Filmkritik: Der dunkle Turm

Stephen King ist wohl der Rekordhalter was Leinwandumsetzungen seiner Romane und Kurzgeschichten betrifft. Das Spektrum reicht dabei von der obskuren Direct-to-Video Verwurstung, wie etwa „The Mangler“, bis zu anerkannten Klassikern a la „Shining“ oder „Die Verurteilten“. Nur an seine Roman-Reihe rund um den dunklen Turm hat sich niemand herangetraut. Bis jetzt. Neben einer in der Planungsphase befindlichen TV-Serie, kommt nun nach vielen Jahren des Hoffens und Bangens von Fans, das Opus Magnum des Schriftstellers erstmals in die Kinos.

Hintergrund

Bereits 1982 veröffentlichte King mit „Schwarz“ den ersten Teil dessen, was zu seinem umfangreichsten Werk werden sollte. Dreißig Jahre sollten vergehen bis er mit „Wind“ 2012 die Reihe endgültig abschloss.

8 Bücher mit insgesamt über 5000 Seiten Umfang, die von der epischen Reise des Revolvermannes Roland und seiner Gefährten zum dunklen Turm erzählt. Der Weg führt sie nicht nur durch ungewöhnliche und gefährliche Regionen, sondern auch in andere Welten und die tiefsten Abgründe ihrer eigenen Seelen.

© 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

INHALT

Seit dem Tod seines Vaters wird der junge Jake von Albträumen und Visionen einer anderen Welt geplagt. In dieser versucht ein mysteriöser und zweifelsfrei sehr gefährlicher Mann in Schwarz einen riesigen, in den Himmel aufragenden Turm zum Einsturz zu bringen. Als Jake in einem verlassenen Haus auf ein Portal stößt und es durchschreitet, landet er direkt vor den Füssen des Revolvermanns Roland. Der ist ebenfalls auf der Suche nach dem Mann in Schwarz, den er Walther nennt, aber aus ganz persönlichen Gründen. Jake erfährt, dass der dunkle Turm aus seinen Träumen das Gefüge des Universums und aller darin enthaltener Welten zusammenhält und dass nur er eine ganz besondere Gabe hat, die es ihm möglich macht, dessen Zerstörung zu verhindern.

KRITIK

Wo fange ich nur an? Vielleicht mit der Grundidee, aus einer mehrere tausend Seiten umfassenden Geschichte, einen knapp über 90 Minuten langen Film zu stricken? Gerade in einer Zeit in der epische, mehrere Filme übergreifende Franchises keine Seltenheit mehr sind und übergroße Vorlagen zu aufwendigen Serien (siehe Game of Thrones) gemacht werden? Es bricht mir das Herz, zu sehen wie man einer Reihe wie dieser nicht mehr gönnt als einen halbherzigen Actionfilm, während im gleichen Atemzug ein Mobile-Game Namens Angry Birds zur Film-Serie gemacht wird.

Der Zynismus mit dem man hier zu Werke gegangen ist, lässt sich auch kaum verstecken. Die Macher haben sich einfach alles aus der Vorlage herausgepickt von dem sie sich Umsatz versprechen und alles weggelassen, dass sie für zu schwierig oder ungeeignet für ein Massenpublikum erachten.

Natürlich ist da der ikonische Hauptcharakter, allerdings ohne jede Tiefe. Ikonisch ist er hier nur, weil uns das vom Film so gesagt wird, nicht aufgrund seiner charakterlichen Eigenschaften. Der Junge, der eigentlich in erster Linie damit beschäftigt sein müsste, mit seinem tragischen Schicksal zurechtzukommen, wird zur unglaubwürdigen Heldenfigur hochstilisiert. Der eigentlich sehr subtile und gerade dadurch so furchteinflössende Mann in Schwarz verkommt zu einer lächerlichen Mischung aus Lord Voldemort und dem Joker.

© 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

Leider trifft es nicht nur die Figuren. Die vielen schwierigen Themen mit denen sich die Bücher befassen, wie etwa Rassismus, Geisteskrankheiten, Verlust, Rache oder auch philosophischen Fragen über die Existenz an sich, werden einfach ignoriert und durch Actionsequenzen ersetzt. Ironischerweise hat man es trotz des Versuchs alles zu Düstere aus der Geschichte zu entfernen geschafft, den wohl zynischsten Film seit langen zu produzieren. Die nebensächliche Art und Weise wie zum Beispiel mit Jakes Mutter oder der Funktionsweise der Maschine, die der Mann in Schwarz nutzt um den Turm zu zerstören, umgegangen wird, ist erschreckend. Auf der anderen Seite wird versucht, Fans der Romane mit kleinen Eastereggs zu befriedigen, die wiederum uneingeweihte Zuseher nichts weiter als verwirren werden.

Darstellerisch bewegt sich Der dunkle Turm dennoch auf einem hohen Niveau, was aber keineswegs dem Drehbuch geschuldet ist. Idris Elba verströmt mit einer solchen Leichtigkeit Charisma, dass er es fast schafft Roland die Größe zu geben, die er eigentlich verdient hätte. Matthew McConaughey hat sichtlich Spaß in seiner Rolle als das personifizierte Böse, verfehlt den Charakter damit aber komplett, was man ihm aber nicht vorwerfen kann, wenn es das Drehbuch so verlangt. Sogar Tom Taylor, der Jake verkörpert, macht das beste aus der unspielbaren Aufgabe, darzustellen was in diesem Jungen vorgeht. Eine kleine Erwähnung gebührt noch der aus der Serie „Vikings“ bekannten Katheryn Winnick, die alles aus der furchtbar undankbaren Rolle von Jakes Mutter herausholt. Hollywood möge dieser Frau doch endlich ordentliche Rollen zukommen lassen!

Technisch geht der Film im Großen und Ganzen in Ordnung, auch wenn mir ein paar äußerst seltsame Schnitte ins Auge gestochen sind und die CGI-Effekte nicht immer überzeugen. Die Actionsequenzen sind kompetent gestaltet, wenn auch ein wenig übertrieben, etwa in der Sequenz als Roland vom Revolvermann zum Akrobaten mutiert.

Wenn man die Vorlage komplett aus der Gleichung herausnimmt und den Film als reinen Fantasy-Actionfilm betrachtet, funktioniert er leider auch nur sehr bedingt. Dafür gibt es zum einen schon zu viele dieser Art und Qualität, und zum anderen ist er trotz (oder gerade wegen) aller Versuche alles Schwere aus der Geschichte zu nehmen viel zu düster und gefühlskalt.

© 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

FAZIT

Der dunkle Turm ist aus Sicht eines Fans, der die Bücher liebt und deren Figuren endlich auf der großen Leinwand sehen will, eine einzige Katastrophe. Abgesehen von Roland, Jake, Walther und einer handvoll Versatzstücke aus beliebigen Bänden, die hier irgendwie wieder zusammengeklebt wurden, ist nichts von der Vorlage übrig geblieben. Wer sich also eine brauchbare Umsetzung des Stoffes erhofft, der sollte diesen Film auslassen und für die geplante Serie die Daumen drücken. Als reiner Actionfilm funktioniert der Film halbwegs, aber auch nicht gut genug um irgendjemandem empfohlen werden zu können. Dafür ist er zu austauschbar.

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test