Wenn es um Teenager-Dramen geht eilen die vorgefertigten Meinungen den eigentlichen Filmen oft voraus: klischee-beladen, zu kitschig/schnulzig, voller unglaubwürdiger Charaktere die sich nicht ihrem dargestellten Alter entsprechend verhalten. In den meisten Fällen treffen all diese Beschreibungen auch zu und machen den Ruf solcher Filme aus. Und das ist nicht zwingend ein schlechter, denn alle Qualitätsfragen außer Acht lassend, gibt es dafür absolut ein nicht zu verachtendes Publikum. „Love, Simon“ schlägt zwar grundsätzlich in die selbe Kerbe, macht aber so einiges erfrischend anders.
INHALT
Simon ist ein ganz normaler 17-jähriger, der in einer Kleinstadt zur Highschool geht. Er hat eine ihn liebende Familie, ein paar enge Freunde und kann sich eigentlich nicht beschweren. Doch er hat ein Geheimnis, das an ihm nagt. Simon ist schwul, und noch hat er es nicht gewagt sich zu outen.
Als auf dem Klatsch und Tratsch Blog der Schule ein Junge der sich selbst „Blue“ nennt, gesteht schwul zu sein, beschließt Simon mit ihm in Mail-Kontakt zu treten. Was als einfacher Austausch zweier junger Menschen, die die selben Sorgen plagen (auch Blue hält seine Homosexualität geheim) beginnt, wird schnell zu einer anonymen Romanze, denn beide sind auch nicht bereit sich gegenseitig ihre Identität zu offenbaren.
Als ein Mitschüler zufällig über Simons Korrespondenzen stolpert und diese benutzt um ihn zu einer Gefälligkeit zu erpressen, gerät sein ganzes Leben aus den Fugen und er muss zum ersten Mal in seinem Leben feststellen, welche weitreichenden Folgen kleine Entscheidungen haben können.
KRITIK
Der erste und offensichtlichste Unterschied zu anderen Filmen dieser Art ist natürlich die Homosexualität der Protagonisten. Und hier spielt Love, Simon auch gleich seine größte Stärke aus. Denn wie Simon auch im Film sagt, ist der einzige Unterschied zwischen ihm und jedem anderen Jungen in seinem Alter der, das er eben Jungs nachschaut, anstelle von Mädchen. Abgesehen davon hat er ganz genau die selben Probleme, Freuden, Ängste und Komplikationen zu bewältigen mit denen wir uns alle mit 17 herumschlagen mussten.
Durch die unaufgeregte Art und Weise, wie der Film mit Homosexualität umgeht, macht er eben diesen Punkt deutlich. Nicht die Tatsache, dass er schwul ist, hebt Simon von seinen Freunden und Mitschülern ab, sondern der Umstand, dass er ein Geheimnis vor ihnen allen hat. Das die ganze Stadt, mit Ausnahme von zwei Deppen, die ihre Schwulenwitze als einzige lustig finden, fast schon utopisch liberal wirkt, mag der eine oder andere als zu entspannt (oder unrealistisch) empfinden, tut dem Film aber im Ganzen sehr gut.
Im Mittelpunkt steht das Erwachsenwerden eines Jungen, mit allem was dazugehört. Es geht um erste Liebe, Freundschaft, Verantwortung und das finden seiner Identität – schwul oder nicht. Und auch hier zeigt sich Love, Simon sehr von seiner besten Seite. Die Verwicklungen bleiben realistisch klein, auch wenn sie für die beteiligten Kids natürlich welterschütternd sind. Der Kitsch hält sich, zumindest bis zu den letzten paar Minuten, stark in Grenzen. Und auch auf unglaubwürdig weise 17-jährige, die alles durchschauen, wird verzichtet. Alle machen Fehler und lernen daraus.
Das größtenteils sehr frische Ensemble macht seine Sache wirklich gut. Nick Robinson, der Simon mimt, hat eine so sympathische Ausstrahlung, dass man den Jungen einfach nur mögen kann. Selbes kann eigentlich über alle Rollen gesagt werden, einschließlich Logan Miller, der mit Martin das verkörpert, was hier einem Antagonisten am nächsten kommt. Jennifer Garner und Josh Duhamel als Simons Eltern, sowie Katherine Langford (aus der Erfolgsserie Tote Mädchen lügen nicht bekannt) sind wohl die bekanntesten Gesichter des Casts.
Die Inszenierung ist tadellos und überrascht mit einer Handvoll wunderbar verspielter Momente, die sich in Simons Kopf abspielen. Die tragen ihren Teil zum durchgehend positiven Vibe des Films bei, trotz all den gebrochenen Herzen und verletzten Gefühlen. Der Schnitt ist kompetent, ebenso wie die Kamera. Beim Soundtrack verzichtet man auf allzu viel Klischee was „gay songs“ angeht und bleibt sich damit in seiner Linie „ganz normal, schwul hin oder her“ treu. Denn genau das trifft nicht nur auf den Protagonisten zu, sondern auch auf den Film.
FAZIT
Love, Simon ist im Kern eine sehr typische Teenager Romanze/Drama, die all das bietet, was man sich von so einem Film erwartet, bzw. fürchtet, sollte man damit nichts anfangen können. Eine sympathisch besetzte, sehr entspannte und größtenteils kitschfrei inszenierte noch dazu. Wem diese Art Film also liegt, der kann hier eigentlich nichts falsch machen, haben wir es hier doch eindeutig mit einem der besseren Filme seiner Gattung zu tun. Dass Simon auf Männer steht, ändert daran rein gar nichts.