Filmkritik: The Limehouse Golem

Der klassische Murder-Mystery Thriller ist in den vergangenen Jahren fast vollständig aus den Kinos verschwunden. Stattdessen fristet das Genre sein Dasein nun in erster Linie im Fernsehen, in Form von TV-Verfilmungen bekannter Kriminalromane oder Crime-Serien. Und das trotz Perlen wie „Das Schweigen der Lämmer“, „Sieben“ oder „Die üblichen Verdächtigen“. Mit „The Limehouse Golem“ kehrt das Genre zwar auf die große Leinwand zurück, ein Revival wird der Film aber wohl nicht auslösen.

INHALT

Im London des sich dem Ende zuneigenden 19. Jahrhunderts, sorgt eine bestialische Mordserie für Angst und Schrecken. Der als Limehouse Golem (nach dem Viertel in dem er sein Unwesen treibt) betitelte Killer tötet scheinbar wahllos und schlachtet seine Opfer regelrecht ab. Der Druck er Öffentlichkeit veranlasst Scotland Yard, den zwar erstklassigen, aber ungeliebten Detective Kildare auf den Fall anzusetzen. Nicht weil man annimmt er könne den Golem fangen, sondern um ihn als Sündenbock opfern zu können, falls er versagt.

Zur gleichen Zeit beginnt der von der Klatschpresse ausgeschlachtete Prozess gegen die berühmte Varieté- Künstlerin Lizzie Cree, die ihren Ehemann ermordet haben soll. Als Kildare das Tagebuch des Golems findet und sich die Verdächtigenliste auf 4 Namen reduzieren lässt, wird schnell klar, dass zwischen den beiden Fällen ein Zusammenhang zu bestehen scheint.

© 2016 Number 9 Films

KRITIK

Der Regisseur Juan Carlos Medina macht mit seinem erst zweiten Spielfilm eine recht gute Figur. Er erstellt ein schmutziges, aber daher umso glaubhafteres Portrait eines London gegen Ende der viktorianischen Ära. Überall Dreck, Krankheiten und Gewalt plagen die Bürger. Ganz besonders Frauen haben zu dieser Zeit noch so gut wie keine Rechte und einen schweren Stand. Um sich vom tristen Alltag abzulenken besuchen die Massen die Varieté-Theater, und eines der beliebtesten ist das Haus den Komödianten Dan Leno, welches sich im Verlauf der Handlung fast schon zu einem eigenen, tragenden Charakter wird.

Besagte Handlung findet hier überwiegend in Rückblenden statt. Denn zum einen wird immer wieder aus dem Tagebuch des Mörders gelesen, zum anderen erfahren wir in den Verhören von Lizzie ihre traurige Lebensgeschichte. Während erstere Sequenzen interessant in Szene gesetzte Visualisierungen des gelesenen sind, bleiben Lizzies Erinnerungen klassischen Rückblenden.

Im hier und jetzt hält sich der Film leider kaum auf, was Schade ist, denn man würde gerne mehr von Kildare und seinem Assistenten sehen. Dafür bleibt die scheibchenweise aufgerollte Story über lange Strecken hinweg spannend und undurchsichtig. Ab der zweiten Hälfte könnte dem aufmerksamen Zuseher allerdings ein Licht aufgehen. Der Film versucht zwar mit allerlei Finten von der tatsächlichen Lösung abzulenken, schafft das aber gegen Ende nur mehr sehr bedingt.

© 2016 Number 9 Films

Überhaupt ist die Auflösung am Ende der schwächste Punkt. Auch das ist jammerschade, denn in wohl keinem anderen Genre ist der Schluss so wichtig. Bis 15 Minuten vor dem Abspann funktioniert der Film, trotz kleiner erzählerischer Schwächen, einwandfrei. Doch dann versucht er zu verbissen einen Knalleffekt zu konstruieren und beginnt darüber zu stolpern. Das Ende ist in Ordnung, aber aus eben diesem Grund nicht ganz schlüssig.

Was dagegen absolut überzeugen kann, ist die Besetzung. Der immer gern gesehene Bill Nighy schafft es trotz der wenigen Screentime den immer wieder gedemütigten Detective Kildare glaubwürdig zu darzustellen. Olivia Cooke, die sich zurzeit mit der Serie Bates Motel einen Namen macht, überzeugt als Lizzie, deren Leidensgeschichte man sich kaum vorzustellen vermag. Absolutes Highlight des Casts ist aber Douglas Booth, der den Theaterleiter und Künstler Dan Leno mimt. Mühelos nimmt man ihm ab, dass die Londoner Unter- und Mittelschicht ihre letzten Pennies gibt um ihn zu sehen.

Aus technischer Sicht gibt es keinen Anlass zur Kritik. Das Szenenbild wirkt authentisch und dreckig, ebenso die Kostüme. Die Darstellung der Morde, beziehungsweise der Leichen ist zum Teil sehr detailliert und daher nichts für zart besaitete Zuseher. Dafür scheinen hier ausschließlich praktische (und sehr gute) Effekte verwendet worden zu sein, was in der heutigen Zeit eine erfrischende Abwechslung darstellt. Die musikalische Untermalung passt sich dem Setting wunderbar an, bleibt aber kaum in Erinnerung.

© 2016 Number 9 Films

FAZIT

Für Freunde des Murder-Mystery Genres ist The Limehouse Golem allemal einen Blick wert. Leider fällt das Story-Konstukt, dass über einen Großteil der Laufzeit hinweg spannend bleibt, am Ende ein wenig auseinander. So wird aus einem handwerklich sehr guten, erstklassig gespielten und für sein kleines Budget hochwertig aussehenden Film, am Ende leider nur ein durchschnittlicher Thriller.

Passende Beiträge

Flint: Treasure of Oblivion im Test

ANTONBLAST im Test

The Spirit of the Samurai im Test