Filmkritik: Thor: Tag der Entscheidung

Thor und Hulk sind die beiden Sorgenkinder des Marvel Cinematic Universe, zumindest was den Erfolg an den Kinokassen und den Meinungen bei Kritikern und Fans anbelangt. Ist es dann eine gute Idee die beiden gemeinsam in einem Film zu vereinen? Ja das ist es definitiv, was einerseits an der Chemie zwischen den beiden Superhelden liegt, aber vor allem an der temporeichen, unkonventionellen und vor allem witzigen Inszenierung des neuseeländischen Regisseurs Taika Waititi. Außer man ist eingefleischter Anhänger der Comics, denn dann gibt es sicher so einiges, was einem nicht gefallen könnte.

INHALT

Der magische Kriegshammer Mjölnir kaputt, die Haare ab und am anderen Ende der Galaxie vom einem psychopathischem Herrscher dazu gezwungen, Gladiatorenkämpfe zu bestreiten. Als wären das nicht schon genug Probleme für den Donnergott Thor, versucht währenddessen die skrupellose Hela, seine Heimat Asgard zu erobern. Es bleibt also nicht viel Zeit sich aus der Gefangenschaft zu befreien, ein Team aus Superhelden zusammenzustellen, sein Zuhause vor Hela zu beschützen und den drohenden Untergang der Welt der Götter, den Ragnarök, zu verhindern.

Und wieder einmal bedient man sich sehr lose an diversen Comic-Vorlagen und verwurstelt diese zu einem Drehbuch. Bei Thor: Tag der Entscheidung ist das einerseits die Thor-Storyline Ragnarök sowie die unter Fans sehr beliebte Planet Hulk Geschichte. Kenner der beiden Originale sollten jedoch nicht zu viel erwarten, vor allem von der Handlung rund um den Donnergott haben es nur Bruchstücke in den Film geschafft. Hulk Fans haben da weitaus mehr Grund zur Freude, denn die Story rund um die Gladiatorenkämpfe im Weltall nimmt da wesentlich mehr Platz ein. Und irgendwie schafft man es dann auch, diese beiden Geschichten halbwegs plausibel zu verbinden, ohne das dazu irgendwelche Vorkenntnisse der Comics notwendig wären.

Marvel Studios Thor: Ragnarok..Thor (Chris Hemsworth)..Photo: Jasin Boland..©Marvel Studios 2017

KRITIK

Eines schon mal vorweg, ohne den Erfolg eines Guardians of the Galaxy wäre so ein Film wie Thor: Tag der Entscheidung niemals möglich gewesen, denn das dritte Abenteuer des Donnergottes unterscheidet sich sehr deutlich von seinen Vorgängern und orientiert sich eher am lockeren, spaßigen Ansatz, der seit den Guardians Einzug in das MCU gehalten hat. Waren die ersten beiden Teile der Thor Reihe noch weitgehend geprägt von der unterkühlten nordischen Mythologie und (trotz der bunten Kulisse) eher düstere Fantasy-Epen, lässt sich Tag der Entscheidung schon beinahe in die Kategorie Komödie einordnen. Inhaltlich bedeutet das, dass man sich nicht allzu viel von Story und Charakterentwicklung erwarten sollte. Trotz der allgegenwärtigen Bedrohung von Tod und dem Untergang einer ganzen Welt, sind immer alle stets gut drauf und liefern witzige Sprüche sowie Jokes am Fließband ab. Dazu kommen noch ein paar Logiklücken oder zumindest Dinge, die man nur mit viel Fantasie erklären kann. Also grundsätzlich MCU-Standard, wobei man Thor: Tag der Entscheidung zugute halten kann, dass er sich selbst nicht allzu ernst nimmt.

Das mit der fehlenden Charakterentwicklung stimmt aber nicht ganz, weil jenen Thor den wir bislang aus den Filmen gekannt haben, den gibt es scheinbar nicht mehr. Anstatt dem selbstgefällig, arroganten, aber nun geläuterten und ernsten Helden aus den Vorgängern, bekommen wir nun einen manchmal etwas naiven und tollpatschigen Donnergott präsentiert. Das entspricht zwar keinesfalls der Comic-Vorlage und wird Fans sicher nicht gefallen, dafür scheint aber diese Ausrichtung perfekt auf Chris Hemsworth zugeschnitten zu sein. Der konnte sein komödiantisches Talent zwar schon in Ghostbusters unter Beweis stellen, scheint aber nun in der Rolle des „neuen“ Thor sichtlich Spaß zu haben und beweist ein Mal mehr, dass er die perfekte Besetzung dafür ist.

Marvel Studios‘ THOR: RAGNAROK..L to R: Thor (Chris Hemsworth), Valkyrie (Tessa Thompson) and Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo)..Ph: Jasin Boland..©Marvel Studios 2017

Aber auch der restliche Cast scheint die Arbeit unter dem neuen Regisseur Taika Waititi  (5 Zimmer, Küche, Sarg) sichtlich zu gefallen. Mark Rufallo als Bruce Banner agiert nun wesentlich lockerer, Antony Hopkins spielt seine Rolle als Odin gewohnt würdevoll, allerdings absolviert er seinen besten Part als Loki und der eigentliche Loki, Tom Hiddelston, liefert eine gewohnt sympathische Performance ab. Neuzugang Tessa Thompson (Creed) als Valkyrie ist dazu auch noch eine echte Bereicherung für das Team, von der man in Zukunft sicher noch mehr sehen will. Von den beiden Antagonisten sticht vor allem Jeff Goldblum (Die Fliege) als Grandmaster heraus, denn der hat neben Thor sicherlich die meisten Lacher auf seiner Seite. Cate Blanchett (Herr der Ringe) als Hela wird leider aufgrund der Geschichte in den Hintergrund gedrängt, macht dafür aber ihre Aufgabe sehr gut. Dazu gesellen sich noch einige Gastauftritte, darunter natürlich Idris Elba als Heimdall oder Benedict Cumberbatch als Dr. Strange. Beide bekommen aber zu wenig Screentime, um wirklich etwas zum Film beitragen zu können. Auch die Figur des Skurge/Executioner hätte man sich sparen können, nicht unbedingt wegen der schauspielerischen Leistung von Karl Urban, sondern weil sie einfach komplett überflüssig ist.

Zwischen den lockeren Sprüchen und zahllosen Gags wird in Thor: Tag der Entscheidung natürlich auch ordentlich gekämpft und wer die Marvel-Filme kennt, der weiß auch was ihn erwartet. In der Regel wird das dann auch visuell entsprechend umgesetzt, nur in manchen Szenen merkt man den Einsatz von CGI und Greenscreen dann doch sehr deutlich. Zum Teil wirkt das aber auch durchaus so gewollt. Etwa bei den Gladiatoren-Kämpfe, die mich mit ihren verschwommenen Hintergründen etwas an die Fernsehserie Spartacus erinnert haben. Weil aber der ganze Film sehr temporeich inszeniert wird und die Kämpfe und Schlachten dem MCU-Standard mehr als gerecht werden, sind diese kleineren Mängel durchaus zu verkraften. Aber auch deswegen, weil die farbenfrohe, aber nicht zu bunte, Kulisse einen durchwegs positiven Gesamteindruck hinterlässt und nicht mehr ganz den Plastik-Look der Vorgänger hat. Musikalisch gibt es wie von Waititi  gewohnt viel Synthesizer-Sound zu hören oder auch Led Zepplins Immigrant Song. Alles sehr stimmig und rundet das audiovisuelle Erlebnis perfekt ab.

Marvel Studios Thor: Ragnarok..L to R: Thor (Chris Hemsworth), Topaz (Rachel House), Grandmaster (Jeff Goldblum) and Loki (Tom Hiddleston)..Photo: Jasin Boland..©Marvel Studios 2017

FAZIT

Wenn ein DC-Comic Fanboy wie ich zugibt, dass sein persönliches Most-Wanted-Movie in diesem Jahr nicht Justice League, sondern der neue Thor-Film ist, dann muss Marvel bereits im Vorfeld etwas richtig gemacht haben. Nach dem sehr schwachen The Dark Kingdom war das für mich die Entscheidung, die Reihe an einen unverbrauchten Regisseur wie Taika Waititi zu übergeben, der dann auch mit dem komödiantischen Talent von Chris Hemsworth richtig einzusetzen weiß. Und so hatte ich hohe Erwartungen an Thor: Tag der Entscheidung. Dass diese mehr als erfüllt wurden liegt aber sicherlich nicht nur an Waititis typischen Humor und der Performance von Chris Hemsworth sowie dem restlichen Cast, sondern auch an der temporeichen, witzigen aber zugleich mitreißenden Inszenierung. Ja gut, manchmal driftet der ganze Film etwas zu sehr in den Bereich Komödie ab und nicht alle Gags zünden, aber insgesamt ist es ein toller Gute-Laune-Film und trotz aller kleinerer Macken der bislang beste Teil der Thor-Trilogie. Nur wenn man Fan des eher ernsthafteren Donnergottes ist, dann sollte man einen möglichst weite Bogen um Thor: Tag der Entscheidung machen.

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