Nachdem der erste Teil, „Kingsman: The Secret Service“ vor drei Jahren einen Überraschungserfolg feiern konnte, war eine Fortsetzung nur mehr eine Frage der Zeit. Die spannendere Frage allerdings ist, ob es dem Team rund um Regisseur Matthew Vaughn ein zweites Mal gelingen würde, den abgedrehten Vibe des Erstlings einzufangen. Und natürlich, ob die Sache auch beim zweiten Mal immer noch Spaß macht. Beide Fragen würde ich mit einem ziemlich eindeutigen „Ja“ beantworten.
INHALT
Unser Held Eggsy stolpert gleich zu Beginn in eine Konfrontation mit einem alten Bekannten, aus der er zwar siegreich hervorgeht, aber nicht verhindern kann, dass sich der Angreifer in die Kingsman Datenbank hackt. Schon einen Tag später passiert die Katastrophe: Alle Agenten, das Hauptquartier, sowie alle ihre geheimen Verstecke, werden Ziel von Langstrecken-Raketen.
Eggsy, der sich zur Zeit des Anschlags im Ausland befindet, um die Eltern seiner Freundin kennenzulernen und Merlin, der Tech-Guru der Kingsman, sind die einzigen Überlebenden. Als letzten übriggebliebenen Ausweg suchen sie Hilfe bei den Statesman, dem amerikanischen Pendant zu den britischen Kingsman. 0Mit deren Hilfe finden die beiden schnell heraus, dass der Golden Circle, ein überaus mächtiges und von der wahnsinnigen Poppy geleitetes Drogenimperium, hinter der Attacke steckt. Doch damit nicht genug. Poppy lässt ihre eigenen Drogen mit einem langsam wirkenden Gift versetzen, zu dem nur sie das passende Gegenmittel herstellen kann und startet damit die umfangreichste Geiselnahme, welche die Menschheit je gesehen hat.
KRITIK
Wie man der Inhaltsangabe vielleicht schon entnehmen kann, wird hier, wie schon im ersten Teil, nicht versucht eine glaubwürdige Spionagegeschichte zu erzählen. Zwar ist die 007-Franchise eindeutig das Vorbild, doch nimmt man sich im Gegensatz zu den Bond Filmen der letzten Jahre absolut nicht ernst. Die Spielzeuge der Agenten sind pure Science-Fiction, die Action ist irgendwo zwischen unrealistisch und komplett irre angesiedelt und die Bösewichter sind überzeichnete Archetypen. Das Ganze wird dann noch mit völlig abgedrehten Cameos und teils total übertriebener Gewaltdarstellung abgestimmt.
All das klingt nach Trash, à la Sharknado und Konsorten, die sich einen Spaß daraus machen so schlecht zu sein, dass man sie schon wieder gerne sieht, um darüber zu lachen und fremdschämen. Und was die Prämisse und abgedrehten Bilder angeht, die man zu sehen bekommt, hinkt der Vergleich gar nicht so sehr. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon wieder. Hier bekommt man eben diesen Irrsinn gepaart mit einer erstklassigen Besetzung, die den farbenfrohen und liebenswürdigen Charakteren Leben einhauchen, tolle Special Effects, die jede noch so abwegig wirkende Action gut aussehen lassen und so viele abgedrehte Ideen, dass man Mühe hat, alles mitzubekommen.
Natürlich ist die Story hanebüchen und selbstverständlich tun die Charaktere genau das, was man von Action-Helden (und Bösewichtern) erwartet. Aber das tut dem Spaß kaum Abbruch, denn Spaß ist das einzige worum es den Machern hierbei geht. Genau das ist die Essenz des sogenannten „Popcorn-Kinos“. Doch immer mehr Vertreter dieses Sub-Genres versuchen, durch konstruierte Stories, aufgesetzte Bedeutsamkeit und zu viel Fokus darauf, größer und lauter zu sein als alles bisher Dagewesene, mehr zu sein, als einfach nur Gute Laune zu verbreiten. Und versagen dabei kläglich.
Regisseur Matthew Vaughn und seine Co-Autorin Jane Goldman nehmen hier eine simple Grundidee, eine unabhängige und geheime Organisation mit unbegrenzten Mitteln bekämpft das Verbrechen im großen Stil, und lassen dabei ihrer Fantasie freien Lauf. Die schiere Menge an verrückten Ideen ist beeindruckend, aber auch Anlass zur Kritik. Denn wenn The Golden Circle ein Problem hat, ist es seine Länge. Nicht, dass einem während der fast zweieinhalb Stunden Laufzeit langweilig werden würde, nein ganz im Gegenteil, denn der Film ist so vollgestopft mit irren Dingen, die er uns auch noch zeigen möchte, dass es gegen Ende fast ein wenig anstrengend wird.
Mit Taron Egerton, Mark Strong und auch Colin Firth, sind die Hauptakteure des Vorgängers zurück und verkörpern ihre Rollen so charmant und liebenswürdig wie zuvor. Die Nebenrollen und deren Besetzung liest sich schon auf dem Papier wie pures Augenzwinkern. Da wäre eine wunderbare Julianne Moore als durchgeknallte Poppy, ein selbstironischer Channing Tatum als texanischer Cowboy-Agent Tequila, Jeff Bridges als Chef der US-Statesman Champ, Halle Berry als Merlins amerikanisches Gegenpart Ginger und zu guter Letzt, Elton John als… Elton John.
Auch beim Design lässt der Film jede Subtilität vermissen. Die Sets sind genauso überdreht und farbenfroh wie die Kostüme und passen sich damit perfekt der abstrusen Handlung und den Charakteren an. Dasselbe gilt für die stellenweise bis zur Lächerlichkeit überzeichnete Gewaltdarstellung, die manchmal überrascht, aber viel zu unrealistisch ist, um jemals zu schockieren. Ton und Soundtrack fügen sich ebenfalls erstklassig in das schräge Gesamtwerk ein, zumeist treibend und mit entzückend hirnrissig eingestreuten Songs, die jedermann bekannt sein sollten.
FAZIT
Kingsman: The Golden Circle ist eine überaus unterhaltsame Action-Achterbahnfahrt, die sich selbst so gar nicht ernst nimmt und damit einfach nur Spaß macht. Das Feuerwerk an verrückten Ideen, abgedrehter Charaktere und unzähliger Seitenhiebe auf Kultur, Politik und die Gesellschaft, wird leider gegen Ende hin fast ein wenig anstrengend und versucht viel zu viel unterzubringen. Wenn man sich die eine oder andere Idee für einen dritten Teil aufgehoben und den Film um 15-20 Minuten getrimmt hätte, gäbe es so gut wie keinen Anlass zur Kritik.