Auf dem Papier sollte ein großangelegter Hollywood Pokémon Film eigentlich nicht funktionieren. So viele Videospiel-Umsetzung zu scheinbar viel einfacheren Vorbildern sind schon kläglich gescheitert. Warum sollte also gerade die Welt der fabelhaften und wunderlichen Klein- und Großtiere zum Sammeln diese Hürde schaffen? Meine Erwartungshaltung war also vor dem Film, trotz der überraschend guten Trailer, eher gedämpft.
INHALT
Als Tim Goodman erfährt, das sein entfremdeter Vater bei einem ungewöhnlichen Autounfall ums Leben gekommen ist, macht er sich auf den Weg nach Ryme City, der einzigen Stadt in der Menschen und Pokémon ungestört neben einander leben, sich die Aufgaben teilen und auch Partnerschaften eingehen, auf freiwilliger Basis, ganz ohne Bälle.
In seines Vaters Wohnung stößt Tim auf dessen ebenso verstorben geglaubten Partner Pikachu und erwischt ihn beim herumschnüffeln. Zur großen Überraschung beider, können sie sich gegenseitig verstehen und Pikachu erzählt, dass er sein Gedächtnis verloren hat, aber fest davon überzeugt ist, dass Harry, Tim’s Dad, noch am Leben ist.Und so machen sich die beiden, mit Hilfe der ehrgeizigen Reporterin Lucy und ihrem Pokémon Enton, auf die Suche nach Spuren. Dabei stoßen sie schon recht bald auf eine großangelegte Verschwörung von allerhöchster Stelle, die mit Hilfe eines künstlich erschaffenen Mewtu die Welt maßgeblich verändern will.
KRITIK
Allem Zweifel meinerseits zum Trotz, funktioniert die Transplantation von Pokémon auf die große Kinoleinwand überraschend gut. Die dargestellte Welt, in der kunterbunte Tierwesen mit teils abenteuerlichen Fähigkeiten, neben den Menschen her leben, wirkt tatsächlich glaubwürdig. Und noch viel wichtiger, eben diese Wesen sind den kleine (oder auch großen) Fans vertraut. Das verdanken wir dem Vertrauen der Macher in die Original-Designs. Auch wenn einige der seltsameren Pokémon nahe an der Grenze der Lächerlichkeit liegen, ist das immer noch besser als das bei Adaptionen dieser Art so oft praktizierte Redesign, aus Angst das „normale“ Kinopublikum zu verschrecken.
Pokémon sehen nun einmal so aus wie sie aussehen und das geneigte Publikum liebt sie aus genau diesem Grund. Niemand der nicht Fan der Franchise ist, oder Kinder hat, die es sind, wird auf die eine oder andere Art großartiges Interesse daran haben, sich diesen Film anzusehen. Warum sollte man ihn also die Essenz des Ganzen glattbügeln bis nichts mehr davon übrig ist. Genau daran scheitern nämlich die meisten Spiele-Umsetzungen: Um ein großes Publikum anzusprechen, wird für Fans zu weit von der Vorlage weg-homogenisiert. Was bleibt ist meist ein nichtsagender Effekt-Film von der Stange, der hunderten anderen gleicht wie ein Ei dem anderen und dem am Ende niemand sonderlich viel abgewinnen kann.
Der Film umgeht diese Falle geschickt, in dem er nicht versucht die eigentliche Haupt-Storyline, rund um Pokébälle und Kampfturniere, in ein Filmformat zu quetschen, sondern sich einer plot-technisch zugänglichere Nebenstory annimmt, die sich viel besser für die Umsetzung als Film anbietet. Und doch lässt man nie den Focus aus den Augen, die Pokémon an sich. Sie sind zahlreich, allesamt bekannt und tun genau das, was man von ihnen erwarten würde, existierten sie in der echten Welt.
Als Videospiel-Umsetzung funktioniert Meisterdetektiv Pikachu also erfreulich gut. Als Film dagegen leider nur recht bedingt. Das liegt in erster Linie am wirklich schwachen, fast schon stümperhaft faul zusammen gewürfelten Script. Dass die menschlichen Charaktere so dünn wie ein Blatt Papier sind, sei noch verziehen, sollen doch ohnehin die Pokémon im Mittelpunkt stehen. Dass man aber durch eine, für einen eindeutig an Kinder gerichteten Film, teilweise sehr traurige Story wie vom Teufel gejagt hetzt, dabei Emotionen abspult die nie verdient erscheinen, muss einfach nicht sein. Zu allem Überfluss ergibt die eigentliche Handlung so gut wie gar keinen Sinn und strotzt nur so vor Löchern und Fehlern. Man mag das alles eben mit der Tatsache entschuldigen, dass es sich hierbei um einen Kinderfilm handelt, welchen all diese Dinge wohl egal sein werden. Doch nur weil sie es nicht merken, muss man Kindern noch lange keinen Stuss vorsetzen.
Der einzige Lichtblick, der den Film über reines Pokémon-Fanservice erhebt und ihn halbwegs unterhaltsam macht, ist Pikachu. Im Original von Ryan Reynolds gesprochen und zuckersüß animiert, trägt der Racker den gesamten Film, mehr oder weniger auf seinen Schultern. Keiner der menschlichen Darsteller bekommt viel, um damit zu arbeiten, was dazu führt, dass sich auch niemand sonderlich anstrengt. Nicht einmal der immer gern gesehene Bill Nighy, scheint sonderlich motiviert.
Dementgegen hat man sich auf der technischen Seite schwer ins Zeug gelegt. Die viele CGI-Effekte wirken durch die Bank sehr gut. Vor allem natürlich bei den unzähligen Pokémon, hat man sich sichtlich Mühe gegeben. Alles recht beachtenswert, bedenkt man das doch verhältnismäßig geringe Budget des Films. Script hin oder her, die filmerische Umsetzung ist einwandfrei gelungen. Sogar ein bisschen Noir hat man der Optik gegönnt, wenn auch nur als Wink an die großen Detektiv-Klassiker. Musikalisch vermischt man aus Animations-Serien und Filmen, sowie den Spielen bekannte Themen, mit Neukompositionen, was man im Allgemeinen als durchaus gelungen bezeichnen kann.
FAZIT
Ich kann nicht abstreiten, dass mich Pokémon Meisterdetektiv Pikachu ein bisschen verärgert. Da gelingt es endlich ein Videospiel-Universum halbwegs unbeschadet ins Kino zu importieren, ohne die üblichen Fehler dabei zu machen, nur um das Ergebnis dann durch ein hanebüchenes Drehbuch, dass wirkt als wäre es in 3 Tagen in den Mittagspausen eines Praktikanten entstanden, fast wieder zunichte zu machen. Nur der tierische Hauptcharakter und die anderen kunterbunten Kreaturen heben den Film auf Mittelmaß. Die Kids wird es nicht stören, eingefleischte Poké-Fans wohl auch nicht sonderlich. Verdient hätte sie sich aber trotzdem alle einen besseren Film zu ihrem Fanservice.