Disney meldet sich mit einem weiteren Eintrag in die Riege der „Remakes von Filmen, die keines brauchen“, dieses Mal mit einem ganz besonderen Klassiker: Der König der Löwen. Der ist nicht nur einer der erfolgreichsten Zeichentrick-Filme des Studios, sondern schon fast so etwas wie modernes Kulturgut. Da kann bei einer Neuauflage, besonders wenn die in einem gänzlich neuen Look daherkommt, schon so einiges schiefgehen. Und selbst wenn alles glatt geht, muss man das sehen?
INHALT
Mufasa, der König der Löwen und Herrscher über die Steppen Afrikas, könnte stolzer nicht sein. Denn sein Sohn und Nachfolger, Simba, hat das Licht der Welt erblickt. Fast das ganze Reich teilt des Königs Freude über den Nachwuchs. Einzig die Hyänen, seit Ewigkeiten im Krieg mit den Löwen, und Scar, Mufasas eifersüchtiger und hinterhältiger Bruder, können dem großen Ereignis nichts abgewinnen. Simba der schnell zum neugierigen und übermütigen Jungspund heranwächst, tappt eines Tages in eine überaus fiese Falle seines Onkels, was zu tragischen Folgen führt. Geplagt von Schuldgefühlen und Scham, verlässt der kleine Löwe das Königreich, ganz ohne Ziel, dafür mit der festen Absicht nie mehr zurückzukehren. So erfährt er nicht, dass sich in der Heimat das verderben breit macht und er die letzte Hoffnung auf Rettung ist.
KRITIK
Sich diesen Film anzusehen, vom rein visuellen Standpunkt aus, ist zu Beginn eine etwas seltsame Erfahrung. Man meint in einer Tierdokumentation gelandet zu sein, in der allerdings nach den einleitenden Minuten besagte Tiere beginnen, miteinander zu sprechen. Das wirft einer erstmal ein bisschen aus der Bahn, doch nach weiteren 5 Minuten hat man sich daran gewöhnt lässt sich vom Gezeigten einfach mitnehmen. Solcherlei Eindrücke entstehen durch die unglaubliche Meisterleistung, die wohl Heerscharen von CGI-Spezialisten, vollbracht haben.
Der Fotorealismus, der hier an den Tag gelegt wird, ebenso wie die Qualität der Animationen und die gesamte Komposition aus Tieren, Hintergründen und Beleuchtung, ist zum jetzigen Zeitpunkt absolut konkurrenzlos und wird das sicher auch noch ein Weilchen bleiben. Die Einleitung ist nicht übertrieben…würden die Tiere nicht miteinander sprechen, könnte Der König der Löwen wohl bei nicht zu genauem hinsehen als Wildlife-Doku durchgehen. Und so eindrucksvoll das auch aussehen mag, ist es doch die Ursache für den größten Makel des Films.
Anscheinend hat man sich es zum Ziel gemacht, die Realitätsnähe bis zur letzten Konsequenz durchzuziehen. Und das gelingt auch prächtig, birgt aber das Problem, dass Tiere eben nicht zu so emotionsreicher Mimik wie Menschen oder gar gezeichneten Figuren, fähig sind. Das führt zu relativ stoischen Gesichtern aller Figuren, was wiederum dazu führt, dass es fast ausschließlich an den Synchronsprechern liegt, eben diese Emotionen zu vermitteln. Die tun zwar allesamt ihr Bestes diesen Verlust zu kompensieren, schaffen es aber trotz durchgehen hervorragender Leistungen, nur bedingt.
Bleiben wir gleich bei den Stimmen. Da ich im Vorfeld nur die englische Originalfassung sehen habe können, kann ich zur deutschsprachigen Fassung leider nichts sagen. In jedem Fall sei jedoch angemerkt, dass der komplette Soundtrack neu arrangiert, eingespielt und auch eingesungen wurde. Daran gibt es grundsätzlich absolut nichts auszusetzen, denn die Qualität ist allererste Güte, jedoch kann die Neuerung für eingefleischte Fans schon etwas befremdlich wirken. Was die Stimmen im Original angeht, stechen vor allem James Earl Jones (wie schon im Original von 1994) als Mufasa, der hier überaus witzige Seth Rogan als Pumbaa und allen voran Chiwetel Ejiofor als Scar hervor. Letzterer verbreitet, auch aufgrund des ausgemergelten und zernarbten Designs, eine ungemein düstere und unheilvolle Ausstrahlung und stellt den mit Abstand gelungensten Charakter dar.
Zum Inhalt selbst gibt es dann tatsächlich kaum etwas zu sagen. Die neue Fassung ist, bis auf ein paar winzige Details eine identische Kopie des Zeichentrick-Klassikers in neuem Gewand. Ein einstiger Kleinst-Nebencharakter wird eine Spur wichtiger, dafür wurden vor allem Szenen zu Songs, die damals recht ausschweifend dargestellt wurden, etwas gekürzt. Wohl vor allem auch aus oben erwähntem Drang zum peniblen Realismus. Eine einzige kleine Änderung fällt wirklich auf und wird wohl viele verwirrt hinterlassen. Denn aus unerfindlichen Gründen findet die berühmte Szene zu „Can you feel the love tonight“ bei strahlendem Sonnenschein statt.
Was sich Regisseur Jon Favreau dabei gedacht haben könnte, werden wir wahrscheinlich nie erfahren, abgesehen davon kann man dem Routinier allerdings nichts vorwerfen. Der Mann weiß wie man das Geschehen effektiv in Szene setzt. Zudem scheint er sich in der Materie der komplett am Computer entstandenen „Realfilme“ durchaus wohlzufühlen, hat er doch vor 3 Jahren schon die ähnlich konzipierte Neuauflage The Jungle Book inszeniert. Auch sonst gibt es im Handwerklichen Bereich absolut nichts an diesem Film auszusetzen, ganz im Gegenteil.
FAZIT
Es muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, ob er eine mehr oder weniger identische Neuauflage eines großen Klassikers der Animations-Geschichte sehen will, oder einfach beim Original bleibt, diese Frage kann ich leider nicht beantworten. Von einem rein cineastischen Standpunkt aus, ist Der König der Löwen aber absolut zu empfehlen und definitiv einen Gang ins Kino wert. Was da auf der Leinwand dargeboten wird, übertrifft alles bisher Dagewesene mit Abstand. Natürlich kann da die in die Jahre gekommene Story (ganz ohne Nostalgie-Brille betrachtet) nicht ganz mithalten und die etwas emotionslosen Gesichter der Tiere können mit den ausdrucksstarken Originalen (mit Ausnahme von Scar) nicht mithalten, jedoch macht der Film nichts wirklich falsch und wird vor allem die ganz junge Generation, die den Stoff seit jeher liebt, zweifelsfrei begeistern.