Das ursprünglich nur in Südkorea veröffentlichte Hyper Universe ist nun auch bei uns via Steam im Early Access erhältlich. Entwickler Nexon versucht sich dabei an einem sidescrolling – MOBA, ähnlich Awesomenauts, im Anime-Charakterdesign. Im Vier–gegen–Vier–Modus treffen (inzwischen nicht mehr ganz so) betont sexuell gezeichnete Charaktere aufeinander, die sich auf 6 Klassen und 28 Helden aufteilen. Aber ist der Preis bei der momentanen Spieleranzahl gerechtfertigt? Auf die Seite, fertig, scrollen.
Klischee Olé
„Willst du einer Frau den Hof machen, musst du erst ihren Vater in Starcraft besiegen.“ Solche klischeebehafteten Witze unterstreichen ein wenig die Vormachtstellung von Computerspielen im fernöstlichen Südkorea. Derzeitig müsste das Beispiel natürlich eher League of Legends beinhalten. Dennoch besitzt E-Sport in Südkorea, trotz Nischen-Daseins, einen ganz anderen Stellenwert als in unseren Breitengraden. Und so schleicht sich das koreanische Spiel in die restliche Steam-Welt ein. Schleicht deswegen, da bisher wenig Marketing betrieben wurde und sich die aktuellen Spielerzahlen laut Steamspy sehr in Grenzen halten. Außerdem werden MOBA-Spiele meist in einer Free2play-Variante angeboten, der Umsatz wird durch Ingame-Käufe von Helden, deren Erscheinungsbildern und ähnlichem lukriert. Die Umstellung auf die Gratis-Variante wurde zwar bereits für dieses Jahr angekündigt, zurzeit muss Hyper Universe aber für 16 Euro gekauft werden, um es überhaupt spielen zu können. Wer jetzt kauft, der zählt immerhin als Founder und bekommt alle (zukünftigen) Helden und Arenen gratis. Generell kein schlechtes Angebot, da auf einen Schlag alle Helden für 16 Euro freigeschaltet werden. Potentielle Käufer, die für diese Art Spiel jedoch generell kein Geld ausgeben möchten, werden das hier wohl ebenso wenig tun. Das führt zu einem eklatanten Spielermangel, den Hyper Universe eigentlich nicht verdient hat.
Links,rechts, geradeaus
Wie üblich gibt es hier ebenfalls mehrere Bahnen, auf denen computergesteuerte Fieslinge gegeneinander anlaufen und uns bei ihrem Ableben Gold hinterlassen. Da wir uns hier aber in der Zweidimensionalität aufhalten, verlaufen diese Bahnen übereinander. Außerdem sind sie mit besteigbaren Leitern oder bespringbaren Jump-Pads verbunden, welche uns in die nächste oberhalb oder unterhalb liegende Bahn bringen. Zwei der insgesamt sieben Spuren werden von je zwei Türmen befestigt. Auf einer dieser beiden Spuren müssen die Sicherheits-Bauwerke zerstört werden, um in die gegnerische Basis zu gelangen. Fällt dort dann der letzte Verteidigungsposten, ist das Spiel gewonnen.
In der eigenen Basis und auf den beiden äußersten Pfaden befindet sich zusätzlich ein Warp-Tor, mit dem sich, gegen einen Obolus, zu anderen Knoten und den eigenen Türmen teleportiert werden kann. In den restlichen fünf Spuren befindet sich der sogenannte „Dschungel“. Also der Bereich, in dem sich neutrale Gegner aufhalten, welche für Gold und Boni umgeklopft werden können und sollen. Die Boni geben eine dauerhafte Stärkung, wie zum Beispiel zusätzliches Leben oder Angriffskraft, werden aber zufällig ausgewählt. Zudem muss der Bonus auch eingesammelt werden, bevor ihn uns ein Gegner wegschnappt, denn nach dem Tod des Dschungelbewohners lässt er seine Beute einfach auf den Boden fallen. Im eigenen Team sollte also auch Einigkeit herrschen, wer diese Extras am gewinnbringendsten einsetzen kann. Zusätzlich gibt es noch einen extra starken NPC, „Eindringling“ genannt. Hat unser Team den neutralen Bösewicht das Zeitliche segnen lassen, erscheint die Belohnung in Form von gehörigen Druck erzeugenden Panzern in unserer Basis. Somit sind auch in diesem MOBA Ziele meist wichtiger als einfache Tötungen.
Topdown oder top down
Der Clou an Hyper Universe ist natürlich das Sidescroll-Element. Da jeder nur den Abschnitt der Bahn sieht, auf der er sich gerade befindet, gibt es immer wieder hilfreiche Einblendungen, wenn ein Gegner attackiert wird. Zusätzlich ist auf der Minimap ersichtlich, welche Hyper sich in welchem Stockwerk befinden. Und auch feindliche Helden werden eingezeichnet, sobald ein Teammitglied Sichtkontakt herstellen konnte. Mit ein wenig Eingewöhnung fühlt sich diese Variante sogar übersichtlicher als herkömmliche Maps an, da eine klare und einfache Struktur vorherrscht. Durch die vielen Übergänge zwischen den Ebenen wird jedoch der Eindruck eines andauernden Hinterhalts erweckt. Es ist keine Seltenheit, dass unser Charakter plötzlich von hinten attackiert wird, obwohl dort noch unser Turm steht. Quasi umgekehrtes „Tower-diven“. Durch die verschiedenen Ebenen kann man geschickt hinter die feindlichen Linien tauchen und plötzlich hervorschnellen, um einem Gegner, der sich mit wenigen Hitpoints entkommen glaubte, den Rest zu geben. Abwechslungsreich auf alle Fälle.
In Punkto Balance scheinen aktuell die Fernkämpfer die Nase vorn zu haben. Nahkämpfer teilen zwar mit fortschreitender Zeit viel Schaden aus, können aber von den Spezialisten schnell getötet werden, sollten sie sich falsch positionieren. Fernkämpfer verzeihen mehr Fehler, während sie teilweise absurd viel Schaden in kürzester Zeit an den Hyper bringen. Kürzlich wurde ja erst an den Schadenszahlen geschraubt und die Lebensbalken erhöht, was zu einer Senkung der Tötungsgeschwindigkeit geführt hat. Im Endeffekt profitierten die Fernkämpfer davon, da diese weiter weg vom Kampfgetümmel stehen und weiterhin ihren Schaden austeilen, aber nicht mehr so schnell umfallen. Als Nahkämpfer ist es ohne Hilfe zu Beginn beinahe unmöglich, eine Bahn zu halten. Teamkomposition und Koordination ist der Schlüssel.
Ersteindruck
Aktuell scheint sich noch kein richtiges Meta herauskristallisiert zu haben, lediglich klassisch-logische Teamstrukturen herrschen vor. Einerseits stehen im koreanischen Bereich mehr Helden zur Verfügung. Andererseits sind die meisten Guides nur auf koreanisch geschrieben. Somit wird es noch ein wenig dauern, bis Gegenstands- und Heldenkombinationen konserviert und publiziert werden. Vorausgesetzt, Hyper Universe kann mehr Spieler anlocken. Im gegenwärtigen Zustand muss sogar zu gängigen Spielezeiten gut und gerne fünf bis zehn Minuten gewartet werden. Berichtet wird teilweise auch von einer Stunde oder mehr. Spiele gegen die KI werden schneller gefunden, da mehr Spieler zuerst gegen die KI trainieren möchten und müssen. Denn erst mit Profilstufe 5 darf gegen menschliche Gegner angetreten werden. Eine gute Lösung für Anfänger, aber ein Ärgernis für Veteranen, da so zu Beginn ca. 2 Stunden gegen eher schwächliche Bots gespielt werden muss. Nichts desto trotz sollte Nexon hier schnellstens reagieren, entweder mit Werbung, indem man bekannte Streamer an Bord holt, oder etwa mit gratis Spieltagen. Technisch ist läuft Hyper Universe bisher stabil, mit Ausnahme des bösartigen Zeitverzögerers, der in der Warteschlange sein Unwesen treibt.
Jüngst wurden auch die körperlichen Ausprägungen der Charaktere reduziert, da es Beschwerden über die ausgeprägte Sexualisierung der Hyper gab. Dies hat zu „Zensur“-Rufen und negativen Reviews auf Steam geführt. Die Prioritäten können hier hinterfragt werden, da die Hauptprobleme des Spiels eigentlich woanders liegen dürften. Insgesamt also kein glorreicher Start für ein Werk, dass im Kern viel Spaß macht und Potential hat. Wenn sie noch einmal mit dem Preis runtergehen und die Marketingabteilung aktivieren, dann könnte es was werden. Dota2 und League of Legends wird man nicht vom Thron stoßen. Aber die Etablierung einer unterhaltsamen Nische sollte drin sein.