Ich lehne mich vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass sich die meisten Spieler von Kingdom Hearts HD 1.5 & 2.5 Remix einer von zwei Gruppen zuordnen lassen: Die Einen sind alt genug und haben die Titel schon zum Erscheinen gespielt (das ursprüngliche Kingdom Hearts hat immerhin schon 15 Jahre auf dem Buckel). Entsprechend werden sie damals und heute vergleichen und hoffen vielleicht auch ein Stückchen ihrer damaligen Spielfreude und/oder „Unschuld“ wiederzufinden. Die Anderen haben die Titel altersbedingt damals noch nicht gespielt und setzen sich vielleicht auch jetzt nur mit dem Remaster vom Remaster auseinander, weil sie sich auf das bald erscheinende Kingdom Hearts III vorbereiten wollen.
Und dann gibt es noch mich: Alt genug, dass das Release von Kingdom Hearts und seiner Nachfolger & Ableger in meine aktive Zeit fällt und die im Regal stehenden Boxen und Schachteln Erstpressungen sind. Aber – und dafür werden mich viele Fans zumindest virtuell steinigen – ich hab die Titel trotzdem nie wirklich gespielt. Richtig gelesen, hier schreibt jemand, der sich Teil 1 & 2 für PlayStation 2, die jeweiligen HD-Remakes für PlayStation 3 und sogar die offiziellen Lösungsbücher geholt hat, aber keinen einzigen der Titel länger, geschweige denn zu Ende, gespielt hat. Ein sehr spezieller Blickwinkel also, der manchmal aber vielleicht nicht so schlecht ist.
Besser spät als nie
Falls es tatsächlich einen Leser geben sollte, der wirklich gar nichts über die Reihe weiß, hier in aller Kürze die Prämisse: Kingdom Hearts ist ein gigantischer Mashup der bekanntesten Disney- und Square Enix-Figuren & Marken. Diese normalerweise voneinander getrennten „Königreiche“ sehen sich nämlich von einem gemeinsamen Feind bedroht. Die sogenannten Herzlosen verschlingen die namensgebenden Herzen dieser Welten und zerstören sie dadurch. Nur wer rechtzeitig in eine andere Welt flüchten konnte überlebt, doch der Vormarsch der Herzlosen scheint unaufhaltsam. Für den Quereinsteiger (wie auch ich es war) ist es wohl auch wichtig, zu erfahren, was Kingdom Hearts HD 1.5 & 2.5 Remix eigentlich genau bietet. Wie der Name schon verrät, fasst es das 2013 erschienene Kingdom Hearts HD 1.5 ReMIX sowie das ein Jahr später veröffentlichte Kingdom Hearts HD 2.5 ReMIX zusammen, die ihrerseits überarbeitete Sammlungen von jeweils drei Kingdom Hearts-Titeln waren. Technisch wurde noch einmal etwas nachgebessert, alle Titel laufen mit 60 Frames pro Sekunde und laden deutlich schneller als früher. Dadurch haben Quereinsteiger die Gelegenheit die ersten sechs Haupt- und Spin-off-Titel der Reihe nachzuholen:
Kingdom Hearts Final Mix ist ein kompletter HD-Remaster des ersten Teils für die PlayStation 2. Modelle, Texturen und Hintergründe wurden komplett überarbeitet und Kampfsystem und Steuerung etwas umstrukturiert, um einsteigerfreundlicher zu werden.
Kingdom Hearts Re:Chain of Memories erschien ursprünglich als Kingdom Hearts: Chain of Memories für den Game Boy Advance, wurde allerdings später für die PlayStation 2 grundlegend überarbeitet und neu aufgelegt. Neben dem Rollenspielanteil wurde bei dem zwischen Teil 1 und Teil 2 angesiedelten Zwischenstück auf ein sammelkartenbasiertes Kampfsystem gesetzt.
Kingdom Hearts 358/2 Days wurde 2009 für den Nintendo DS entwickelt, allerdings nie auf ein anderes System portiert. Entsprechend wird der Titel als fast drei Stunden umfassende Sammlung von hochauflösenden Zwischensequenzen präsentiert. Zeitlich überlappt der Titel stark mit Chain of Memories, geht aber noch darüber hinaus.
Kingdom Hearts II Final Mix ist der HD Remaster des zweiten Hauptteils und unterscheidet sich wie schon der Remaster von Teil 1 hauptsächlich grafisch vom Original. Es wurde aber auch an einzelnen Stellen (Gameplay)technisch nachgebessert und einige zusätzlich Inhalte ergänzt.
Das für Sonys PlayStation Portable entwickelte Kingdom Hearts Birth by Sleep findet man als Kingdom Hearts Birth by Sleep Final Mix in portierter Form in der Sammlung. Neben entsprechend technischer Anpassungen – vor allem im Bereich der Grafik und (Kamera)steuerung – wurde auch der Soundtrack überarbeitet. Kleinere inhaltliche Änderungen sorgen außerdem dafür, dass weniger Inkonsistenzen im Hinblick auf die anderen Titel auftreten.
Kingdom Hearts Re:coded ist schlussendlich wieder ein Cutscene-Zusammenschnitt des gleichnamigen Nintendo DS Titels, der seinerseits ein Remake des Handyspiels Kingdom Hearts coded ist. Da es inhaltlich kürzer ausfällt, als die anderen Titel, wurden zusätzlich zu den Zwischensequenzen auch Kämpfe und Szenen aus den Spielwelten eingeschnitten und erzählerisch untermalt.
Zeit & Komplexität über-, Spiel unterschätzt
Mickey Maus, Donald Duck, Peter Pan plus Final Fantasy & Co. – das mag anfangs seltsam anmuten, aber es funktioniert. Das Interesse war da, aber irgendwie nie die Zeit und/oder Motivation. Darum hatte ich mir auch fest vorgenommen, dass ich den Remaster zum Quadrat nur dann in mein Regal stellen darf, wenn ich ihn dieses Mal auch wirklich, wirklich spielen werde. Die Gelegenheit den Titel zu testen, war da eine ausgezeichnete Motivation und endlich kann ich auch mitreden, wenn in meinem Bekanntenkreis über Kingdom Hearts diskutiert wird. Im Rückblick habe ich den Titeln auch immer ein wenig unrecht getan. Anfängliche Zweifel ob Disney und japanisches Rollenspiel zusammenpassen, waren nicht von Dauer, aber andere japanische Rollenspiele hatten bei mir Vorurteile hinterlassen. Unter anderem, dass man erst nach 30 Stunden Spielzeit so langsam in die Geschichte eintaucht und über die Komplexität mancher Magie-Systeme Diplomarbeiten verfasst werden könnten. Auf Kingdom Hearts trifft beides zum Glück nicht zu. In den erwähnten 30 Stunden kann man selbst die Hauptteile leicht durchspielen und auch das Kampf- und Magiesystem ist sehr geradlinig und einsteigerfreundlich. In jeder Beziehung also ein „RPG light“ und wer eine große Auswahl an Waffen, magischen Sprüchen oder Ausrüstungsgegenständen erwartet, wird vielleicht etwas enttäuscht werden. Gerade für Spieler mit wenig Zeit kann diese Kompaktheit aber auch sehr ansprechend sein und es wird auch mehr als genug Abwechslung geboten.
FAZIT
Man sagt ja gerne besser spät als nie, aber gerade bei Videospielen kann dies auch nach hinten losgehen. Nicht jedes Genre, jeder Grafikstil usw. altert gleich gut und ist man gewisse Features erst einmal gewohnt, kann ein Rückschritt in die Vergangenheit ein schwerer, oder sogar unmöglicher sein. Die Kingdom Hearts-Reihe ist zum Glück relativ gut gealtert und die Remaster Version gelungen. Es wurde aufpoliert wo nötig, ohne den grundlegenden Stil zu (zer)stören. Insgesamt daher ein (fast) perfektes Bundle für Kingdom Hearts-Fans und jene, die es noch werden möchten.
Gesamtwertung: 8.4
Einzelwertungen: Grafik: 8 | Sound: 8 | Handling: 8 | Spieldesign: 10 | Motivation: 8