Damals, also quasi „vorm Krieg“, als es noch mein Job war den ganzen lieben langen Tag über Spiele zu reden und zu schreiben, war die Welt gerade im Umschwung. Die lange als unumstößlich geglaubten Genre/Plattform-Fronten wurden langsam aufgeweicht. Das „alte Denken“, dass Shooter ebenso auf den PC gehören wie RTS-Titel, weil sie mit Controller einfach unspielbar sind, verlor langsam an Gültigkeit. Zugegeben: Vor allem bei den Shootern, aber doch. Nun, eine halbe Ewigkeit später, ist alles anders. Nun soll laut meinem Intro-Text ausgerechnet ein auf der Konsole entstandener RTS-Titel der Nachfolger der Herzen für DIE Strategiespiel-Serie der PC-Geschichte sein? Für Command & Conquer?! Ja, durchaus. Hört mich an:
Wovon lebte Command & Conquer? Für mich lag der Reiz vor allem in drei Aspekten: Einfacher Einstieg, gut durchschaubares „Stein, Schere, Papier“-Prinzip der Einheiten und vor allem eine imposant erzählte Geschichte … und all das bietet Halo Wars 2 auch. Vor allem letzteres. Wie schon im Vorgänger lenkt ihr erneut die Geschicke der Crew der Spirit of Fire – eines UNSC-Schiffes. Dessen Besatzung schlummerte 28 Jahre lang im Cryo-Schlaf, nur um vor einem merkwürdigen Konstrukt zu erwachen, das mitten im Orbit schwebt und einen Hilferuf aussendet. Ein Spartan-Team wird geschickt, um dem auf den Grund zu gehen. Gefunden wird ein Bösewicht, der um jeden Preis aufgehalten gehört: Atriox. Alles was sodann passiert, wird zum einen in wirklich fantastischen CGI-Cutscenes, aber auch zu großen Teilen während der Missionen selbst erzählt. Dementsprechend sind diese ziemlich stark gescripted. Glücklicherweise allerdings auf sehr abwechslungsreiche Art und Weise. Mal startet ihr beispielsweise als einzelner Spartan eine Mission und stellt euch eure Truppen nach und nach aus befreiten Gefangenenlagern zusammen, mal müsst ihr schlicht eine Angriffswelle nach der anderen überstehen und so weiter. Cool!
Schade ist nur, dass der Spaß recht schnell wieder vorbei ist. Nach zwölf Missionen ist die Story fertig erzählt, die meisten davon werden euch DEUTLICH unter einer Stunde beschäftigen. Heißt: Nach ca. zehn Stunden rollt der Abspann über den Screen. Schade – gerade in Relation zur erwähnten Command & Conquer-Serie. Immerhin kann die Kampagne allerdings nicht nur allein, sondern auch im Coop bestritten werden. Ein äußerst seltenes Asset, das für ein fettes Plus im Mitteilungsheft sorgt. Darüber hinaus warten in Sachen Multiplayer übrigens noch ein „normaler“ Mehrspielerpart mit bis zu sechs Spielern sowie ein neuer und deutlich schnellerer Modus, genannt Blitz. Hier dürfen keine Basen gebaut werden. Stattdessen wird eine Sammelkarten-Ebene eingeführt. Ihr stellt also vor Spielbeginn euer Kartendeck zusammen und spielt dieses im Laufe der Partie nach und nach aus – so wie ihr es eben taktisch am besten findet. Spannender Ansatz – zumal man bei Feindkontakt eben nie weiß, was der gegnerische Hobby-General noch so auf der Hand hat.
Auf in den Kampf!
Doch kommen wir zu den verbliebenen, zwei „Säulen des Erfolgs“, von denen ich sprach: Dem einfachen Einstieg und dem eingängigen „Stein, Schere, Papier“-Prinzip bei den Einheiten. Beides ist hier auch vollends gegeben. Dabei ist der einfache Einstieg zum einen dem wirklich guten Tutorial in zwei Stufen und zum anderen aber auch den vier Schwierigkeitsgraden sowie einem guten Einheiten-Balancing zu verdanken. Für jede Einheiten-Art (Fahrzeug, Flugzeug, Infanterie, usw.) gibt es mehr oder minder perfekt passende Gegenparts. Lufteinheiten, die also beispielsweise Panzer im Null Komma Nix fertigmachen können, lassen sich am besten von Infanterie vom Himmel holen. Treffen diese aber wiederum auf einen Panzer, ist der Kampf recht kurz und einseitig …
Zudem sind die Einheiten-Mengen auf den Schlachtfeldern stets gut überschaubar. Auch Mikro-Management ist keines nötig. Im Grunde reicht es einen ausgewogenen Einheitenmix ins Feld zu führen, auf Positionsvorteile zu achten (Infanterie kann sich in Deckungen oder auf Türmen verschanzen) und zur rechten Zeit Sonderfähigkeiten wie Luftschläge oder Heil-Drohnen einzusetzen. Auch der Basenbau ist sehr simpel gehalten. Ihr könnt diese nämlich nicht errichten wo immer ihr wollt, sondern nur an fix vorgegebenen Orten. Auch das Rohstoffsammeln läuft quasi von allein. Einfach einen Generator und einen Nachschub-Hub bauen, schon rieseln die Rohstoffe „Energie“ und „Nachschub“ ganz von allein auf eure Konten. Die übrigen, fest vorgegebenen Slots für Bauwerke können sodann in Baracken oder andere Objekte verwandelt werden, um seine Armee aufzustocken.
Als Play Anywhere-Titel von Microsoft ist Halo Wars 2 sowohl auf der Xbox One, als auch einem Windows 10-PC (und nur dort – mit früheren Windows-Versionen funktioniert das Spiel nicht) spielbar. Da wie dort sieht es tadellos aus – auch wenn der PC merklich die Nase vorn hat. Auf letzterem ist auch die Steuerung, die ja ursprünglich für den Controller entworfen wurde, gut übertragen worden. Dass allerdings die Bau-Menüs den gesamten Bildschirm einnehmen und auf Radial-Oberflächen setzen macht zwar beim Controller Sinn, beim Spiel mit Maus und Tastatur aber absolut nicht. Dennoch: Halo Wars 2 „funktioniert“ da wie dort.
FAZIT
Wenn mich jemand fragt, ob ich Strategietitel mag, sag ich in der Regel „nein“ … vor allem, weil ich dabei eher an große Titel wie Supreme Commander oder Total War denke. Dafür bin ich einfach zu „blöd“. Command & Conquer habe ich seinerzeit aber sehr gerne gespielt … und Halo Wars 2 jetzt auch wieder. Die Story ist spannend und wird fulminant erzählt, der wählbare Schwierigkeitsgrad breit genug gefächert und das Gameplay „greifbar“ genug, dass auch Noobs wie ich schnell Erfolge feiern und die Missionen sind abwechslungsreich. Das, kombiniert mit einem gelungenen Multiplayer-Modus lassen mich zu folgendem Schlusssatz gelangen: Sowohl Einsteiger als auch Hardcore-PC-Strategen können und werden mit Halo Wars 2 eine Menge Spaß haben – auch wenn alles doch sehr merklich auf die Xbox One zugeschnitten ist.
Gesamtwertung: 8.0
Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8