Filmkritik: Die Farbe aus dem All – Color Out Of Space

Filmumsetzungen der Werke von H.P. Lovecraft haben es seit jeher schwer. Das liegt zum einen an der Materie selbst, da es der Autor immer bevorzugt hat des Lesers eigenes Vorstellungsvermögen zu stimulieren, anstatt alles haarklein zu beschreiben. Zum anderen beschäftig sich der sogenannte, von ihm geprägte Cosmic Horror eben gerade mit unbeschreiblichen, das menschliche Gehirn überfordernden Abscheulichkeiten. Eine visuelle Umsetzung eines solchen Stoffen ist daher kein leichtes Unterfangen, eines an dem die wenigen, bisherigen Versuche allesamt mehr oder weniger gescheitert sind. Nun aber versucht sich mit Die Farbe aus dem All – Color Out Of Space wieder ein mutiges Team an der scheinbar unbezwingbaren Hürde und macht seine Sache gar nicht mal so schlecht.

INHALT

Nathan und Theresa Gardner haben sich mit ihren 3 Kindern aus der großen Stadt auf eine alte Farm mitten im nirgendwo zurückgezogen. Während sie via Homeoffice mit Aktiengeschäften die Brötchen verdient, versucht sich er als Gärtner und Alpacca-Züchter. Der Älteste, Benny verbringt seine Zeit mit dem Beobachten der Sterne und mit Kiffen, der kleine Jack ist ein stilles, aber angenehmes Kind. Nur die halbwüchsige Lavinia ist in der Einöde recht unglücklich und versucht sich an obskuren Hexenritualen, um dieser Wildnis zu entkommen. Der ganz normale Familien-Wahnsinn also.

All das soll sich jedoch ändern als ein seltsam leuchtender Meteorit auf dem Grundstück der Gardners einschlägt. Zunächst nicht mehr als Schreckmoment für die Familie und kurze Meldung in den lokalen Nachrichten, scheint der Gesteinsbrocken aus den Untiefen des Alls doch mehr als nur ein seltsames Leuchten mitgebracht zu haben. Langsam, aber sicher beginnt sich nämlich die Natur im Umfeld des Einschlags zu verändern und viel zu spät merken die Gardners, dass auch sie nicht mehr dieselben sind wie noch ein paar Tage zuvor.

Joely Richardson (Theresa Gardner), Nicolas Cage (Nathan Gardner)

KRITIK

Was das Team hinter Mandy, dem Indie-Erfolg aus 2018, hier abgeliefert hat, kommt einer gelungenen Lovecraft-Verfilmung überraschend nahe, nur um dann doch über seine Ambitionen zu stolpern. Die Atmosphäre stimmt über weite Strecken hinweg, unheilvoll und drückend ist die Stimmung von dem Moment an, in dem der Meteorit aufschlägt. Und das bleibt auch so, solange die Veränderungen an Umfeld und Menschen noch ganz subtil bleiben. Im letzten Drittel allerdings beginnen sich allerdings die Ereignisse zu überschlagen und aufzuschaukeln, womit der unbestimmbare, abstrakte Horror dann ganz schnell zur Special-Effects Show wird und hart an der Grenze zur Monsterschau schrammt.

Dass er das nicht tut, rettet Die Farbe aus dem All davor, zur unterdurchschnittlichen Lachnummer zu werden. Denn, Lovecraft-Gene außer Acht gelassen, am Ende ist der Film ein durchaus interessanter, kaum ausgetretene Pfade beschreitender Horrorfilm geworden. Das liegt zum einen am Focus auf die Familie Gardener und ihre inneren Gefühlswelten. Wäre da nicht das psychodelische, lila Licht in ihrem Garten und die verstörenden Veränderungen in ihrem Verhalten, könnte man meinen hier ein Familiendrama vor sich zu haben. Zum anderen geht das Skript Wege, die man so nicht erwartet hätte, denn wenn dann der Einfluss der Farbe aus dem All offensichtlich (auch für die Protagonisten) wird, scheut die Story nicht vor harten, grausigen Momenten nicht zurück, für Zuschauer und Charaktere.

Julian Hilliard (Jack Gardner)

Diese Bindung, die man als Beobachter zu der Familie aufbaut, ist freilich nur durch entsprechendes Schauspiel zu erreichen, und hier liegt Die Farbe aus dem All definitiv weit über dem üblichen genre-Standard. Auch wenn die Nebencharaktere recht blass bleiben, sind sie doch durchwegs gut gespielt. Das Herzstück ist jedoch die Familie selbst, und hier stimmt sowohl Chemie als auch Leistung. Hervorzuheben ist natürlich Nicolas Cage, der diesmal ungewohnt zurückhaltend agierende (zumindest bis zum dritten Akt), aber auch die viel zu selten gesehene Joely Richardson als Theresa und Madeleine Arthur als Tochter Lavinia.

Wie von den Machern von Mandy nicht anders zu erwarten, kommt der Film visuell eher ungewöhnlich daher. Das Thema Farbe bietet sich natürlich für einige, teils wunderschöne optische Spielereien an. So ist auch dieser Film von Regisseur Richard Stanley ein Fest für die Sinne, denn auch die Ohren werden durch surreales Sound-Design wunderbar in diese grauenvoll schöne Welt eingeführt. Umso mehr schmerzt es, dass die Effekte nicht ganz den Standard der restlichen Optik halten können. Das betrifft sowohl CGI, als auch klassische Masken-Arbeit. Die Musik hält sich sehr zurück, fügt sich aber schön in das unwirkliche Gesamtbild ein, tritt sie mal in den Vordergrund. Selbes gilt für die teilweise (wohl bewusst) zu langen Einstellungen, die nicht nur die unangenehme Stimmung unterstützen, sondern auch zum generell eher gemächlichen Pacing passen.

Madeleine Arthur (Lavinia Gardner)

FAZIT

Wie gut einem Die Farbe aus dem All – Color Out Of Space gefällt, hängt wohl in erster Linie davon ab, was man sich davon erwartet. Eine, dem bis heute gefeierten Autor gerecht werdende Adaption ist der Film nicht wirklich geworden, auch wenn er dem durchaus nahekommt. Wer aber gerne mal etwas ungewöhnlicheres in seinen Horrorfilm-Katalog aufnimmt und dem gemächlichen Spannungsaufbau und der ungewohnten Charaktertiefe der Hauptpersonen zurechtkommt, den erwartet ein vor allem visuell beeindruckender Leckerbissen. Ganz klar kein Meisterwerk, aber allemal sehenswert, nicht nur für Nick Cage Fans.

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