Just Cause 4 im Test

Rrrrrrico Rodriguez is back! Den ehemaligen Geheimagent und die Ein-Mann-Armee in Person verschlägt es in seinem vierten Abenteuer auf die südamerikanische Insel Solís und da bekommt er es nicht nur erneut mit einem skrupellosen Despoten, sondern auch mit Tornados und anderen meteorologischen Anomalien zu tun. Und es wäre nicht Just Cause, würde unser Held dabei das Inselparadies nicht in Schutt und Asche legen.

Bereits vor dem letzten Teil kehre Rico der Agency den Rücken und ging zurück in seine Heimat Medici, welche er dann auch gleich von einem tyrannischen Diktator befreite. In Just Cause 4 wird es sogar noch eine Spur persönlicher, denn jetzt verschlägt es ihn nach Südamerika, um auf der Insel Solís die Wahrheit über den Tod seines Vaters und über seine Vergangenheit zu erfahren. Hier ist er dann auch gleich in seinem Element. Einerseits weil sein Vater ganz offensichtlich nicht an einer natürlichen Todesursache gestorben ist und Rico ihn nun natürlich rächen will, andererseits weil das Eiland vom herzlosen Geschäftsmann Oscar Espinosa unterjocht wird, was einem Helden wie Rico Rodriguez natürlich ganz und gar gegen den Strich geht. Unterstützt wird der Bösewicht durch die gefährliche Gabriela Morales, die nicht nur einer der bisher erbittertsten, fähigsten und unvorhersehbarsten Gegnerinnen, sondern auch die Anführerin der Black Hand ist, einer Gruppe von skrupellosen Söldnern. Dass dann Papa auch noch einer der Hauptverantwortlichen für das „Projekt Illapa“ war, mit dem man das Wetter beeinflussen kann, ist dabei dann nur mehr das Tüpfelchen auf dem i.

Ja, Just Cause 4 hat alle Zutaten für einen schwungvollen B-Movie Action-Kracher: einen extrem coolen Helden, schurkische Bösewichte, eine geheimnisvolle Technologie, mit der man vermutlich die Weltherrschaft an sich reißen kann, und eine malerische Kulisse. Trotzdem sollte man sich in Sachen Story und Inszenierung nicht allzu viel erwarten, denn die Geschichte bleibt weitgehend unspannend, die einzelnen Charaktere präsentieren sich als die üblichen, klassischen Stereotypen und das Geschehen reduziert sich auf explosive Dauer-Action. Also typisch Just Cause.

General Rodriguez

Auch spielerisch bleibt Teil 4 der Reihe treu, verpackt das Ganze aber in einen, zumindest oberflächlich gesehen, umfassenden Eroberungs-Feldzug. Die Insel Solís ist in mehrere Gebiete unterteilt, die jeweils von einem zentralen Hauptquartier aus kontrolliert werden. Zerstören wir dieses, kann man Truppen, in Form einer stetig wachsenden Rebellen-Armee, in dieses Areal beordern und es so einnehmen. Neue Kämpfer dürfen wir mittels der Währung „Chaos“ anheuern und die erhalten wir, indem wir eben solches verursachen. Das bedeutet etwa so viel, wie alles mögliche in die Luft zu jagen und zu zerstören. Je erfolgreicher wir dabei sind, desto mehr füllt sich unsere Chaos-Leiste und desto mehr Rebellen-Kollegen werden uns unterstützen. Was bringt uns das? Zum einen ist das Absolvieren in einer von unseren Truppen kontrollierten Mission wesentlich einfacher als im Feindesgebiet, und zum anderen kommen wir nur so in der Story voran. Andererseits können wir so auch wertvolle Hilfe anfordern, etwa Piloten die uns dann mit Nachschub an Material, Waffen und Fahrzeugen versorgen.

Wer jetzt aber denkt, oder auch hofft, dass sich Rico von einem rücksichtslosen Haudegen in einen taktischen Oberbefehlshaber verwandelt hat, der irrt: Die Eroberung der Insel bliebt sehr oberflächlich, denn einmal gewonnene Gebiete, werden vom Feind auch nicht mehr zurückerobert und im Endeffekt hat der Besitzerwechsel lediglich Einfluss auf die Reihenfolge der zu absolvierenden Missionen. Diese sind übrigens auch nicht sehr kreativ. Da müssen wir das eine Mal eine bestimmte Anzahl an Objekten zerstören, die obligatorischen Geiseln befreien, Schalter aktivieren oder auch Gebiete verteidigen, während sich ein Kollege in ein Terminal hackt. Selbst die als großartiges Feature angekündigten Tornados haben spielerisch nur sehr wenig Bedeutung, da sie lediglich an bestimmten Stellen der Insel vorkommen. Meist muss man diese dann nur verfolgen oder irgendein Objekt hineinwerfen. Hier wäre zwar sicher mehr drinnen gewesen, cool sind die verschiedenen Wetterkapriolen und ihre Auswirkungen aber trotzdem.

Rico Upgrade

Natürlich kann Rico auch in Just Cause 4 wieder auf ein reichhaltiges Arsenal an Waffen, seinen Wingsuit sowie den liebgewonnenen Greifhaken zurückgreifen. Letzterer wurde dabei sogar deutlich aufgewertet: So dient er nicht nur, wie gehabt, zur schnellen Fortbewegung oder dazu, an höher gelegene Plätze zu gelangen, während ihr überdies zwei Objekte damit verbinden und zusammenziehen könnt, durch das Absolvieren von Nebenquests dürft ihr euer Gadget nun auch noch zusätzlich aufrüsten, etwa mit Schubdüsen, die ihr dann an Gegnern und Gegenständen anbringen könnt, um sie so wegzuschleudern. Neu hinzugekommen sind auch die Ballons. Befestigt ihr genug davon an Widersachern, Fahrzeugen oder diversen Objekten, schweben diese in die Höhe. Der Clou an der Sache: Ihr könnt die einzelnen Funktionen stetig verbessern und sogar miteinander kombinieren. Dadurch entstehen solch skurrile Konstruktionen wie etwa ein mit Schubdüsen ausgerüsteter, schwebender Panzer, der eine feindliche Basis aus der Luft angreifen kann. Diverse Konfigurationen können sogar gespeichert und dann per einfachem Tastendruck ausgelöst werden. Leider sehr schade ist, dass der Greifhaken in den eigentlichen Hauptmissionen so gut wie nicht gebraucht wird. Ricos Universalwerkzeug, kombiniert mit den beeindruckenden Physikeffekten, würde nämlich genug Möglichkeiten bieten, das Missions-Design etwas aufzulockern.

Alte, fehlerhafte und dumme Technik

Obwohl die Insel Solís mit rund 1.024 km2 geringfügig kleiner ausfällt als jene des Vorgängers, bietet sie dank der vier verschiedenen Klimazonen inklusive unterschiedlicher Wettereffekte nun deutlich mehr Abwechslung. Die optische Variation bedeutet aber leider nur bedingt auch eine Verbesserung in Sachen Grafik, denn vom technischen Standpunkt aus betrachtet, gibt es dann doch einige grobe Kritikpunkte. Die Weitsicht ist zwar sehr hoch, dennoch muss man immer wieder mit aufpoppenden Objekten rechnen. Dazu kommen noch teils matschige Texturen und Kantenflimmern. Insgesamt sieht zwar alles durchwegs passabel aus, aber im Vergleich zur Konkurrenz hinkt die verwendete APEX-Engine dann doch etwas hinterher. Vor allem hatte ich immer weider den Eindruck, dass scheinbar zu wenig Zeit war, das technische Grafikgerüst für den PC zu optimieren. Auf meinem Testrechner, der die empfohlenen Systemanforderungen erfüllt, kam es vor allem bei größeren Explosionen immer wieder zu Einbrüchen in der Framerate. Wer ein flüssiges Gameplay mit stabiler Bildrate genießen will, der muss schon auf einem starken Rechner mit aktueller Grafikkarte (mindestens Geforce GTX 1070 oder gleichwertig) zocken. Ein weiterer Punkt, der diesen unfertigen Eindruck bestätigt, ist die Steuerung. Die Belegung von Maus und Tastatur ist unnötig kompliziert. Vor allem das Lenken von Fluggeräten wird damit zu einem Ding der Unmöglichkeit, wodurch ich bereits nach wenigen Minuten den Controller am Rechner angeschlossen und damit weitergespielt habe.

Anmerkung: Square Enix hat bereits auf die auch von uns aufgezeigten Probleme reagiert und mittels Patch sowohl die Tastatur-Steuerung von fliegenden Fahrzeugen als auch die Performance verbessert. Leider zu spät, die Änderungen konnten in diesem Artikel nicht mehr berücksichtigt werden.

Anders als bei der PC-Version funktioniert die Steuerung auf PlayStation 4 soweit einwandfrei. Die Ladezeiten sind angenehm flott und auch in Sachen Performance hatte ich mit keinerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein großer Minuspunkt ist allerdings auch hier die Grafik: Vor allem auf der Nicht-Pro-Konsole wirkt diese regelrecht veraltet und erinnert eher an die PS3-Ära. Kombiniert man das mit der Tatsache, dass das Spiel sehr grün/braun-lastig gehalten ist und die Gegner somit oft mit dem Hintergrund verschwimmen, stellt einen der optische Aspekt im Grunde vor mehr Herausforderungen als die eigentlichen, durchwegs recht einfach zu bestehenden, Missionen.

Kritik gibt es sowohl auf PC als auch für die Konsolen-Version für die wirklich teils hässlichen Cutscenes. Nicht nur weil diese optisch in einer sehr niedrigen Auflösung dargestellt werden, sondern auch aufgrund der jämmerlichen Inszenierung. Hier bekommt man Dialoge zum Fremdschämen zu hören, die dann nicht einmal Lippensynchron von den Protagonisten wiedergegeben werden. Rico Rodriguez wird übrigens nicht mehr von Moritz Bleibtreu synchronisiert, und wer meinen Artikel zu Just Cause 3 kennt, der weiß, dass ich das gut finde. Trotzdem meine Empfehlung: Spielt lieber in der englischen Original-Fassung, die ist um eine Spur besser als die deutsche Vertonung.

Und weil ich so schön beim Kritisieren bin: Die KI ist teilweise so schwach, dass sie den Namen „Intelligenz“ nicht verdient. Das beginnt bei Gegnern, die gar nicht oder nur unzureichend auf meine Angriffe reagieren bis hin zu kompletten Aussetzern beim Lenken von Fahrzeugen. Wirklich schwierig wird Just Cause dadurch eigentlich nie, selbst wenn man ganzen Gegnerhorden gegenübersteht. Das liegt aber sicher auch zum Teil daran, dass Rico ein zäher Hund ist, viel einstecken kann und seine Lebensenergie rasch regeneriert. Ich muss zugeben, dass ich mich durch eine falsch platzierte Detonation öfters in die Luft gejagt habe, als ich durch Feindbeschuss gestorben bin.

FAZIT Sabine (PS4)

Ganz allgemein punktet Just Cause 4 für mich in Sachen Grundkonzept auch diesmal wieder: Reichlich, und vor allem auch so einige neue, Möglichkeiten, Dinge kreativ zu zerstören, machen Laune und auch die Missionen präsentieren sich, nach den etwas eintönigen Anfängen, als abwechslungsreich und spaßig, wenngleich auch nicht sehr fordernd. Leider wird das pyrophile Gameplay durch eine nicht allzu mitreißende Story sowie die oben genannten Grafikprobleme ein wenig getrübt. Wer sich von diesen Dingen nicht abschrecken lässt und sich in erster Linie darauf freut, möglichst viel möglichst einfallsreich in die Luft zu jagen, der bekommt aber auch mit dem vierten Teil der Just Cause-Reihe zumindest solide Unterhaltung geboten.

FAZIT Tom (PC)

Als bekennender Just Cause-Fan bin ich vom vierten Teil ehrlich gesagt enttäuscht. Das hat gleich mehrere Gründe. Zunächst ist die technische Umsetzung nur mittelprächtig gelungen, denn abgesehen von der teils sehr durchwachsenen Optik, sind es die schwache KI sowie die fehlende Hardware-Optimierung und die absolut misslungene Maus/Tastatur-Steuerung, die mich als PC-Spieler verärgern. Die für die Reihe typischen Story-Schwächen kann ich hingegen durchaus verschmerzen, das weitgehend uninspirierte Missions-Design werte ich dafür wieder als großes Minus, denn da wäre definitiv mehr drinnen gewesen. Alles sehr schade, denn in seiner Kern-Disziplin kann Just Cause 4 voll punkten. Dank der neuen Features war das mutwillige und sinnlose Zerstören von allem und jedem noch nie so unterhaltsam wie in Just Cause 4, aber längerfristig konnten mich die bildschirmfüllenden Explosionen und actionreichen Ballerorgien leider nicht fesseln. Trotz aller Kritik, welche sicher auch den hohen Erwartungen geschuldet ist, werde ich definitiv öfters nach Solís zurückkehren. Nicht weil ich das Ende von Ricos Abenteuer sehen will, sondern um mit seinem Enterhaken und der tollen Physik-Engine zu experimentieren, denn das macht wirklich extrem viel Spaß!

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Was ist Just Cause 4? Das vierte Abenteuer des Rabauken Rico Rodriguez.
Plattformen: PC, PS4, Xbox One
Getestet:  auf PC Intel Core i7-8750H, 6x 2.20GHz , 16 GB RAM, GeForce GTX 1070 & Playstation 4
Entwickler / Publisher: Avalanche Studios / Square Enix
Release: 04. Dezember 2018
LinkOffizielle Webseite

Gesamtwertung: 7.2

Einzelwertungen: Grafik: 6 | Sound: 8 | Handling: 6 | Spieldesign: 8 | Motivation: 8

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