Es riecht nach Keksen und Tannennadeln, an jeder Ecke versucht man mir Feuerwerk zu verkaufen und meine Kollegen veröffentlichen ihre Jahres-Rückblicke. Es scheint also wieder soweit zu sein, in ein paar Tagen brechen die Monate des Datum-falsch-schreibens an…also das neue Jahr. Also mache auch ich mir Gedanken über das (fast) hinter uns liegende Jahr 2018 und fasse meine Highlights hier zusammen. Und als hauseigener Film-Fuzzi, handelt mein Rückblick von meinen Erfahrungen im Kino, nicht denen an der Konsole.
Trotz der Handvoll Perlen, auf die ich weiter unten genauer eingehen möchte, muss ich 2018, als großes Ganzes gesehen, leider doch ein recht durchwachsenes Jahr bezeichnen. Sieht man von den ganz großen finanziellen Flops wie Solo: A Star Wars Story, Der Nussknacker und die vier Reiche oder Das Zeiträtsel, einmal ab und lässt alle die wirklich miserablen Machwerke a la Slender Man, Robin Hood und Death Wish außer Acht, bleibt nur eine schier unüberschaubare Masse an Durchschnitt. 80% aller von mir gesehenen Filme dieses Jahr, machen es sich zielsicher an der 3-Stern Marke bequem, oder würden das tun, im Falle derer, die es auf kein veröffentlichtes Review gebracht haben.
Manchmal Ist es ein großer Makel, der einen eigentlich guten Film in diese Gefilde drückt, wie zuletzt Mortal Engines: Krieg der Städte. Oder der umgekehrte Fall trifft zu, und eine positive Besonderheit hebt eine Gurke doch noch ins Mittelmaß. Doch die große Masse der oben erwähnten 80% ist durch und durch geschmacksneutraler Durchschnitt. Da freut man sich als jemand, der über Filme schreibt schon fast über so zynische Machwerke wie Meg, die so offensichtlich auf reine Gewinnmaximierung getrimmt sind und dabei völlig vergessen, dass sich Geld nur verdienen lässt, wenn man sein Publikum auch unterhält. Eine Lektion, die dieses Jahr übrigens auch Dwayne Johnson (nicht zum ersten Mal) mit Skyscraper hat lernen müssen.
Aber natürlich waren da auch gute und sogar hervorragende Filme zu finden, wenn man nur genau genug hingesehen hat. Denn wie so oft waren die besten Filme des Jahres (und auch viele der einfach nur guten) in keinen Kino-Charts zu finden. Im Falle des wunderbar ambitionierten Auslöschung aus dem einfachen Grund, dass er nie in heimischen Kinos gelaufen ist, sondern nur auf Netflix zu sehen ist. Filme wie Bad Times at the El Royale, Tully und Isle of Dogs gehen schlicht und ergreifend einfach am Massengeschmack vorbei, wie gut auch immer sie sein mögen. Glücklicherweise gibt es aber auch hier ein paar Ausnahmen, wie etwa das Marvel-Phänomen Black Panther oder auch das überaus erfolgreiche Biopic Bohemian Rhapsody.
Im Folgenden widme ich mich ausführlicher 3 für mich herausragenden Filmen, auch wenn die, im Gegensatz zu den Artikeln meiner Kollegen, keine persönliche Top 3 darstellen. Sie sind einfach auf ihre, jeweils ganz andere Art, sehr speziell und deshalb absolut erwähnenswert.
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Dramen, die sich schwierigen Themen annehmen gibt es Zuhauf. Welche, die besagte Themen realistisch und glaubwürdig aufarbeiten, werden schon seltener. Das ganze in eine durchaus spannende, fast schon thriller-hafte Handlung verpackt zu bekommen, wird schon zur ausgesprochenen Seltenheit. Und wenn dieses faszinierende Paket es dann auch noch schafft, mit Hilfe einer Menge schwarzem Humor, in keinem Moment zum Rührstück zu werden und einen trotz fehlendem Happy End versöhnlich zurücklässt…ja dann hat man es mit einem ganz besonderen Film zu tun.
Was Autor und Regisseur Martin McDonagh, gemeinsam mit einem grandiosen Cast hier auf die Beine gestellt hat, ist nicht umsonst mit 2 Oscars gekürt worden. Der Leidensweg einer von Trauer und Schuldgefühlen zerfressenen Mutter und der Leben, die sie auf diesem Weg mit sich reißt, lässt niemanden unberührt. Das liegt nicht, wie so oft in dem Genre, an der bittersüßen Tränendrüsen-Massage durch allzu theatralische Szenen oder Dialoge, sondern durch eine fast schon brutale, absolut nicht weichgespülte Authentizität. Man versteht die Personen auf der Leinwand, man fühlt mit ihnen. Und das obwohl fast alle von ihnen bei Gott nicht als sympathisch oder gar liebenswert zu bezeichnen sind.
Mein Review zu Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Avengers: Infinity War
Wie oben schon erwähnt, ist dies keine Best of Liste. Denn in einer solchen hat der dritte Avengers Film nicht wirklich etwas verloren, auch wenn er eindeutig zu den weit über dem Durchschnitt liegenden Kino-Erlebnissen des Jahres gehört. Was ihn in meinen Augen zu etwas absolut Besonderen macht, ist die inszenatorische, logistische und vor allem planerische Leistung, die dahintersteckt das ein Film wie dieser überhaupt das Licht der Welt erblicken kann. Ganz zu schweigen davon, dass das Ergebnis dann auch noch so gut geworden ist, wie man es sich von einem Massenpublikums-Superheldenkracher kaum zu erwarten traut.
Schon die riesige Schauspieler-Riege unter ein Dach zu bekommen, ist kein einfaches Unterfangen. Jedem der von diesen dargestellten Helden ein ausreichendes Maß an Screentime zukommen zu lassen, ohne den Film zu einer reinen Figurenschau verkommen zu lassen, dagegen ist ein Spagat, an dem schon viele bei weit kleinerem Cast versagt haben. Dass dabei aber am Ende dann eben sogar noch ein spannender und trotz Überlänge durchgehend unterhaltsamer Film dabei rauskommt, grenzt schon fast an ein Wunder. Dass man ganz nebenbei und scheinbar mühelos auch noch den bisher mit Abstand besten Antagonisten des MCU auf die Beine stellt, wirkt neben all dem schon fast unbedeutend.
Mein Review zu Avengers: Infinity War
A Beautiful Day
Viel wurde über diesen Film schon gesagt, wenn auch nicht von mir, denn zu einem richtigen Review hat es das Meisterwerk von Lynne Ramsay bei mir nicht geschafft…Schande über mein Haupt. Die an sich recht simple Story um Joe, einen kaltblütigen und zugleich hoch sensiblen und immerzu mit seinen inneren Dämonen kämpfenden Killer, der es sich zur Aufgabe macht ein junges Mädchen aus den Fängen eines Pädophilen-Ringes zu befreien, ist nur ein Aufhänger. Was Ramsey hier wirklich zeigt ist ein Blick in die zutiefst verstörende Psyche eines Mannes, der nie eine Chance hatte (und auch nie haben wird) sich auf irgendeine Weise in ein normales, gewaltfreies soziales Gefüge einzugliedern, auch wenn er sich das noch so wünscht.
Wie sie das allerdings macht, ist atemberaubend. Was als aufgrund seiner hypnotischen Bilder und des seltsam atonalen Soundtracks wie ein wilder Trip an einem vorbeischwirrt, offenbart bei genauem Hinsehen eine Tiefe, die ihresgleichen sucht. Nicht passiert ohne Grund, keine Kameraeinstellung ist Zufall und jeder Satz hat mehr als nur eine Bedeutung. Kaum ein Film der letzten Jahre hat so viel zu bieten, wenn man Augen und Ohren offen hält und gerne mit Interpretationsmöglichkeiten spielt, vor allem bei mehrmaligem Ansehen. Zudem sei noch gesagt, dass Joaquin Phoenix hier eine Jahrhundert-Leistung bringt, die mehr als nur Oscar-reif ist, auch wenn schwer zu bezweifeln bleibt, dass er auch nur nominiert wird.