Injustice 2 im Test

In der Regel überwiegt bei den meisten Computer- und Videospiel-Fans die Skepsis, wenn wieder einmal eine namhafte Lizenz zu einem Hollywood Blockbuster gegen Einwurf von vielen Münzen käuflich erworben und dann auch gleich ein Spiel dazu ankündigt wird. Aber wie heißt es so schön, die Ausnahme bestätigt die Regel und so gibt es sie doch, die seltenen Exemplare, brauchbarer Umsetzungen. Und dann gibt es noch Spiele die zwar keine direkte Versoftung einer filmischen Vorlage sind, man sich aber wünscht sie wären es. Zum Beispiel Injustice: Gods Among Us von den Mortal Kombat Machern NetherRealm Studios. Wir erklären euch, warum auch der Nachfolger ein spannenderes Erlebnis bietet, als das aktuelle DC Film-Universum.

Okay, für alle die jetzt mit der zugegebenermaßen etwas weit hergeholten Einleitung, nur bedingt etwas anfangen können, hier ein kleiner Exkurs, um die Wirren meiner Gedankengänge etwas zu entflechten. Das DC Extended Universe (DCEU) ist die Bezeichnung für das fiktive Film-Universums von DC Comics, welches mit Man of Steel begonnen hat und bislang mit Batman v Superman: Dawn of Justice sowie Suicide Squad fortgesetzt wurde. Sowohl bei Fans, als auch bei Kritikern ernteten diese Filme, keine besonders guten Kritiken. Auf heimischen Konsolen und PCs hatten die DC-Comichelden bereits vor nicht ganz zehn Jahren gegen die Kämpfer der Mortal Kombat-Reihe ihren ersten Auftritt, bevor sie dann 2013 mit Injustice: Gods Among Us in ihrem eigenen Prügelspiel gegeneinander antreten dürften. Eine große Stärke des Spiels war die auf der gleichnamigen Comic-Reihe basierenden Story und wir Comic-Nerds in der Redaktion sind uns einig, dass sich diese Vorlage weitaus besser als „The Death of Superman“ für eine filmische Umsetzung geeignet hätte. Grundsätzlich haben aber das DCEU und die Injustice-Spielreihe bis auf die Protagonisten nichts gemeinsam, trotzdem wollen wir im nachfolgenden Artikel die Gründe aufzählen, warum man Injustice 2 einem (Heim-)Kino-Abend vorziehen sollte.

Grund #1: Bessere Story

Die Geschichte des Vorgängers spielte hauptsächlich in einer finstere Alternativwelt, in welcher der wahnsinnige Joker mit einer Atombombe Metropolis atomisiert hat – inklusive Supermans geliebter und schwangeren Lois Lane. Dieser Schicksalsschlag war nun der Auslöser dafür, dass der Mann aus Stahl mit seinen eigenen Regeln bricht und sich mit einer handvoll getreuer Gefährten die Erde und die Menschheit untertan machte. Nur Dank der Zusammenarbeit von zwei Inkarnationen an Batmen aus verschiedenen Parallelwelten, konnte das tyrannische Regime zerschlagen und Superman hinter Gitter gebracht werden.

Injustice 2 führt diese Geschichte nahtlos fort. Batman und seine Verbündeten versuchen die zerrüttete Gesellschaft wieder aufzubauen und müssen dabei gegen jene kämpfen, die Supermans Regime erneut aufleben lassen möchten. Inmitten dieses Chaos erscheint eine neue Bedrohung, die alte Feinde dazu zwingt, neue Bündnisse zu schließen. Allzu viel möchten wir von der Story nicht verraten, nur so viel: Es gibt einen namhaften Antagonisten mit einer klaren Motivation – weitaus mehr als ihr von den Filmen erwarten könnt. Dazu rücken ein paar Charaktere aus der zweien Reihe mehr in den Vordergrund, allen voran Supergirl. Gut, auch die Geschichte von Injustice 2 kann mit einigen haarsträubenden Logiklöchern aufwarten, aber die rund zweieinhalb Stunden dauernden Zwischensequenzen der insgesamt sechs Stunden dauernden Kampagne erzählen insgesamt eine spannende Story, die in vielen Belangen jene aus Teil eins übertrifft.

Grund #2: Mehr Helden und Schurken

Nimmt man die drei bisher erschienen Filme her und zählt nach, dann kommt man nicht einmal auf etwas mehr als ein Dutzend Superhelden und Bösewichter. Das toppt Injustice 2 locker, denn hier stehen gleich fast 30 Kämpfer von Beginn an zur Auswahl. Fan-Lieblinge aus dem Filmen, wie etwa Harley Quinn oder Deadshot dürfen da genauso wenig fehlen, wie der komplette Kader der Justice League oder Vertreter des Lantern Corps. Comic-Kenner wird es außerdem  freuen, dass es ebenso eher unbekanntere Figuren wie Blue Beetle, Firestorm oder auch Dr. Fate in den Roster geschafft haben. Das bringt nicht nur enorm viel Abwechslung in den Spielverlauf, sondern auch in die Story, denn wie schon in Teil eins schlüpft man abwechselnd in die Rolle eines Helden und erlebt so die Geschichte quasi als interaktiven Film. In Situationen wo man als Team auftritt, darf man nun sogar entscheiden, mit welchen Charakter man einen Kampf bestreiten will.

Grund #3: Actionreicher und spannender

Abgesehen von der „Batman Saves Martha – WareHouse Scene“ aus Dawn of Justice blieben mir ehrlich gesagt nicht viele Action-Sequenzen aus dem DCEU im Gedächtnis. Da gab es zwar noch die eine oder andere bombastische CGI-Schlacht, aber alles irgendwie so 08/15 ohne besondere Höhepunkte. Bei Injustice 2 hat man es dagegen selbst in der Hand, so dass sogar der Kampf Harley Quinn vs Scarecrow zu einem echt spannenden und actionreichen Erlebnis werden kann. Das liegt zum einen an den sehr individuellen Techniken und Kampfkünsten des jeweiligen Charakters, andererseits auch an den bewährten Beat’em Up-Spielmechaniken. Das beginnt mit dem aus dem Vorgänger bekannten Nahkampf-Kombo-System, den zerstörbaren und mehrstufigen Arenen, bis hin zum Meter Burns. Letzteres ist eine neue Anzeige die bestimmt, wie viel Energie wir für Sonderaktionen übrig haben. Damit lassen sich Supermoves ausführen, eigene Attacken verstärken oder auch schwere gegnerische Angriffe blocken. Außerdem kann man Clashes nun gezielt auslösen und auch hier kann die Energie aus dem Meter Burns verwendet werden, um mehr Schaden zu verursachen oder sich sogar selber zu heilen. Dieses neue Element bringt eine kleine taktische Note in das ansonsten brachial actionreiche Gameplay.

Grund #4: Bessere Inszenierung

Natürlich erreicht eine CGI-Zwischensequenz nie die Qualität eines Live-Action Films, aber die Präsentation der Story gepaart mit den actionreichen Kämpfen erschaffen ein echtes Erlebnis, bei dem man oft vergisst, dass es sich bei Injustice 2 „nur“ um ein Spiel handelt. Einen großen Anteil daran hat die aufpolierte MKX-Grafikengine, bei der die Gesichtsanimationen und Mimik der einzelnen Charaktere beinahe realistisch und lebensecht wirken. Auch dass der Übergang zwischen Storymodus und den jeweiligen Kampfszenen flüssig und ohne Ladezeiten ineinander übergeht, erzeugt die Illusion eines interaktiven Films. Eine ganz eigene Note bekommt das Ganze auch dadurch, dass Entwickler NetherRealm Studios dem Spiel ihren eigenen Stempel aufdrücken. War es im Mortal Kombat stets die exzessive Gewaltdarstellung, so sind es in Injustice 2 die übertriebene und die selbst für Comic-Verhältnisse unrealistische Illustration der Helden-Fähigkeiten. Vor allem die Supermoves sind wieder eine Klasse für sich. Da schleift Flash etwa seine Gegner durch Zeit und Raum, Poison Ivy lässt ihre Kontrahenten von einer fleischfressenden Pflanze verspeisen und Aquaman holt sich ein Seeungeheuer zu Hilfe. Die wenigen Kritikpunkte: Es gibt lediglich zwölf verschiedene Schauplätze und die Animationen einiger Figuren wirkt manchmal etwas hölzern.

Der Soundtrack untermalt die Geschichte eindrucksvoll und passt sich dynamisch dem Spielgeschehen an. Wer kann sollte mit der englischen Original-Synchronisation spielen. Zwar sind die deutschen Sprecher durchwegs brauchbar, aber einen Kevin Conroy als Batman kann man nicht ersetzen. Auch die weitere Sprecher-Riege ist mit Alan Tudyk, Robert Englund ziemlich prominent besetzt. Außerdem verpasst man in der Lokalisierung den einen oder anderen Witz.

Grund #5: Nach der Story ist vor dem Spiel

Etwas unfair so einen Vergleich zu ziehen, deswegen läuft dieses Argument außer Konkurrenz, soll aber trotzdem Erwähnung finden. Während die Filme nach etwa zwei bis drei Stunden zu Ende sind und man nach dem Abspann nicht mehr als Däumchen drehen kann, da beginnt Injustice 2 erst richtig warm zu werden. Für Spieler die eine neue Herausforderung suchen, wurde das Multiversum geschaffen. Ähnlich wie bei den Living Towers aus Mortal Kombat X, warten hier täglich wechselnden Challenges auf den Spieler. Durch das Absolvieren dieser Aufgaben bekommt man so genannte Mother Boxes, die wiederum Ausrüstungsgegenstände enthalten. Die verändern nicht nur das Aussehen eines Charakters, sondern verbessern auch minimal seine Statuswerte, wie etwa Stärke oder Gesundheit. Im Spiel gegen menschliche Gegner können diese aber wieder deaktiviert werden. Wer gerne gemeinsam spielen will, der kann sich dann auch noch einer Gilde anschließen (wobei ich persönlich den Begriff „Superhelden-Team“ bevorzugt hätte). Wie lange dieser zusätzliche Content die Spieler bei der Stange halten kann, wird sich in den kommenden Monaten aber erst zeigen. Zusätzlich wurden mit Star Fire und Red Hood bereits zusätzliche neue Spielfiguren angekündigt.

FAZIT

Auch wenn der Vergleich des DCEU mit Injustice 2 nicht ganz passen mag, weil man dabei Äpfel mit Birnen vergleicht, bin ich trotzdem der Meinung, dass sich die Filmemacher bei der Spielreihe einiges abschauen könnten. Abseits davon macht das Prügeln mit Helden und Schurken einfach einen Heidenspaß, auch wenn der Wiederspielwert der Singleplayer-Kampagne eher gering ausfällt und sich erst zeigen muss, ob die Neuerungen auch die notwendige Langzeitmotivation bieten können. Beat’em Up Profis werden außerdem aufgrund der Einsteigerfreundlichkeit etwas unterfordert sein. Hier bietet die hauseigene Konkurrenz in Form von Mortal Kombat X um einiges mehr Anspruch. Wer aber mit Comics und Superhelden etwas anfangen kann, der kommt an Injustice 2 nicht vorbei – egal ob man jetzt Prügelspiele mag oder nicht.

Gesamtwertung: 8.8

Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 10 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8

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