Mit gerade mal 3 Filmen als Regisseur in seinem Lebenslauf, kann man Martin McDonagh durchaus noch als Neuling bezeichnen. Und doch sollte der Mann nicht unterschätzt werden. Schon mit „Brügge sehen… und sterben?“, seinem ersten Spielfilm, hat McDonagh viel Aufsehen erregt. Schwierige Stoffe, nicht immer sympathische, aber immer sehr menschliche Charaktere und eine große Dosis bitterböser Humor sind seine Markenzeichen. Sein neuester Film, vierfacher Golden Globe Gewinner und für 7 Oscars nominiert, ist da keine Ausnahme.
INHALT
7 Monate ist es her, dass Mildreds Tochter auf brutale Weise ermordet wurde. Aus ihrer Trauer heraus, die sich in Zorn und Frust gegenüber der ansässigen Polizei manifestieren, die es in all der Zeit nicht geschafft hat, einen Schuldigen zu finden, startet sie eine gewagte Aktion. Sie bezahlt die hiesige Werbeagentur, drei seit Jahren nicht benutze Plakatwände mit unangenehmen Fragen zum Fall ihrer Tochter, an die ansässige Polizei und ganz spezifisch Sheriff Willoughby, zu bekleistern.
Letzteren treffen die Plakate hart, tut er doch alles ihm mögliche um in dem Mordfall weiterzukommen. Doch während er versucht, mit Mildred zu reden und die Sache vernünftig zu klären, sieht Polizist Dixon gar nicht ein, wie man so mit seinem großen Helden und Vorgesetzten umspringen kann. Und so dauert es nicht lange, bis diese drei Plakate außerhalb von Ebbing in Missouri, einen regelrechten Kleinkrieg auslösen.
KRITIK
Ein Film dessen übergreifende Themen Dinge wie Verlust, das Verarbeiten von Trauer, Zorn, Schuld und Verantwortung sind, zählt üblicherweise nicht zu den Erlebnissen, die man als positive Erfahrung bezeichnen würde. Und schon gar nicht als eine, die einen zum Lachen bringt. Three Billborads tut aber genau das, mit einer Selbstverständlichkeit, die unzählige kitschige Rührstücke vor Neid erblassen lassen sollte.
Regisseur McDonagh schafft das in erster Linie durch seine alles andere als perfekten Charaktere. Jeder einzelne in dem Städtchen Ebbing hat seine charakterlichen Schwächen, Ängste und Vorgeschichten. Das macht sie zwar nicht zwingend zu Sympathieträgern, aber unglaublich nachvollziehbar. In jedem davon erkennt man einen Bekannten, ein Familienmitglied oder gar sich selbst wieder. Und so wachsen sie einem unweigerlich ans Herz, ganz egal wie unleidlich sie sein mögen.
Auch würde man sich unter so einem Film einen dialogschwangeren Schinken vorstellen, in dem eigentlich nichts passiert. Doch auch hier, weit gefehlt. Auch wenn es natürlich an Dialogen nicht mangelt, sind diese zum einen kurz und knackig gehalten, zum anderen überschlagen sich die Ereignisse aufgrund der erhitzen Stimmung in der Stadt immer mehr, so dass man sich stellenweise fast in einen Thriller versetzt fühlt.
Dazu kommt dann noch dieser staubtrockene, zynische Humor, von dem man annehmen sollte, er sei hier völlig fehl am Platz. Und doch hilft er dabei einige der schwierigsten Momente des Films, von denen er einige zu bieten hat, durchzustehen. Auch wenn man mancherorts mit einem furchtbar schlechten Gewissen losprustet, ertappt man sich immer wieder dabei, den Klos, der einem im Hals steckt, einfach herauszulachen.
All das wäre natürlich ohne eine Riege an erstklassigen Schauspielern unmöglich umzusetzen. Und der Cast übertrifft sich hier durch die Bank selbst. Nicht umsonst sind sowohl Frances McDormand als von Schmerz und Schuldgefühlen zerfressene Mildred, als auch Woody Harrelson und Sam Rockwell als Sheriff Willoughby und Police Officer Dixon, dieses Jahr für Schauspiel-Oscars nominiert (McDormand als beste weibliche Hauptdarstellerin und die beiden Herren je als bester männlicher Nebendarsteller).
Doch bei aller Bewunderung für diese drei sollte man das Ensemble nicht vergessen. Gerade die kleinen, aber wichtigen und ebenso erstklassig gespielten Nebenrollen sind es, die Ebbing erst richtig lebendig werden lassen. Der kleinwüchsige James, der ein Auge auf Mildred geworfen hat (Peter Dinklage), ihr Sohn Robbie (Lucas Hedges), Willoughbys Frau Anne (Abbie Cornish), oder der Werbe-Fuzzi Red Welby (Caleb Landry Jones). Sie alle machen diese, eigentlich zutiefst persönliche Geschichte, zu einem Spiegelbild für die Gesellschaft im Allgemeinen.
Stunts oder Spezialeffekte gibt es hier kaum zu sehen, dafür aber wunderbar komponierte Bilder und einen erstklassigen Schnitt, der ebenfalls eine Oscar-Nominierung einstreichen hat können. Dazu kommt ein gefühlvoller und sehr sensibel eingebauter Soundtrack, der die Stimmung zu jedem Zeitpunkt unterstützt.
Das Ende mag vielleicht den einen oder anderen enttäuschen, was aber kaum dem Film und eher falschen Erwartungshaltungen geschuldet sein wird. Denn für manche Probleme gibt es keine Lösung im herkömmlichen Sinne. Man kann nur auf seine persönliche Art und Weise damit lernen umzugehen, und nur darum geht es in diesem Film.
FAZIT
Viel zu selten kommen Filme daher die es schaffen, uns gleichermaßen zum Lachen und Weinen zu bringen. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri schafft das sogar gleichzeitig. Er erzählt eine, trotz so gut wie nicht vorhandener Action, spannende Geschichte über ganz normale Menschen wie du und ich, die mit ihren inneren und äußeren Dämonen zu kämpfen haben, ist erstklassig besetzt und gespielt, von der Hauptrolle bis zum kleinsten Nebendarsteller. Das Thema, gepaart mit dem gewagten Ton, ist bestimmt nicht für jedermann, doch haben wir hier unbestreitbar das erste große Highlight des Kinojahres 2018 vor uns.