Hitman 3 im Test

IO Interactive hat es in den letzten Jahren erfolgreich geschafft, die Hitman Serie auf beeindruckende Art und Weise neu zu starten und zu modernisieren. In vielerlei Hinsicht ist dieser nunmehr dritte Teil der 2016 gestarteten Reihe rund  um die „Welt der Attentate“ der Höhepunkt all dessen, was das Studio aus Hitman und Hitman 2 gelernt hat. Die Formel wurde perfektioniert, das Gameplay verfeinert und die Story, die vor fast fünf Jahren begann, zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht. Doch „perfekt“ ist Hitman 3 dennoch nicht …

Im Kontext der neuen Hitman-Trilogie gesehen, ist es vermutlich am besten sich Hitman 3 als die dritte Staffel der Wiederbelebung der Serie vorzustellen. Oberflächlich betrachtet, unterscheidet sich Hitman 3 also nicht allzu sehr von seinen beiden Vorgängern. Die Spieler müssen sich (bis auf eine Ausnahme – dazu später) durch eine offene Sandbox-Welt schleichen und versuchen herauszufinden, wie sie ihre Zielpersonen am besten ermorden und sodann spurlos entkommen können. In Hinblick auf eure Möglichkeiten dazu haben es zwar ein paar kleine Neuheiten ins Spiel geschafft, im Grunde blieb das Gameplay aber weitestgehend unangetastet. Auch bei der Technik wurde nur in Details nachgebessert. Dennoch ist Hitman 3 ohne Zweifel der bestaussehende Teil der Serie.

Spieglein, Spieglein – die Technik

Während euch andere Spiele wie etwa die Call of Duty Serie gerne mit Post-Processing-Effekten bewerfen, um möglichst viel „wow“ in euch auszulösen, waren die Hitman-Games immer schon welche der optisch „cleansten“ Titel, die es zu kaufen gab. Das ist auch jetzt nicht anders. Erwartet also keinen modernen Eye-Candy wie Lichtbrechungen auf der Kamera oder übertrieben bloomende Explosionen … was euch IOI stattdessen bietet, ist kristallklare, nüchterne und dennoch überaus ansehnliche Meuchel-Mörderei. Auch auf das Next-Gen-Superschlagwort Raytracing verzichtet man. Das heißt aber nicht, dass man nicht mit schicken Spiegellungen aufwarten kann. Man setzt dabei nur auf andere Ansätze. Für klassische Spiegel etwa (oder reflektierende Scheiben) setzt man also auf eine zweite Kamera-Perspektive und rendert die Szene tatsächlich zweimal. Für größere Flächen wie etwa Böden, Wände und Co. wird hingegen auf Screen Space Reflections gesetzt. Das Ergebnis ist jedenfalls zu 90% überaus überzeugend und wertet das optische Erscheinungsbild des Titels im Vergleich zu seinen Vorgängern deutlich auf.

Vor allem, weil die alten Stärken der Engine freilich allesamt erhalten bleiben: Die Umgebungen sind gigantisch, die Anzahl an gleichzeitig darstellbaren NPCs reicht, um teilweise tatsächlich den kompletten Screen mit Menschen zu füllen, die Texturschärfe ist gut und auch glaubhafte Schatten werden geboten.

Wer das gute Stück nun allerdings auf Next-Gen-Konsolen – oder „Re-Gen-Konsolen„, wie ich sie ja nennen möchte – zockt, bekommt damit keine zusätzlichen Features spendiert (die neuen Reflexionen gibts auch auf alter Hardware), sondern wird „nur“ mit höherer Auflösung und Framerate belohnt. Tatsächlich bietet die Xbox Series X-Version, die auch für meinen Test herhalten musste, sogar echte 4K-Auflösung und absolut stabile 60 Frames pro Sekunde. Schon beeindruckend …

Excellent work, 47 – das Gameplay

Keiner kann Stealth so gut wie IO Interactive. Die neu aufgelegte Hitman-Trilogie hat ein Händchen dafür, komplexe, lebendige und atmosphärische Sandkästen zu erschaffen, die auf komplexen Netzen von interagierenden Systemen aufbauen. Man erkundet jeden Ort und lernt sein Layout, man pirscht sich geduldig an Ziele und Personen von Interesse heran, um mehr über deren Verhaltensmuster und Zeitpläne zu erfahren, man lauscht und mischt sich in Menschenmengen, um wichtige neue Informationen zu erhalten. Am Ende schalten Sie Ihre Ziele auf immer kreativere Weise aus und machen sich dann aus dem Staub, bevor irgendjemand auch nur ahnt, dass ein professioneller Attentäter in ihrer Mitte war.

Und wie zu erwarten war, baut Hitman 3 auf denselben Stärken auf. Obgleich es tonal weniger albern als die Vorgänger ist und auf eine eher düstere Ästhetik setzt, die ohnehin besser zur Geschichte passt, sind die Grundpfeiler rund um das mörderische Experimentieren und Schleichen nach wie vor mit von der Partie.

Das bedeutet aber nicht, dass es keine Änderungen gibt. Eine Ergänzung sind etwa die permanenten Abkürzungen: versteckte Tunnel und geheime Türen, die man finden und für alle zukünftigen Durchläufe freischalten kann. Zudem ist 47 jetzt auch mit einer Kamera ausgestattet, die zum Scannen von Dokumenten oder zur Interaktion mit elektronischen Schlössern und Geräten verwendet werden kann.

Sechs Levels werden geboten und einige davon taugen ohne Zweifel als Anwärter auf den Titel „bestes Hitman-Level ever“. Gleich zum Auftakt etwa infiltriert Agent 47 den neuen, fiktiven, höchsten Turm in Dubai und stellt seinen Zielen in dessen Einweihungsfeier nach; inklusive „interessanter“ Gäste, neugierigen Journalisten, kleinerer und größerer Dramen in den Reihen des Personals und natürlich zahlreichen Wegen zum Erfolg. Vom naheliegenden „Sturz über das Geländer“ bis hin zum Tod durch einen explodierenden Golf-Ball.

Gleich im zweiten Level wiederum habt ihr die Gelegenheit ein britisches Herrenhaus zu durchstreifen und auf Wunsch als vermeintlicher Detektiv einen Mord innerhalb einer durchaus vielschichtigen Familie zu lösen. Dabei habe zumindest ich mich ab und an durchaus wie mitten in den großartigen Film „Knives out“ versetzt gefühlt. Darüber hinaus geht es noch auf ein großes Anwesen in Mendoza (Argentinien), nach Berlin, wo wir uns in einem zwielichtigen Untergrund-Nachtclub wiederfinden, in dessen Nähe eine Biker-Gang illegale Drogengeschäfte durchführt und ins chinesische Chongqing, wo wir die neongetränkten Straßen einer überfüllten und dichten Stadtumgebung unsicher machen; bei strömendem Regen. Jeder Schauplatz ist aufwendig gestaltet und vollgepackt mit Geschichten, Charakteren und Arealen, die es zu erkunden gilt.

Alles hat ein Ende …

Dennoch gibt es einen Bereich, von dem ich in den Missionen auch etwas enttäuscht bin: Die „Mission Stories“, oder „Opportunities“, wie sie im ersten Teil genannt wurden. Von denen gibt es nämlich nicht ganz so viele wie in den beiden Vorgängern – in Berlin gibt es sogar überhaupt keine. Natürlich sind diese nicht unbedingt notwendig, um das Gameplay selbst genießen zu können, aber sie spielen dennoch eine wichtige Rolle, besonders wenn man einen Ort zum ersten Mal spielt, um einen in das Szenario eintauchen zu lassen und vor allem auch um den Wiederspielwert erhöhen. Immerhin kann man nach dem ersten Durchspielen nach wie vor die Entry-Points ändern und neue Strategien ausprobieren und so noch mehr „Mission Stories“ entdecken.

Auch die letzte Mission des Spiels, die in Rumänien spielt, fällt quasi etwas unangenehm auf. Sie ist komplett linear, bietet nicht viel Raum für Experimente und Gameplay-Experimente und hat nur fünf Mastery Levels – ähnlich wie Hawke’s Bay in Hitman 2 (nur viel linearer gestaltet). Damit ist es eher ein Epilog, der die Geschichte abschließt als eine ausgewachsene Mission. Dementsprechend hat sie auch aus Gameplay-Perspektive am wenigsten zu bieten und mir persönlich auch den wenigsten Spaß gemacht.

Zusammenfassung

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