Filmkritik: Hotel Artemis

Mit diesem Film liefert Drew Pearce, der hier neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich ist, ein schwer zu definierendes Stück Kino ab. Ein bisschen Action, ein bisschen Thriller, dazu ein Happen Gangster-Film und ein Häppchen Witz. Alles eingebettet in eine Hintergrundwelt der nahen Zukunft, die direkt dem „John Wick“-Universum entstammen könnte. Die Frage, ob so ein Mix funktionieren kann, ist keine einfache. Aber das ist auch die Nacht im „Hotel Artemis“ nicht.

INHALT

Das oberste Stockwerk des heruntergekommen Hotels Artemis beherbergt eine illegale und streng geheime Privatklinik, mitten im von Unruhen geplagten Los Angeles des Jahres 2028. Zutritt haben nur bezahlende Mitglieder – allesamt Ganoven – und werden nur von der Schwester, ihrem Helfer Everest und einem Haufen medizinischem High-Tech betreut. Dieses seltsame Etablissement funktioniert vor allem aufgrund von einigen, sehr strengen Regeln: Keine Waffen, jeder Gast trägt ausschließlich den Namen seines Zimmers als Codenamen, keine Gewalt gegenüber anderen Gästen. Wer gegen diese Regeln verstößt verliert seine Mitgliedschaft und wird hinausgeworfen, verletzt oder nicht.

Abgesehen von den Unruhen draußen scheint dieser Mittwochabend zu sein wie jeder andere, als die Brüder Waikiki und Honolulu nach einem missglückten Bankraub mit Schusswunden im Artemis ankommen. Ein im Gesicht verletzter Waffenhändler und eine angeschossene Auftragskillerin sind schon da und sofort entwickeln sich Spannungen. Doch als sich noch der Wolfking ankündigt, seines Zeichens alleiniger Herrscher der Unterwelt der Stadt, wird für die Schwester ganz schnell klar, dass dies wohl doch kein ganz gewöhnlicher Mittwochabend bleiben wird.

© 2018 Concorde Filmverleih GmbH

KRITIK

Die Prämisse klingt, wie schon einleitend erwähnt, wie die Weiterführung der Idee des Intercontinental aus John Wick. Ein ausschließlich eingeweihten (Gangstern) vorbehaltenes Service, welches nur aufgrund eines strengen Regel-Kodex, der auch durchgesetzt werden muss, funktionieren kann. Im Gegensatz zum Vorbild aber, kann Hotel Artemis nicht nachvollziehbar erklären, warum sich Gäste nun denn wirklich an die Hausregeln halten sollten. Denn selbstverständlich bricht früher oder später das Chaos aus und als Zuschauer stellt sich einem die Frage: „Warum passiert das nicht jeden zweiten Tag so?“

Wenn man über dieses Loch in der Logik des Films hinwegsehen kann, gibt es durchaus einiges Positives zu berichten. Das Setup ist, trotz der… sagen wir mal „geliehenen“ Idee, interessant und das Katz und Maus Spiel der ersten beiden Drittel ist durchaus spannend und unterhaltsam. Und das obwohl an sich recht wenig passiert. Jeder im Artemis kocht sein eigenes Süppchen und das zu verfolgen macht durchaus Spaß, auch wenn dann die Auflösungen der einzelnen Arks eher unspektakulär wirken. Das letzte Drittel bildet dann den „Action“-Anteil des Films, der bis dahin eher ruhig abläuft.

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Und damit sind bei einem weiteren Problemchen von Hotel Artemis gelandet. Der Film versucht zu viele Dinge auf einmal zu sein und kann dabei in keinem Bereich wirklich voll und ganz überzeugen. Für einen echten Thriller gibt es zu wenig Geheimnisse, die Action beschränkt sich, wie gesagt, fast ausschließlich auf die letzten 20 Minuten. Die wiederum behindert den Film darin, ein richtiges Kammerspiel zu sein, obwohl sich das Setup (kleiner, abgeschlossener Handlungsort und eine ebenso kleine Menge an Akteuren) perfekt dafür anbieten würde. Der Witz funktioniert, führt aber dazu, dass nie ein durchgängiger Ton gefunden wird.

All das mag nach böser Kritik klingen, wirkt sich aber beim unbeschwerten Ansehen des Streifens nur geringfügig negativ aus. Denn trotz all dem Meckern kann man hier absolut seinen Spaß haben. Es bleibt meist spannend und die Action die geboten wird ist sehr gut umgesetzt. Dazu kommt oben erwähnter Witz und eine Handvoll, zwar nicht gerade komplexer, aber durchwegs interessanter Charaktere. Letztere leben allerdings mehr von den Schauspielern hinter den Rollen als ihrer Charakterisierung im Skript.

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Allen voran überzeugt die dieser Tage leider viel zu selten gesehene Jodie Foster. Sie holt, trotz der etwas zu abgedroschenen Background-Story, alles aus der von ihren eigenen Dämonen verfolgte Schwester und hat sichtlich Spaß dabei. Daneben brilliert ein weiteres Mal Dave Bautista als Gehilfe Everest und auch Jeff Goldblum ist immer ein Fest. Charlie Day und Sofia Boutella überzeugen ebenfalls, doch die beiden scheinen mir immer mehr auf eine bestimmte Rolle festgelegt zu sein. Der schräge, gefährliche Vogel und die undurchsichtige Femme Fatale.

Auch handwerklich kann Hotel Artemis durchwegs überzeugen. Die Produktion wirkt wertig, die Action ist gut choreografiert und, genau wie der Rest des Films, von der Kamera sehr ansehnlich eingefangen. Schnitt und Regie funktionieren auch wunderbar. Die musikalische Untermalung hält sich, abgesehen von ein paar klassischen Songs aus der Jugend der Schwester, die sie zur Entspannung hört, eher zurück. Dieser Kontrast macht sich aber insgesamt recht gut und passt.

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FAZIT

Hotel Artemis hätte ein verdammt gutes Thriller-Kammerspiel werden können. Oder auch ein fetter Popcorn-Actionfilm. Oder ein harter Gangster-Streifen. Doch er ist von allem nur ein bisschen und das ist seine größte Schwäche. Glücklicherweise bleibt die Sache trotzdem durchwegs unterhaltsam, was der kompetenten Realisierung, den interessanten Charakteren, aber vor allem dem Ensemble an tollen und ganz offenkundig hochmotivierten Schauspielern zu verdanken ist. Für einen kurzweiligen Kinoabend ohne besondere Ansprüche durchaus zu empfehlen.

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