AAA-Spiele mögen den Markt dominieren, aber kleinere Indies sind auch immer wieder für ein paar Stunden eine nette Abwechslung. Ich habe wieder vier davon ausgesucht, die ich in den letzten Tagen gespielt habe. Andauernd nur Baldur’s Gate 3 geht ja auch nicht.
Den Anfang macht ein Spiel, das durchaus Parallelen zum Megahit Baldur’s Gate 3 hat. Hammerwatch II ist nämlich auch ein detailliertes Rollenspiel, allerdings laufen die Kämpfe in Echtzeit ab und das Produktionsbudget war wohl auch ein wenig geringer. Mit Schildmaid MX hat mich wieder einmal ein klassisches Shoot’em Up (mit einem ungewöhnlichen Feature) für einige Stunden an den Bildschirm gefesselt, während Yet Another Zombie Survivors ein extrem gut spielbarer Vampire Survivor Klon im Early Access ist. Den Abschluss macht dann ein flottes Partyspiel für vier Leute auf der Couch, DepowerBall.
Hammerwatch II
Hammerwatch II macht dort weiter, wo der recht gute Vorgänger aus dem Jahr 2013 aufgehört hat. Wir haben gerade den Drachen Worldfire in seinem Schloss auf einer kleinen Insel besiegt und befinden uns nun auf der Flucht aus dem Schloss beziehungsweise von der Insel. Dazu müssen wir aber erst einmal einen Weg durch die Dungeons finden, um dann mit einem vom Widerstand organisierten Schiff die Insel verlassen zu können. Das erweist sich natürlich nicht so einfach wie geplant. Wir bewegen unsere winzige, aber toll gezeichnete und animierte Figur mit dem Gamepad auf Twin-Stick Art durch die Gegend. LS um zu gehen, RS um den Kopf bzw. unsere Waffe in eine Richtung zu bewegen. Mit RT schlagen wir zu, mit RB schießen wir mit unserer Fernkampfwaffe, mit LT blocken wir. Die genauen Fähigkeiten hängen aber von unserem gewählten Charakter ab. Hammerwatch II ist nämlich weniger ein simples Actionspiel als vielmehr ein ausgewachsenes Rollenspiel im Miniaturlook. Wir können mit unzähligen Dingen in der Spielumgebung interagieren – Knöpfe, Hebel, Türen, NPCs. Nützliche Dinge werden aufgesammelt, sobald wir über sie laufen. Wir laufen also in typischer Rollenspielmanier durch die Gegend, stehlen den Einheimischen ihre Äpfel und Karotten, zerdeppern jede Kiste und jedes Fass, während wir die Wolfspopulation dezimieren und kleine Nebenquests (bring mir dies, bring mir das…) für die lokale Bevölkerung absolvieren. Beispielsweise den Keller für den Wirt von Ungeziefer säubern, das ist ja quasi Teil jedes klassischen Rollenspieles seit The Bard’s Tale. Wobei das Ungeziefer hier nicht Ratten, sondern grüne Käfer waren. Die Piratenhöhle ist dann aber etwas größer als erwartet, und die Piraten haben nicht nur den Captain des Schiffes entführt, das uns von der Insel bringen sollte, sondern auch alle wichtigen Teile des Schiffes gestohlen. Der Anführer der Piraten ist dann auch der erste Bossgegner. Hier zahlt es sich aus, wenn ihr nicht alleine sondern mit drei Freunden im kooperativen Online-Modus spielt.
Das Spielmenu ist recht umfangreich – auf der ersten Seite sehen wir unsere Ausrüstung und sonstige Gegenstände, auf der zweiten Seite sind die Attribute unseres Helden (Stärke, Geschicklichkeit,…), auf der dritten Seite ist das Questlog, auf der vierten Seite der Fertigkeitenbaum, die fünfte Seite bietet Informationen über die Welt und auf der letzten Seite haben wir eine sehr nützliche Übersichtskarte. Gespräche laufen in reiner Textform ab. Das Spiel hat meine PC-Lüfter laut aufheulen lassen, aber eine Begrenzung der Framerate hat das Problem gelöst. Die Steuerung kann mit dem Gamepad erfolgen, Maus und Tastatur funktionieren aber auch gut. Wer Lust auf ein Indie-Baldur’s Gate 3 in Pixel Art Grafik hat, liegt mit Hammerwatch II nicht ganz so falsch und bekommt ein detailliertes Action-Rollenspiel mit unzähligen Gegenständen, Quests und Charakterwerten.
Schildmaid MX
Shmups (Shoot’em Ups) sind ein Nischengenre, aber manche Leute mögen sie. Ich bin einer von ihnen. Verurteilt mich nicht, andere mögen Klicker oder Hentai-Spiele. Ich jedenfalls mag Shoot’em Ups, und zwar vorzugsweise im europäischen Stil, der von den meisten der jungen Bullet Hell-Freaks mit Verachtung gestraft wird. Mir ist das egal, denn ich bin mit dem C-64 und dem Amiga aufgewachsen, also bevorzuge ich klassische Shmups, wie in den guten alten Zeiten von R-Type und Gradius.
Schildmaid MX ist nicht wirklich ein klassisches Euroshmups, aber es ist auch kein echtes Danmaku (Bullet Hell). Es ist eine Mischung. Ihr fliegt über ein horizontal scrollendes, bildschirmfüllendes Spielfeld, und obwohl eine Menge Kugeln herumfliegen, ist es eher eine chaotische Weltraumschlacht als die symmetrischen Kugelmuster der Danmakus. Da ich gerade meinen geliebten Ultrawidescreen-Monitor ruiniert habe, spiele ich jetzt direkt vor einem 55-Zoll-Fernseher auf meinem Spieltisch – und ich muss sagen, ich liebe dieses Spiel. Wirklich beeindruckend, als ob das Spiel dafür gemacht wäre. Es ist das gleiche Gefühl, das ich hatte, als ich als Kind in einer Spielhalle spielte, obwohl die Bildschirme vor 40 Jahren wahrscheinlich viel kleiner waren (aber auch meine Augen viel besser).
Wie auch immer, zurück zum Spiel. Es verfügt über eine sehr einzigartige Spielmechanik. Wenn man von gegnerischen Kugeln getroffen wird, schaltet sich automatisch der Schild ein und die Spezialwaffen werden aufgeladen. Das ist anfangs etwas ungewohnt, man muss sich erst daran gewöhnen, feindliche Kugeln einzusammeln. Es zählen nur feindliche Geschosse, versucht es nicht mit Felsbrocken, Laserstrahlen, Raketen oder feindlichen Schiffen. Ich habe es versucht und es hat nicht funktioniert. Das Aufsammeln von feindlichen Kugeln funktioniert aber eine Zeit lang recht gut, dann färbt sich euer Schiff rot und ihr solltet KEINE Kugeln mehr aufsammeln. Abgesehen davon, dass ihr euer Schild auflädt oder Hindernissen ausweicht, besteht die Hauptaufgabe darin, Feinde abzuschießen. Vorzugsweise mit eurem aufgeladenen Superschuss. Weicht Sucherraketen mit einer Fassrolle aus. Das Spiel bietet drei unterschiedliche Schiffstypen, vier freischaltbare Spielmodi (und vier zusätzliche EX-Modi), beeindruckende Grafiken, einen dröhnenden Soundtrack, der eure Frau vertreibt (wenn ihr einen guten Subwoofer habt), eine Online-Rangliste, Achievements, perfekte Gamepad-Unterstützung (XBox One, DS 4) und eine ganze Reihe von Optionen. Ich habe aber keine Ahnung, ob es unter Ultrawide funktioniert, bis mein neuer Monitor eintrifft. Die Levels werden schnell schwierig, aber auch ein bisschen repetitiv. Trotzdem ein tolles Shmups der guten alten Schule mit einer neuen und einzigartigen Kugelabsorptionsmechanik.
Yet Another Zombie Survivors
Das Spiel ist noch im Early Access und viele geplante Features sind noch nicht enthalten. Aber was hier ist, macht großen Spaß. Es ist genau das, was es sagt – ein weiterer der zahlreichen Vampire Surviors-Klone. Im Vergleich zu vielen von ihnen ist es jedoch gut, wirklich gut. Man spielt Überlebende (ok, Überlebende nur noch für ein paar Minuten…) während der Zombie-Apokalypse. Man beginnt mit einem und kann zwei weitere befreien, die sich uns dann anschließen. Sie schießen automatisch auf den nächsten Zombie, und es greift eine nicht enden wollende Horde von Zombies an. Wenn Zombies sterben, lassen sie Münzen fallen. Wenn ihr genug Münzen habt, könnt ihr entweder Waffen aufrüsten oder eine neue Fähigkeit kaufen (wie Minen legen, Handgranaten werfen oder einen Angriffshubschrauber rufen), die automatisch ausgeführt wird. Upgrades für diese Fähigkeiten verringern die Abklingzeit und erhöhen ihre Effektivität. Dinge, die herumliegen, heilen euch oder geben euch andere Vorteile (Schild, Geld), zusätzliche Überlebende schließen sich nicht dem Dreierteam an, sondern geben euch weitere Vergünstigungen. Es gibt sechs (drei sind anfangs gesperrt) Typen von Anführern, die ihr zu Beginn auswählen könnt (Tank, Ingenieur, Sanitäter…). Die Zombiehorde ist sehr abwechslungsreich und entwickelt sich im Laufe des Spiels weiter. Und das ist es – ihr weicht den Zombies aus, während ihr eure Waffen und Fähigkeiten verbessert, bis die Horde euch schließlich überwältigt. Es gibt eine Meta-Progression – nach einer Runde könnt ihr Trainingspunkte (sammelt Geld, um Trainingspunkte zu erhalten) in globale Upgrades (Ausdauer, Stärke, Charisma…) eurer Helden investieren. Derzeit gibt es nur einen Level, vier weitere sind geplant. Das Gamepad funktioniert gut, es gibt Achievements. Das Spiel ist im Early Access – der Inhalt ist begrenzt, aber das Gameplay ist bereits sehr gut. Mit ein paar weiteren Levels, Charakterklassen, Gegenständen und Fähigkeiten kann es zu einem der besten Spiele des Genres werden. Derzeit ist es nur (noch ein) Roguelite Reverse Bullet Hell. Aber ein gutes.
DepowerBall
Die üblichen Party-Prügelspiele sind einfach erklärt. Eliminiert eure Gegner, bis ihr gewinnt. DepowerBall ist ein bisschen komplizierter. Nachdem ihr euren Charakter ausgewählt habt, müsst ihr vier Spezialfähigkeiten auswählen (oder sie zufällig auswählen lassen). Dann beginnt das Spiel, und es ist nicht das Ziel, eure Gegner zu töten. Natürlich könnt ihr auf die Gegner schießen, um sie zu nerven und verlangsamen, aber das Ziel des Spiels ist es, Leckereien zu sammeln und sie der immer hungrigen Drachenkönigin zu bringen. Wer ihr in 45 Sekunden die meisten Leckereien bringt, gewinnt. Nach jeder Runde wählen die Verlierer eine besondere Kraft, die sie dem Gewinner wegnehmen. Daher auch der Name des Spiels: Depowerball. Wer drei Runden gewinnt, hat das Spiel gewonnen. Fünf verschiedene Levels sorgen für Abwechslung. Es gibt noch einen weiteren Spielmodus, bei dem ihr ein Leckerli schnappen und es so lange wie möglich halten müsst, während die anderen versuchen, es euch wieder wegzunehmen. Das Spiel ist für bis zu vier lokale Spieler geeignet, wenn man keine Freunde hat, kann man mit Bots spielen. Online wird auch unterstützt, Gamepads funktionieren gut. Es ist eine nette Abwechslung zu den üblichen Plattform-Brawlern. Temporeich, mit kurzen Runden und ziemlich chaotisch, ein unterhaltsames kleines Partyspiel eben.