Filmkritik: X-Men: Dark Phoenix

Wenn man vom immer und immer wieder verschobenen New Mutants einmal absieht, dürften wir mit X-Men: Dark Phoenix wohl den letzten Film der Reihe vor uns haben, bevor die Mutanten nach vielen Jahren quasi in ihr Elternhaus, die Marvel Studios, zurückkehren. Nachdem die Qualität der Hauptreihe mit den letzten Iterationen stätig abnahm, waren meine Hoffnungen für diesen Abschluss dann doch etwas gedämpft, zumal man bei FOX schon einmal grandios an diesem Stoff gescheitert ist, damals bei X-Men 3: Der letzte Widerstand.

INHALT

Zur Rettung der Crew eines verunglückten Space-Shuttles, sind die X-Men erstmals gezwungen ins All zu fliegen. Sie schaffen es zwar, ihren Auftrag zu erfüllen, jedoch ist der Einsatz alles andere als eine Routine-Mission. Ein seltsamer, hochenergetischer Nebel scheint das Shuttle-Unglück verursacht zu haben scheint sich ebenso über das Schiff der X-Men hermachen zu wollen. In einem verzweifelten Rettungsversuch absorbiert Jean Grey diese gesamte Wolke und verliert das Bewusstsein.

Wieder zuhause erholt sie sich zwar sehr schnell von diesem Ereignis, jedoch fängt sie schon bald an sich zu verändern. Sie wird launisch und hat sich und ihre Kräfte, die sich massiv vergrößert zu haben scheinen, immer weniger unter Kontrolle. Als sie bei einem emotionalen Ausbruch Menschen verletzt und dann auch hinter eine alte Lüge kommt, die ihr Xavier als Kind aufgetischt hat, verliert sie das Vertrauen in sich und ihre Freunde und verlässt die X-Men, auf der Suche nach Antworten. Die ebenfalls plötzlich auftauchenden, mysteriösen Fremden, die zu wissen scheinen, was Jean da in sich aufgenommen hat, machen die ganze Sache nur noch komplizierter.

© 2019 Twentieth Century Fox

KRITIK

Dark Phoenix beginnt durchaus vielversprechend. Das Setup für Jeans Veränderung, die ersten kleinen Anzeichen und die kleinen Uneinigkeiten zwischen den Charakteren fühlen sich nachvollziehbar an und lassen einen gespannt die Dinge erwarten, die unweigerlich auf uns zu zukommen scheinen. Doch leider fällt all das in sich zusammen, sobald die Ernsthaftigkeit der Situation klar wird und Jean beginnt sich nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Das scheint daran zu liegen, dass man beim Verfassen des Drehbuchs auf ein ganz spezifisches Ende hinauswollte. Jede Nachvollziehbarkeit diverser Charakterentscheidungen, fällt diesem Ziel zum Opfer.

Hank, das Biest, handelt nicht seinem lange etablierten Charakter entsprechend. Er tut, was den Plot in die Richtung des oben erwähnten Ziels dreht. Selbes gibt für fast alle Charaktere. All die so bekannten Figuren scheinen aus heiterem Himmel all ihre bekannten Wesenszüge über den Haufen zu werfen, einfach um dem Plot zu dienen. Und das beschränkt sich nicht einmal nur auf die Charaktere. Auch die Welt, in der diese Geschichte spielt, fügt sich dem gewünschten Ziel ohne weitere Erklärung. So ist es zum Beispiel ein wenig befremdlich, wie, nach all den Dingen, die bisher in diesem Universum passiert sind, mit den Spannungen zwischen normalen Menschen und Mutanten umgegangen wird. Zu Beginn herrscht ein mehr als nur gutes Verhältnis, der Präsident der USA fragt persönlich bei Xavier um Hilfe an. Doch nach nur einer, für Superhelden-Auseinandersetzung, kleinen Episode von Jean, stehen plötzlich wieder alle Mutanten auf der allgemeinen Abschussliste und werden vom Militär gejagt.

© 2019 Twentieth Century Fox

Zu all dem kommt dann noch der Neben-Plot mit den Fremden, die Jean und ihre Macht für ihre ganz eigenen Zwecke nutzen wollen, der ganz offensichtlich die Haupthandlung sein will, dafür aber viel zu uninteressant und belanglos bleibt. Man kann also getrost sagen, dass das hier verfilmte Drehbuch einem Totalausfall sehr nahe kommt. Wie schon 2006 in Der letzte Widerstand, der sich mit dem gleichen Thema beschäftigte, schafft man es nicht, die an sich sehr hervorragende Storyline rund um Jean Grey und die Phoenix-Force in einen kohärenten, spannenden Film zu verpacken. Was den Film gerade noch ins Mittelmaß rettet, sind die durch die Bank sehr guten schauspielerischen Leistungen des Casts. Die holen alles aus den teilweise sehr fragwürdigen Dingen, die ihnen das Skript vorgibt. Das ist insofern recht bemerkenswert, da schon einige der prominenteren Darsteller (allen voran Jennifer Lawrence und Michael Fassbender) schon länger kein Geheimnis mehr aus ihrem Wunsch machen, der Franchise den Rücken zu kehren.

Leider gibt es auch von der technischen Front nicht sonderlich viel Spannendes zu berichten. Die Special-Effects gehen zwar in Ordnung, hinken der Konkurrenz aber sichtlich hinterher, trotz ewig langer Nachproduktionszeit dank der vielen Verschiebungen. Und auch was Regie, Schnitt und Kamera angeht, wird im besten Fall Industrie-Standard geboten, was vielleicht der Tatsache geschuldet ist, dass mit Simon Kinberg ein absoluter Neuling auf dem Regiestuhl sitzt. Einzig die musikalische Untermalung kann den gewohnt ansprechenden Standard der Reihe halten, allerdings ohne großartiges an der bekannten Formel zu ändern.

© 2019 Twentieth Century Fox

FAZIT

Leider fügt sich der letzte X-Men Film unter den Fittichen der Fox-Studios nahtlos in die den stetigen Trend der letzten Jahre ein, in dem jeder Film ein wenig schlechter ist als der Vorherige. Das Drehbuch kann nur als inkohärente Aneinanderreihung von kaum nachvollziehbaren Ereignissen beschrieben werden, die einzig und allein einem Ende dienen, dass diese Aufmerksamkeit aber gar nicht wirklich verdient. Wenn nicht die, trotz aller Abnutzungserscheinungen, überraschend motivierte und sehr gut arbeitende Besetzung wäre, die dem geneigten Zuschauer schon so ans Herz gewachsen ist, müsste man X-Men: Dark Phoenix wohl als Totalausfall bezeichnen. So schrammt er daran gerade noch vorbei und rettet sich in die Mittelmäßigkeit.

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