Frostpunk 2 im Test

Es wird endlich wieder frostig! Eisige Kälte zieht sechs Jahre nach dem Release des Überraschungshit Frostpunk mit seinem Nachfolger Frostpunk 2 wieder auf den Bildschirmen der Spieler ein. Kann Frostpunk 2 an die bisherige Erfolgsgeschichte des knüppelharten dystopischen Vorgängers anknüpfen und sich selbst noch einmal übertreffen?

Als Entwickler und zugleich auch Publisher veröffentlichten die polnischen 11 bit studios am 20.09.2024 knapp drei Monate nach dem ursprünglich geplanten Release-Datum das von vielen Fans des Stadt-Survival-Generes schon lang erwartete Frostpunk 2. Dieses ist zunächst nur auf PC verfügbar, soll jedoch zu einem späteren Zeitpunkt auch für Xbox S/X Series und PS5 veröffentlicht werden. Im PC Game Pass ist Frostpunk 2 ab Release enthalten.

Story

Die Geschichte der Kampange von Frostpunk 2 beginnt ungefähr 30 Jahre nach den Ereignissen im ersten Teil. In einem kurzen Prolog baut Ihr um einen einsamen im Schnee halb verschütteten Dreadnought, das ist eine riesige Maschine aus der Zeit vor dem Eis die von den Bewohnern des Frostlands nunmehr noch als Heizkraftwerk und Generator genutzt wird, eine erste Siedlung und beginnt damit Euren Überlebenskampf gegen die Kälte. In weiterer Folge tretet Ihr im ersten von fünf Kapiteln nach dem Ableben des bisherigen Stadtverwalters von der bereits existierenden Stadt Neu-London dessen Nachfolge an und beschreiben die Worte aus dem Intro des ersten Kapitels sehr zieltreffend das Wesentlichste der weiteren Geschichte:  „Sichere den Fortbestand der Stadt… oder halte ihr beim Sterben die Hand“. Genau dies ist fortan Eure Aufgabe als Magistrat und lassen sich alle weiteren Ereignisse der Geschichte auf diesen Nenner herunter brechen. Im Detail ist das dann natürlich etwas ausgeschmückt und geht es in Folge zum Beispiel einmal darum sich auf einen tödlichen Schneesturm vorzubereiten oder neue Kolonien zu gründen, um den enden wollenden Ressourcen von Neu-London eine Perspektive entgegenzusetzen.

Dies mag zwar alles sehr einfach gestrickt klingen, jedoch fügt sich die Geschichte in das Setting von Frostpunk 2 sehr glaubwürdig ein und bietet die Kampagne – im Unterschied zum alternativen Utopiamodus in welchem Ihr auf einer von sieben Karten Eure Stadt anhand eines zuvor selbst gewählten Ziels entwickelt – zumindest etwas Kontext, um Euch bei der Stange zu halten. Die Kampagne ist zudem auch so aufgebaut, dass Euch nach und nach die verschiedenen Spielelemente von Frostpunk 2 näher gebracht werden und dient somit auch als eine Art Tutorial. Beginnt es zum Anfang damit, dass Ihr Euch schlicht auf das Abbauen von Ressourcen kümmern müsst, werden danach die innere politische Verwaltung Eurer Stadt und das Erforschen des dahinterliegenden Frostlandes immer wichtiger.

Atmosphäre

Bereits mit dem sechs Jahre alten ersten Teil von Frostpunk 2 haben die 11 bit studios mit einem unverbrauchten und damals ziemlich neuartigen Setting in einer düsteren Eiszeit-Endzeit mit Steampunk-Elementen viel Interesse für ihr Städte-Survival-Spiel wecken können. Dabei konnten die Entwickler die Atmosphäre einer dem vermeintlichen Untergang geweihten Zivilisation, die jede Sekunde ihres Daseins mit dem Kampf gegen die unbarmherzige Kälte verbrachte, derart gut rüberbringen, dass es einem auch im Hochsommer kalt den Rücken runter lief. Mit Frostpunk 2 bleiben die Entwickler dieser brutalen und eisigen Welt treu und schaffen es den Charme von Frostpunk hervorragend einzufangen.

Grafisch ist im Vergleich zu Frostpunk der höhere Zoomfaktor von Frostpunk 2 etwas gewöhnungsbedürftig. Konnte man in Frostpunk noch jedem einzelnen Arbeiter zusehen, wie dieser sich seinen Weg durch die Schneemassen buddelte, so sieht man in Frostpunk 2 nur noch an ausgewählten Stellen – und auch nur bei einem vorherigen Klick auf ein Zoom Icon – echte Menschen die Stadt bevölkern. Dies hängt am Ende wohl damit zusammen, dass Ihr bei Frostpunk 2 schlicht in größeren Dimensionen denken müsst und es mit viel größeren Bevölkerungen und Städten zu tun habt. Dieser Umstand fällt einem aber wohl nur dann auf, wenn man den Vorgänger von Frostpunk 2 gespielt hat und habt ihr nach kurzer Zeit ohnehin so viel zu tun, dass Euch die Zeit fehlt irgendeinem Bewohner Eurer Stadt beim Arbeiten zuzusehen. Abgesehen vom Zoomfaktor sieht Frostpunk 2 optisch sehr schick aus und fügt sich alles gut in die Spielwelt ein. An manchen Stellen wären aus spielerischer Hinsicht etwas stärker voneinander unterscheidbare Gebäude bzw. Stadtbezirke jedoch wünschenswert gewesen und ist es ohne zusätzliches Karten-Overlay teilweise schwierig bestimmte Gebäude oder Bezirk zu erkennen. Die Atmosphäre beeinträchtigt das jedoch nicht negativ.

Als der für die Verwaltung und Weiterentwicklung der Stadt verantwortliche Magistrat werden Euch in Frostpunk 2 unaufhaltsam harte Entscheidungen abverlangt, die zwar für ein Überleben der Stadt in der tödlichen Eiswelt getroffen werden müssen, aber fast immer ungewollte Konsequenzen mit sich bringen und Euch im Hinterkopf grübeln lassen, ob ihr Euch nicht doch anders hättet entscheiden sollen. Dabei wird auch der eigene moralische Kompass immer wieder auf die Probe gestellt und erfordert es an einigen Stellen immer wieder Überwindung bei unliebsamen Entscheidungen das Gemeinwohl und den puren Überlebensinstinkt in den Vordergrund zu rücken. Ob Ihr zum Beispiel bereit seid hunderte Bergarbeiter in einer Kohlemine durch verschließen der Minenschächte in den sicheren Tod zu schicken, um einen Brand in einem Kohlevorkommen einzudämmen und so wichtige Ressourcen zu erhalten, oder Ihr versuchen möchtet die Bergarbeiter zu retten, ist dabei nur eine von vielen Entscheidungen. Dass das Leben eines Anführers auch Schattenseiten hat wird Euch mit Frostpunk 2 sehr deutlich bewusst gemacht.

Damit die Atmosphäre von Frostpunk 2 Ihre volle Wirkung entfalten kann müsst Ihr Euch jedoch  darauf einstellen viel zu lesen. Ein wesentlicher Teil der frostigen Spielerfahrung und des Endzeit-Gefühls wird durch nicht vertonte Popups/Ereignisse im Spiel transportiert, die immer wieder das Lesen kurzer Texte erfordern. Die Übersetzungen ins Deutsche sind dabei auch sehr gut gelungen. Wer nicht gerne liest kann mit Frostpunk 2 zwar trotzdem viel Spaß haben, verpasst jedoch einen außergewöhnlichen Aspekt des Spiels.

Gameplay

Bei Frostpunk 2 handelt es sich um ein Stadt-Survival-Spiel. Dabei  ist die grundlegende Spielmechanik darauf ausgelegt, dass Ihr in Eurer Stadt – später könnt Ihr auch im Frostland außerhalb Eurer Stadt Siedlungen gründen – zunächst einmal verschiedene Bezirke, beispielsweise ein Nahrungsmittel-, Wohn-, Förder- oder Industriebezirk, platziert und so den ständigen Bedarf Eurer Stadt an Materialen, Nahrung, Waren, Wärme  oder Wohnraum abdeckt. Dabei müsst Ihr die meist recht knappen Ressourcen geschickt verteilen, um möglichst keine Lücken in Eurer Versorgung zu haben. Aufgrund innerer und äußerer Einflüsse, beispielsweise durch Eisstürme die Teile der Produktion für ein Zeit lahmlegen und den Wärmebedarf in immense Höhen treiben können oder durch aufgebrauchte Ressourcenvorkommen, ist hier ein ständiges Nachjustieren und Anpassen Eurer Strategie erforderlich. Darüber hinaus beeinflussen sich nebeneinander gebaute Bezirke auch noch und gewähren entweder Boni oder haben eventuelle auch negative Effekte, wenn Ihr zum Beispiel einen Wohnbezirk neben einem Industriebezirk baut. Innerhalb der gebauten Bezirke können dann je nach Größe des Bezirks noch ein oder zwei Gebäude platziert werden, mit denen Ihr diese in verschiedenen Richtungen spezialisieren könnt. Wie bei vielen Spielelementen in Frostpunk 2 haben hier wünschenswerte Verbesserungen, oft auch (geringe) negative zusätzliche Effekte.

Wollt Ihr etwa einen Förderbezirk  verbessern und ein Sägewerk darin errichten bekommt Ihr zwar eine erhöhte Materialproduktion, müsst Euch jedoch auch damit abfinden, dass Eure Bevölkerung vermehrt krank wird. Sofern das bloße Errichten von verschiedenen Bezirken und das managen einer überschaubaren Zahl an Ressourcen – ohne dass es lange Warenketten geben würde – simpel erscheinen mag, erweist es sich im Detail dann doch um einiges komplexer. Gelingt es Euch nicht hier die richtige Balance zu finden ist Eure Stadt schnell dem Untergang geweiht und Ihr könnt noch einmal von Vorne beginnen. Frostpunk 2 macht hier sehr viel richtig und es kommt keine Langeweile beim Kampf ums Überleben auf.

Neben der dem Aufbau gewidmeten Spielmechanik glänzt Frostpunk 2 vor allem auch mit seinem damit verwobenen Politiksystem. Es reicht nicht, dass Ihr Eure Stadt gegen die eisige Kälte wappnen müsst um das Überleben aller sicher zu stellen, sondern Ihr müsst Euch auch mit verschiedenen Fraktionen innerhalb der Stadt auseinandersetzen. Als Magistrat einer Stadt habt Ihr nämlich keine allumfassende Entscheidungsgewalt sondern könnt auch jederzeit Euer Amt verlieren, wenn das Vertrauen der Bevölkerung zu stark sinkt.

In Frostpunk 2 haben viele Eurer Entscheidungen Einfluss auf Eure Bevölkerung. Wollt Ihr beispielsweise in eurem Tech-Tree  eine verbesserte Kohlemine erforschen um effizienter Ressourcen abzubauen, dann könnt Ihr Euch zwischen zwei Varianten entscheiden die jeweils von einer der Fraktionen bevorzugt wird. Je nachdem welche Ihr erforscht und später platziert, hat das Einfluss auf das Vertrauen der Fraktionen. Meist wird eine der Fraktionen Eure Entscheidung missbilligen und deren Vertrauen in Euch sinkt soweit, bis es möglicherweise zu einer Rebellion gegen Euch kommt.

Noch direkter ist der Einfluss der Fraktionen im Rat zu spüren. Dort könnt Ihr Gesetzesvorschläge zur Abstimmung einbringen, welche die Ausrichtung in unzähligen Bereichen Eurer Stadt beeinflussen. So könnt Ihr die soziale Ordnung eurer Stadt gestalten und nach Euren Vorstellungen anpassen. Natürlich decken sich auch hier die Wertevorstellungen der Fraktionen nicht immer und müsst Ihr Eure Handlungen gut abwägen. Um eine Abstimmung zu beeinflussen könnt Ihr den Fraktionen Zugeständnisse machen oder Versprechungen geben. Nur zwei von mehreren Versprechungen wären etwa, dass Ihr ein gewisses Gesetz bei der nächsten Ratssitzung zur Abstimmung bringt oder eine bestimmte Technologie, die den Wertvorstellungen der Fraktion entspricht, erforscht.

Es ist nicht ganz einfach ständig alle verschiedenen Interessen zu managen und seinen eigenen Weg zu verfolgen. Ohne Abstriche lässt es sich bei Frostpunk 2 nicht Anführer spielen und kann es sehr schnell passieren, dass man einer rebellierenden Fraktion gegenübersteht und das Spiel mit Eurer Absetzung endet. Das Politiksystem ist in Frostpunk 2 hervorragend umgesetzt, fasziniert und wirkt so authentisch wie bei kaum einem anderen Spiel. Dieses ist kein unnötiges und aufgesetztes Beiwerk, das bei vielen anderen Spielen kaum einen Blick wert ist, sondern erzeugt einen ständigen Spannungsbogen.

Bugs

Die ganze Spielerfahrung von Frostpunk 2 wurde in der kurz vor Release zur Verfügung gestellten Testversion durch sporadische Bugs noch leicht getrübt. An manchen Stellen wurden beispielsweise in Texten die Ressourcenanforderungen von Expeditionen ins umliegende Frostland aufgrund fehlender Verknüpfungen nicht angezeigt und zudem kam es vereinzelt auch zu seltenen Abstürzen. Den Großteil der Zeit lief Frostpunk 2 jedoch absolut flüssig und bleibt zu hoffen, dass die Entwickler hier auch den allerletzten Schliff des Spiels mit kleinen Patches noch hinkriegen.

Zusammenfassung

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