akteure am Ende, um vor versammelter Mannschaft die Geschehnisse aufzurollen und den Übeltäter zu entlarven. Das gewählte Ende ist zwar bis zur allerletzten Minute spannend, weiß jedoch leider nichts mit seinen letzten Momenten anzufangen und reißt den Zuschauer stattdessen mit einem so abrupten „The End“ aus dem Film, dass man sich fragen muss ob denn das nicht besser gelöst werden hätte können.

Was also als klassischer Krimi alter Schule hervorragend funktioniert, wird ein Publikum, dass nach dieser Ära aufgewachsen ist, kaum wachhalten können. Viel zu langsam ist der der Aufbau, die erste Hälfte des Films besteht fast ausschließlich aus Gesprächen und viele der Motive und Hintergründe hat man schon hunderte Male in anderer Form gesehen. Zudem ist gerade der Protagonist, trotz seiner Involvierung in den Fall, der mit Abstand uninteressanteste Charakter der Geschichte.

© 2018 Twentieth Century Fox

Glücklicherweise machen das aber die schrägen Familienmitglieder des Ermordeten wieder weg. Auch hier werden zwar bekannte Klischees aufgetischt (die erfolglose und dem Alkohol nicht abgeneigte Schauspielerin, die Söhne, die um die Gunst des Vaters eifern, usw.), doch der durch die Bank sehr gute Cast holt das bestmögliche aus den Figuren heraus. Vor allem Glenn Close und Christina Hendricks seien hier erwähnt, die beiden Damen liefern erstklassige Leistungen ab. Enttäuschungen gibt es keine, selbst Max Irons als Hayward macht seine Sache wirklich gut, auch wenn seine Rolle wirklich nicht viel hergibt.

Auch handwerklich orientiert sich Das krumme Haus an den Klassikern des Genres. Eine gemächliche Kamera, die immer auf den Akteuren fixiert bleibt und ein ebenso ruhiger und unaufgeregter Schnitt. Letzterer wagt eine Handvoll interessanter Schauplatzwechsel, lehnt sich aber keineswegs zu weit aus dem Fenster. Special Effects gibt es erwartungsgemäß kaum, dafür ein ausgezeichnetes Set- und Kostümdesign, das die 50er Jahre, in denen der Film spielt, wunderbar transportiert. Die Musik fällt bis auf eine Montage gegen Ende kaum auf, dort zeigt sie aber eine enorme Wirkung, davon hätte ich gerne mehr gesehen.

© 2018 Twentieth Century Fox

FAZIT

Für alle, die sich über jede Wiederholung eines der klassischen Krimis aus dem letzten Jahrhundert freuen, oder leidenschaftlich diverse Krimi-Serien verfolgen, bietet Das Krumme Haus einen guten Anlass einen Ausflug ins nächste Kino zu unternehmen. Denn in seinem Genre kann der Film uneingeschränkt überzeugen. Im großen Gesamtbild des heutigen Kinos gesehen, fällt das Urteil aber leider doch etwas ab. Die ganze Machart ist wenig zeitgemäß, die erste Hälfte doch recht zäh und ganz sachlich betrachtet, hat man alles was da geboten wird, schon verdammt oft in ähnlicher Form gesehen.

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